Early Tax Birds 17/2024: Aktuelle Gesetzgebungsverfahren und eine Überraschung in eigener Sache

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​Ausgabe 17/2024 (16. – 22. September 2024)
​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 23. September 2024 | Lesedauer ca. 6 Minuten

​Liebe Leserinnen und Leser,​

Steuern und Humor – passt das zusammen? Auf den ersten Blick vielleicht nicht, aber die Steuerwelt bietet durchaus amüsante Anekdoten. Wussten Sie zum Beispiel, dass ein Mann in Großbritannien einmal versuchte, sein Rennpferd als „Unterhaltungsgerät“ abzusetzen? Oder dass in Deutschland ein findiger Bürger seinen Chihuahua als „Wachschutz“ in der Steuererklärung angeben wollte? So charmant der Gedanke auch war, das Finanzamt zeigte sich unbeeindruckt – und der kleine Wachhund blieb steuerlich außen vor.

Und apropos (Steuer)Tricks: Einige von Ihnen fragten uns zuletzt, wer eigentlich hinter unseren Editorials steckt. Es wurde doch tatsächlich vermutet, dass ChatGPT seine Finger im Spiel habe. Doch das ist nicht der Fall – bis jetzt. Dieses Mal aber haben wir uns entschieden, die Neugier zu stillen und ChatGPT die Feder schwingen zu lassen. Ob besser oder schlechter, bleibt Ihnen überlassen. Eines ist jedoch sicher: Auch Steuern haben ihre lustigen Seiten – und manchmal hat selbst unser Editorial eine Überraschung parat!​

Im Übrigen gilt wie immer - und das ganz ohne ChatGPT: Wenn Ihnen unser Newsletter gefällt, abonnieren Sie ihn und em​pfehlen​​ Sie ihn weiter. Wenn er Ihnen nicht gefällt, sagen Sie es besser nur uns. Wir freuen uns über jede Kritik, Anregung und natürlich auch über Lob an earlytaxbirds@roedl.com.

Beste Grüße

Philip Nürnberg und das Redaktionsteam​​

  
 
Aktu​elle Gesetzgebung​​
  

Empfehlungen der AUsschüsse des Bundesrats zu steuerlichen Gesetzgebungsverfahren

Wie bereits berichtet, wird sich der Bundesrat am 27. September 2024 mit den Gesetzesentwürfen zum Jahressteuergesetz 2024 und Steuerfortentwicklungsgesetz befassen. Hierzu haben die Ausschüsse des Bundesrats mit Datum vom 17. September 2024 nunmehr umfangreiche Empfehlungen vorgelegt. ​Die Ausschussempfehlungen zum Jahressteuergesetz 2024 können Sie direkt hier abrufen​. Zu den Empfehlungen zum Steuerfortentwicklungsgesetz gelangen Sie hier. Eine ausführliche Analyse der Empfehlungen werden wir Ihnen vorstellen, sobald absehbar ist, welche der geplanten Änderungen tatsächlich Teil der gesetzgeberischen Erwägungen werden. Zwei wichtige (geplante) Aussagen des Bundesrats sollen jedoch bereits herausgestellt werden:

  • Der Bundesrat wird sich auch diesmal - nach einem bereits gescheiterten Anlauf der Bundesregierung zum Wachstumschancengesetz - explizit gegen die Einführung einer Anzeigepflicht für nationale Steuergestaltungen aussprechen und diese ablehnen. 
  • Aufgrund der Änderung durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) waren die Begünstigungen des §§ 5 und 6 GrEStG gefährdet. Der Gesetzgeber hat dieses Risiko zwar durch § 24 GrEStG behoben, jedoch nur befristet für drei Jahre bis zum 31. Dezember 2026. Der Bundesrat wird sich nun dafür aussprechen, diese Befristung abzuschaffen und den Fortbestand des §§ 5 und 6 GrEStG zu gewährleisten. 

Es ist damit zu rechnen, dass der Bundesrat die vorgeschlagenen Empfehlungen seiner Ausschüsse zumindest weitgehend an den Bundestag für das weitere Gesetzgebungsverfahren weiterreichen wird. Wir halten Sie über die aktuellen Entwicklungen auf dem Laufenden!

