Early Tax Birds 13/2024: Diskussionsentwurf eines Mindest­steuer­anpas­sungs­ge­setzes

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​Ausgabe 13/2024 (19. – 25. August 2024)
​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 26. August 2024 | Lesedauer ca. 6​ Minuten

​Liebe Leserinnen und Leser,​

hatte unser Redaktionsteam erst die Sorge, dass Gesetzgeber, Finanzverwaltung und Rechtsprechung uns in unserem ersten Sommer des Early Tax Birds im Regen stehen lassen, ​kann mittlerweile Entwarnung gegeben werden. Kurz vor Ende der parlamentarischen Sommerpause legt das BMF in der vergangenen Woche nochmal mit einigen Gesetzesentwürfen im eh schon vollen Köcher der anhängigen Gesetzgebungsverfahren nach, und auch ansonsten gab es diesen Sommer bisher mehr steuerlich zu berichten, als zu erwarten war. Ob dies so positiv ist, wie es auf den ersten Blick vielleicht klingen mag, darf jeder gerne ganz individuell entscheiden. Klar ist jedoch: vor den Unternehmen, Beratern und politischen Entscheidungsträgern liegt nach der Rückkehr aus dem Sommerurlaub 2024 jede Menge Arbeit. Wir hoffen, Sie konnten sich bereits einen ersten Überblick über Ihre wichtigsten steuerlichen To-Do's verschaffen, und wenn nicht, versuchen wir Ihnen mit unserem Newsletter zumindest eine kleine Hilfe zu leisten. Lesen Sie sich rein oder kontaktieren Sie uns direkt! ​​


Im Übrigen gilt wie immer: Wenn Ihnen unser Newsletter gefällt, abonnieren Sie ihn und em​pfehlen​​ Sie ihn weiter. Wenn er Ihnen nicht gefällt, sagen Sie es besser nur uns. Wir freuen uns über jede Kritik, Anregung und natürlich auch über Lob an earlytaxbirds@roedl.com.


Beste Grüße
Philip Nürnberg und das Redaktionsteam​​

  
 
Aktu​elle Gesetzgebung​​
  

entwurf eines Mindeststeueranpassungsgesetzes

​Das BMF hat am 20. August 2024 die Anhörung zum Diskussionsentwurf eines Mindeststeueranpassungsgesetzes​ eingeleitet. Die geplanten Anpassungen sind Folge zweier neuer Verwaltungsleitlinien des OECD/G20 Inclusive Framework on BEPS aus Dezember 2023 und Juni 2024. Deutschland hat sich verpflichtet, diese Verwaltungsleitlinien innerhalb von 24 Monaten ab Veröffentlichung umzusetzen. Der Diskussionsentwurf enthält im Wesentlichen Konkretisierungen bei der Anwendung des CbCR-Safe-Harbours, vor allem die für die Unternehmen wichtige Verwendung von sogenannten Berichtspaketen und Regelungen zur Vermeidung von Umgehungsgestaltungen beim CbCR-Safe-Harbour in diesem Zusammenhang. Weiterhin ist eine Regelung zum Aktivierungswahlrecht nach § 274 HGB im Zusammenhang mit der Mindestbesteuerung vorgesehen. Des Weiteren enthält der Diskussionsentwurf redaktionelle Anpassungen, wie z.B. Verweisfehler oder Anpassungen an den Wortlaut der EU-Richtlinie. Bis zum 6. September 2024 kann zum Entwurf ​noch Stellung unter Pillar2@bmf.bund.de genommen​ werden.​


entwurf eines zweiten Zukunftsfinanzierungsgesetzes

In der Wirtschaftspresse wurde am 21. August 2024 berichtet, dass nach dem Zukunftsfinanzierungspaket von 2023​ der Entwurf eines Zweiten Zukunftsfinanzierungsgesetzes Gegenstand der politischen Diskussion ist. Der Entwurf soll der Umsetzung der vom Bundeskabinett am 17. Juli 2024 beschlossenen Wachstumsinitiative dienen. Die Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität des Finanzstandortes Deutschland sollen dadurch gestärkt werden. Vor allem soll es verbesserte Finanzierungsoptionen für junge Unternehmen geben. Dies betrifft ebenfalls die steuerechtlichen Rahmenbedingungen, die einen wichtigen Faktor für Investitionsentscheidungen darstellen. Unter anderem soll der Entwurf höhere Steuerfreibeträge für Mitarbeiter sowie günstigere Regeln für Investoren enthalten. Sobald der Entwurfstext verfügbar ist, werden wir Sie selbstverständlich informieren. 
  

