Wofür braucht man Meldekanäle – wir haben für Sie die Übersicht behalten!

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veröffentlicht am 30. März 2023

 

Der Gesetzgeber fordert von Unternehmen jeder Rechtsform, also auch von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, verstärkt die Einrichtung von internen oder externen Meldestellen im Rahmen ihres Compliance-Systems, bei denen Beschwerden eingereicht werden können. Damit Sie für Ihr Unternehmen den Überblick behalten, haben wir Ihnen die wichtigsten Meldekanäle und ihre Funktionen zusammengefasst.


Meldekanäle sind bedeutender Bestandteil wirksamer Compliance-Strukturen in Unternehmen. Nur durch entsprechende Meldestellen kann gewährleistet werden, dass Beschäftigte, aber auch Externe auf Missstände und Gefahren in Unternehmen hinweisen können und diese Hinweise gewissenhaft bearbeitet werden. Unternehmen haben sicherzustellen, dass sie wirksame Meldekanäle einrichten oder externe Kanäle nutzen, die den gesetzlichen Anforderungen genügen. Nur so können Abmahnungen oder sogar empfindliche Bußgelder vermieden werden. Die Verpflichtung betrifft auch Unternehmen des öffentlichen Sektors, wie Krankenhäuser, Forschungseinrichtungen und Universitäten. Dabei kann es sinnvoll sein, die verschiedenen Meldekanäle miteinander zu verbinden und so eine möglichst wirtschaftliche und kostengünstige Lösung zu finden oder bereits bestehende Kanäle auszubauen.


Wir stellen Ihnen die wichtigsten Meldekanäle vor:

Im Arbeitsrecht sieht § 13 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) ein Beschwerderecht für Beschäftigte vor, das ermöglichen soll, dass Benachteiligungen durch den Arbeitgeber, den Vorgesetzen, andere Beschäftigte oder Dritte angezeigt werden. Es umfasst die Benachrichtigungsmöglichkeit über rassistische Benachteiligungen sowie Diskriminierungen wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. Die Beschwerdestelle kann dabei delegiert werden - der Arbeitgeber muss aber die Möglichkeit haben, selbst abschließend über den Sachverhalt zu entscheiden. Kumulativ neben dieser Möglichkeit besteht nach §§ 84, 85 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) die Option, Benachteiligungen durch den Arbeitgeber oder durch andere Arbeitnehmer im Betrieb anzuzeigen. Daneben soll § 17 Abs. 2 des Gesetzes über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (ArbSchG) die Sicherheit und den Gesundheitsschutz im Betrieb sicherstellen, wobei der Beschäftigte sich an die zuständige Behörde wenden kann, sofern der Arbeitgeber einer Beschwerde nicht abhilft. Daneben sieht § 178 Abs. 1 Nr. 3 des Neunten Sozialgesetzbuches (SGB IX) vor, dass Anregungen und Beschwerden von schwerbehinderten Menschen von einer Schwerbehindertenvertretung entgegengenommen werden, sofern die Schwelle von schwerbehinderten Menschen, die im Betrieb beschäftigt sind, nach § 177 SGB IX überschritten wird. Die Vertretung erfolgt durch die Wahl einer Vertrauensperson und wenigstens eines stellvertretenen Mitglieds.

 

Eine weitere Verpflichtung ist seit dem 1.1.2023 in Kraft: Unternehmen mit über 3.000 Mitarbeitenden haben die Pflicht, ein Beschwerdeverfahren für Sorgfaltspflichtverletzungen in der Lieferkette oder im eigenen Geschäftsbetrieb zu implementieren, § 8 des Gesetzes über die unternehmerische Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten (LkSG). Dies betrifft auch juristische Personen des öffentlichen Rechts, sofern sie unternehmerisch am Markt tätig sind. Ab dem 1.1.2024 trifft diese Pflicht auch Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitenden.