Verkürzung der steuerlichen Aufbewahrungsfristen - Experten schlagen Alarm

​Mit dem Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Entlastung der Bürgerinnnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie (Viertes Bürokratieentlastungsgesetz), das kommende Woche vom Bundestag beschlossen werden soll, sieht der Gesetzgeber u.a. eine Anpassung der Aufbewahrungsfristen vor. Danach sollen künftig die Aufbewahrungspflichten von steuerlich relevanten Unterlagen von zehn auf acht Jahre verkürzt werden. Experten wie die Geschäftsführerin der „Bürgerbewegung Finanzwende e.V.“, Anne Brorhilker, die sich als Ermittlerin in Cum-Ex-Fragestellungen einen Namen machte, sehen damit die Ermittlungsbehörden deutlich in ihren Möglichkeiten eingeschränkt. Den Tagesmedien ist zu entnehmen, dass es deshalb nun auch Uneinigkeit in der Regierung gibt. Ob der Gesetzesentwurf wie geplant verabschiedet wird, ist daher derzeit offen. 


Antrag CDU/CSU-Fraktion zur steuerlichen stärkung der familie

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat einen Antrag​ zur steuerlichen Stärkung der Familie eingebracht. Danach vorgesehen sind steuerliche Entlastungen, sofern Dienstleistungen im familiären Bereich wahrgenommen werden sowie Anpassungen des Abzugsbetrags für Kinderbetreuungskosten. Auch soll das steuerliche Existenzminimum durch Anpassungen des Kinderfreibetrags und des Kindergelds erhöht werden. Der Finanzausschuss wird zu dem Antrag diese Woche eine Anhörung ​durchführen. Ob und welche Forderungen in den laufenden Gesetzgebungsverfahren berücksichtigt werden, bleibt abzuwarten. ​



Neues aus der Finanzverwaltung 

  
Richtsatzsammlung für das Kalenderjahr 2023

Das BMF hat mit Schreiben vom 17. September 2024​ bekanntgegeben, dass die Richtsatzsammlung für das Kalenderjahr 2023 veröffentlicht wurde. Die Richtsatzsammlung 2023​ enthält die Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben für 2023 sowie 2024.​


Neuigkeiten von der EU, der OECD und der UNO

  
Zeichnungszeremonie der oecd für sttr im rahmen von pillar 2

Im September 2023 wurden die Verhandlungen über das Multilaterale Übereinkommen zur Erleichterung der Umsetzung der Steuervorschriften der sog. zweiten Säule (Multilateral Convention to Facilitate the Implementation of the Pillar Two Subject to Tax Rule: „STTR Multilateral Instrument“ oder „STTR MLI“) im Rahmen des OECD/G20 Inclusive Framework on BEPS abgeschlossen. Am 19. September 2024 fand nunmehr bei der OECD in Paris die Zeichnungszeremonie zu dem Abkommen statt, an dem allerdings nur neun Staaten teilgenommen haben, nämlich Barbados, Belize, Benin, Kap Verde, Kongo, Indonesien, Rumänien, San Marino und die Türkei. Die folgenden Staaten haben gleichzeitig ihr Interesse zur Unterzeichnung des Abkommens erklärt: Belgien, Bulgarien, Costa Rica, Mongolei, Portugal, Senegal, Seychellen, Thailand, Ukraine und Usbekistan. Über die weitere Entwicklung und die praktische Relevanz des Abkommens werden wir Sie auf dem Laufenden halten.​
Die Pressemitteilung der OECD finden Sie hier.
  
    
​​Aktuelle Rechtsprechung​​​

  
Keine rückwirkende Rechnungskorrektur bei fehlendem Hinweis auf innnergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft​

Unser Urteil der Woche befasst sich diesmal mit der Entsc​heidung des BFH vom 17. Juli 2024, XI R 35/22 (XI R 14/20)Streitig war im Urteilsfall, ob fehlerhaft behandelte innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte (i.g. Dreiecksgeschäfte) mit Rückwirkung umsatzsteuerrechtlich korrigiert werden können. Der Kläger betrieb einen Großhandel mit Maschinen, welche vom Hersteller aus einem anderen Mitgliedstaat direkt an die Kunden in verschiedenen Mitgliedstaaten geliefert wurden. Die Versendung erfolgte entweder durch den Kläger oder den Hersteller, jeweils unter Verwendung der USt-IdNr. ihres Ansässigkeitsstaates. Die Endkunden verwendeten ebenfalls die USt-IdNr. ihres Ansässigkeitsstaates. Für die Lieferungen aus anderen Mitgliedstaaten nach Polen erklärte der Kläger in seinen deutschen Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre umsatzsteuerpflichtige innergemeinschaftliche Erwerbe (i.g. Erwerbe) im Inland und machte zugleich den Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG geltend. Er erklärte die Weiterlieferungen als umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen (i.g. Lieferungen). Sowohl die Zusammenfassenden Meldungen (ZM) des Klägers für die Streitjahre als auch die Rechnungen an seine Kunden enthielten keine Hinweise auf ein i.g. Dreiecksgeschäft. Im Rahmen einer Betriebsprüfung nahm der Prüfer an, von der Vereinfachungsregel des § 25b UStG habe der Kläger keinen Gebrauch gemacht, denn in den Rechnungen an die letzten Abnehmer wurde nicht auf das i.g. Dreiecksgeschäft und die übergegangene Steuerschuldnerschaft hingewiesen. Der Kläger berichtigte daraufhin die Rechnungen, die ZM sowie Umsatzsteuer-Voranmeldungen. Er beantragte für die Streitjahre keinen i.g. Erwerb nach § 3d Satz 2 UStG in Deutschland anzunehmen und die Rechnungskorrekturen nachträglich als rückwirkend zum Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnungsstellung anzuerkennen. Das Finanzamt berücksichtigte in den Umsatzsteuer-Änderungsbescheide den Vorsteuerabzug aus den erklärten i.g. Erwerben nicht und minderte die erklärten steuerfreien i.g. Lieferungen um die im Inland nicht steuerbaren Umsätze. Das FG Münster gab der Klage mit Urteil vom 22. April 2020 statt. Auf die Revision des Beklagten wird das FG-Urteil nun aufgehoben und die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Sache wird an das FG zurückverwiesen. Die nachträgliche Korrektur von Rechnungen entfaltet im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 14a Abs. 7 UStG keine Rückwirkung. Das Urteil schließt an das EuGH-Urteil vom 8. Dezember 2022 an.