Neues aus der Finanzverwaltung 

  
Ent​wurf der Programmablaufpläne für den Lohnsteuerabzug für Dezember 2024

Am 13. August 2024​ hat das BMF den Entwurf des Bekanntmachungsschreibens zu den Programmabläufen für den Lohnsteuerabzug für Dezember 2024 und die Entwürfe der Programmablaufpläne​ veröffentlicht. Hierbei handelt es sich jedoch nur um rechtlich nicht verbindliche Entwürfe, die noch änderbar sind. Die verbindlichen Programmablaufpläne für den Lohnsteuerabzug für Dezember 2024 werden zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben. Wir halten Sie informiert!
   
    
​​Aktuelle Rechtsprechung​​​

  
Aufwärtsabfärbung bei lediglich verrechenbaren Verlusten gemäss § 15a EstG

In unserem Urteil der Woche hatte der BFH in der Rechtssache IV R 18/22 vom 11. Juli 2024 darüber entscheiden, ob § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alt. 2 EStG verfassungswidrig ist. Die Klägerin ist eine GbR, welche Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (V+V) erzielt und an einer GmbH & Co. KG (KG), die Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, beteiligt ist. Der Klägerin wurde für das Streitjahr 2017 aus der KG ein verrechenbarer Verlust nach § 15a Abs. 4 EStG zugerechnet. Das Finanzamt qualifizierte die Einkünfte aus V+V der Klägerin gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alt. 2 EStG als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Das FG Münster wies die Klage der GbR dagegen unter Verweis auf das BFH-Urteil vom 6. Juni 2019​ ab. ​


Die Revision der Klägerin gegen das FG-Urteil Münster vom 13. Mai 2022 wurde nun vom BFH als unbegründet zurückgewiesen. Die Klägerin hat im Streitjahr als Mitunternehmerin der KG gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG Einkünfte aus Gewerbebetrieb bezogen. Die Beteiligungseinkünfte führten dazu, dass die vermögensverwaltende Tätigkeit der Klägerin nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alt. 2 und Satz 2 Alt. 2 EStG in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt. Die Voraussetzungen der sog. Aufwärtsabfärbung liegen vor. Nach der BFH-Rechtsprechung führt einkommensteuerrechtlich jede Beteiligung, aus der die Gesellschaft gewerbliche Einkünfte bezieht, zu einer Umqualifizierung aller weiteren Einkünfte dieser Gesellschaft in solche aus Gewerbebetrieb. Eine (ungeschriebene) sog. Bagatellgrenze wie bei der Seitwärtsabfärbung gibt es nicht. Auch der Bezug geringfügiger Beteiligungseinkünfte führt daher zur Aufwärtsabfärbung. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alt. 2 und Satz 2 Alt. 2 EStG sind in einkommensteuerrechtlicher Hinsicht auch ohne Berücksichtigung einer Geringfügigkeitsgrenze verfassungsgemäß. Unbeachtlich ist zudem die Beteiligungshöhe. Die Aufwärtsabfärbung gilt gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 Alt. 2 EStG unabhängig davon, ob aus der Tätigkeit ein Gewinn oder Verlust erzielt wird oder, ob positive oder negative Beteiligungseinkünfte bezogen werden. Für die Abfärbewirkung wird auf einen "Bezug" von Gewinnanteilen i.S d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG abgestellt. Deshalb genügt allein das Vorliegen einer Mitunternehmerstellung nicht, um die Abfärbewirkung eintreten zu lassen. Für den "Bezug" ist kein tatsächlicher Zufluss notwendig, sondern die Gewinnzurechnung am Ende des Wirtschaftsjahres reicht aus. Verrechenbare Verluste gem. § 15a EStG sind für den Mitunternehmer zwar zunächst nicht nutzbar, dennoch wird sich nach der Feststellung die Gewinnzurechnung nicht ändern.  Ein Bezug von Beteiligungseinkünften i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG liegt daher ebenfalls vor, wenn es sich lediglich um verrechenbare Verluste nach § 15a EStG handelt.