Eine weitere Verpflichtung zur Einrichtung einer Meldestelle ist in absehbarer Zeit zu erwarten: Durch die Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates, besser bekannt als Whistleblower-Richtlinie, wurden die Mitgliedstaaten verpflichtet, einen besseren Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, ins nationale Recht umzusetzen. Danach sollen Unternehmen angewiesen werden, Meldekanäle einzurichten, um hinweisgebende Personen zu schützen, Art. 8 Whistleblower-Richtline. Die deutsche Umsetzung in das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) war zwar im Februar 2023 mangels Zustimmung des Bundesrates zunächst gescheitert. Dennoch ist damit zu rechnen, dass Unternehmen ab 50 Beschäftigten in naher Zukunft eine Hinweisgeber-Meldestelle einrichten müssen. Der Bundestag hat am 15.3.2023 in einer Pressemitteilung (hib 192/2023) mitgeteilt, dass das Vorhaben in zwei Gesetzesentwürfe aufgespaltet wurde, von denen nach Auffassung der Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und FDP nur einer im Bundesrat zustimmungspflichtig ist. Der jetzt neu eingebrachte Entwurf eines Hinweisgeberschutzgesetzes ist weitgehend identisch mit dem vom Bundestag verabschiedeten Gesetzentwurf. Allerdings nimmt es ausdrücklich Beamte der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie Richterinnen und Richter im Landesdienst aus seinem Anwendungsbereich aus. Dadurch ist nach Einschätzung der einbringenden Fraktionen keine Zustimmung des Bundesrates mehr erforderlich. In einem zweiten Gesetzentwurf „zur Ergänzung der Regelungen zum Hinweisgeberschutz” wird diese Einschränkung wieder aufgehoben. Die aktuellen Gesetzesentwürfe sollen am 27.03.2023 im Rechtsausschuss des Bundestages und am 30.03.2023 in 2. und 3. Lesung im Bundestag behandelt werden.


Zur Meldung von Verstößen im Bereich der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung verpflichtet § 53 Geldwäschegesetz (GwG) Aufsichtsbehörden zur Errichtung eines Systems zur Annahme von Hinweisen.


Whistleblowing-Strukturen als zentrale Compliance-Maßnahme rücken also immer mehr in den Vordergrund für Unternehmen jeder Rechtsform. Dies liegt nicht zuletzt an den Anforderungen, die der Gesetzgeber stellt und auch in Zukunft stellen wird. Betroffene Unternehmen sollten überlegen, ob sie bereits bestehende Meldekanäle auch für neu hinzukommende Anforderungen nutzen und ggfs. ausbauen können oder wie sie sich hinsichtlich der Implementierung neuer Kanäle weiterentwickeln können. Zur Entlastung des eigenen Geschäftsbetriebs können auch externe Beschwerdekanäle genutzt werden. Dabei kann das Beschwerdeverfahren zum Lieferkettengesetz problemlos mit dem (künftigen) Hinweisgeberschutz verbunden werden. Auch die Meldestellen aus AGG und BetrVG können mit anderen Stellen verknüpft werden, wenn die Ansprechpartner in der Lage sind, auch diese Beschwerden zu bearbeiten. Nur für Meldekanäle, die besondere Anforderungen an die Ansprechpersonen stellen, wie die Schwerbehindertenvertretung, muss ein eigenes System genutzt werden. In jedem Fall sollen die Gesetzesänderungen und Rechtsprechungen im Blick behalten werden, um die Meldekanäle aktuell zu halten und ggfs. zu aktualisieren.

 
Sie möchten wissen, welche Meldekanäle Sie einrichten oder ausbauen müssen? Nehmen Sie Kontakt zu uns auf, wir beraten Sie gerne!

 

 

 

 


 

Quellen:

1 Whistleblowing / 1 Rechtliche Grundlagen | Haufe Personal Office Platin | Personal | Haufe
2 Hinweisgeberschutzgesetz - Umsetzung der EU-Whistleblower-RL | Compliance | Haufe

3 Deutscher Bundestag - Neuer Anlauf zum Schutz von Whistleblowern

 

Autorinnen

​Carina Richters
Co-Autorin: Pauline Rauch

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