Der Ort der i.g. Erwerbe des Klägers liegt nach § 3d Satz 1 UStG im Bestimmungsland. Der Kläger hat aber ebenfalls einen i.g. Erwerb nach § 3d Satz 2 Halbsatz 1 UStG im Inland bewirkt, wenn dieser weder nachweislich im Bestimmungsland besteuert wurde noch als besteuert gilt. Dies gilt so lange, bis der Erwerber nachweist, dass der Erwerb im Bestimmungsland besteuert worden ist oder die Besteuerungsfiktion des § 25b Abs. 3 UStG gilt, sofern der erste Abnehmer seiner entsprechenden Erklärungspflicht nachgekommen ist. ​Eine tatsächliche Besteuerung im Bestimmungsland hat der Kläger nicht nachgewiesen und die Voraussetzungen des § 25b Abs. 3 UStG lagen in den Streitjahren nicht vor. Der Kläger hatte in seinen ursprünglichen Rechnungen an den letzten Abnehmer nicht auf das Vorliegen eines i.g. Dreiecksgeschäfts hingewiesen. 


Der EuGH hat in seiner zugrundeliegenden Entscheidungen bestimmt, dass der Enderwerber beim i.g. Dreiecksgeschäft nicht wirksam als Schuldner der Umsatzsteuer bestimmt worden ist, wenn die vom Zwischenerwerber ausgestellte Rechnung nicht die Angabe zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers enthält. Das Weglassen dieser erforderlichen Angabe auf einer Rechnung kann nicht durch eine spätere Ergänzung des Hinweises berichtigt werden. Dies gilt in allen Fällen eines i.g. Dreiecksgeschäfts und nicht nur bei einem Umsatzsteuerbetrug. Laut EuGH ist der Nachweis eine materielle Voraussetzung für die Besteuerungsfiktion. Notwendige Tatbestandsvoraussetzung ist das erstmalige Ausstellen der vorausgesetzten Rechnung, und erst mit einer entsprechenden Rechnung an den Empfänger werden die Rechtsfolgen des § 25b UStG ex nunc ausgelöst. Das nachträgliche Erfüllen im Rahmen einer Korrektur reicht nicht aus.


 Weitere veröffentlichte Entscheidungen des BFH

​Akten​zeichen​ ​​Entscheidungs-​
datum
​​Stichwort
V R 1/24
​30. August 2024
Zwingendes Dateiformat elektronischer Dokumente
​​VIII R 37/23


​17. Juli 2024
Wegfall der Antragsvoraussetzungen nach der Option zum Teileinkünfteverfahren
V B 35/23
29. August 2024
Verletzung der Sachaufklärungspflicht
VIII B 40/23
​27. August 2024
Protokollierung bei Ordnungsgeldbeschluss
VIII R 2/24
17. Juli 2024
​Teilweise inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 17. Juli 2024, VIII R 37/23 - Wegfall der Antragsvoraussetzungen nach der Option zum Teileinkünfteverfahren
XI R 34/22 (XI R 38/19)
17. Juli 2024
Teilweise inhaltsgleich mit BHF-Urteil vom 17. Juli 2024, XI R 35/22 (XI R 14/20) - Keine rückwirkende Korrektur von Rechnungen bei fehlendem Hinweis auf ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft
​XI B 59/23​
​11. April 2024
Zur Nutzungspflicht des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs (beSt)

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