Satz 2 Alt. 2 des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ist gem. § 52 Abs. 23 Satz 1 EStG auch für Veranlagungszeiträume vor 2019 anwendbar. Es liegt eine echte Rückwirkung vor, da die mit Wirkung zum 18. Dezember 2019 in Kraft getretene Neuregelung auch für Veranlagungszeiträume vor 2019 gilt. Das verfassungsrechtliche Verbot einer echten Rückwirkung greift vorliegend nicht, da § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 Alt. 2 EStG aus verfassungsrechtlicher Sicht gegenüber der alten Rechtslage nicht als konstitutive Änderung zu behandeln ist. Materiell-rechtlich betrachtet handelt es sich um eine deklaratorische Ergänzung des Gesetzes um die bisherige BFH-Rechtsprechung, die die Rechtslage nur klarstellt. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 Alternative 2 EStG führt nicht zu einer Änderung der Rechtslage. § 52 Abs. 23 Satz 1 EStG, der die rückwirkende Geltung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 Alt. 2 EStG anordnet, verstößt daher nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot.


Der BFH hält mit dem vorliegenden Urteil an seiner bisherigen Rechtsprechung fest und schließt sich an die Urteile vom 6. Juni 2019 und vom 5. September 2023​ an. Er stellt mit dem Urteil vom 11. Juli 2024 nur ergänzend fest, dass es für den Eintritt einer Aufwärtsabfärbung gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alt. 2 und Satz 2 Alt. 2 EStG nur auf den Bezug gewerblicher Beteiligungseinkünfte ankommt; ob ein zugewiesener Verlust der Ausgleichsbeschränkung des § 15a Abs. 1 EStG unterliegt, ist unbeachtlich.​



 Weitere veröffentlichte Entscheidungen des BFH

​Akten​zeichen​ ​​Entscheidungs-​
datum
​​Stichwort
​ I R 1/20​
​13. März 2024
Unionsrechtswidrigkeit der Besteuerung ausländsicher Fonds nach dem InvStG 2004 - Verzinsung von unter Verstoß gegen Unionsrecht nicht erstatteter Kapitalertragsteuer
 ​​II R 14/21


​10. April 2024
Aussetzungszinsen bei AdV eines Feststellungsbescheids
II R 34/21
10. April 2024
​Grunderwerbsteuer bei Erwerb von Gesellschaftsanteilen durch einen Treuhänder
III R 7/22
​6. Mai 2024
​Nachträgliche Betriebsausgaben des Betriebsübergebersnach unentgeltlicher Betriebsübertragung
 ​IV R 15/21​
6. Juni 2024
Besteuerung nach der Tonnage - Durchführung der Bereederung im Inland
V R 30/23
20. Juni 2024
Zur Anwendung der Margenbesteuerung auf "Kaffeefahrten"
VIII R 9/23
​8. Mai 2024
Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes für die Erhebung von Zinsen bei AdV
I R 2/20

​13. März 2024
​Teilweise inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 13.03.2024 I R 1/20 - Unionsrechtswidrigkeit der Besteuerung ausländischer Fonds nach dem InvStG 2004 - Verzinsung von unter Verstoß gegen Unionsrecht nicht erstatteter Kapitalertragsteuer
​III R 18/24
​10. Juli 2024
​Abhilfebescheid während des Revisionsverfahrens
​III R 26/21

​13. Juni 2024
​Keine erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG: Verschaffung von Dienstleistungen als schädliche Nebenleistung zur Vermietung von Seniorenwohnungen 
​IV B 4/24

​7. August 2024
​Fehlende Statthaftigkeit der Beschwerde gegen die Beiordnung eines Notanwalts ablehnende Beschlüsse des BFH

VII R 2/23 (VII R 15/16)
​20. Februar 2024
​Antidumpingzoll auf die Einfuhren von Schuhen mit Oberteil aus Leder aus der Volksrebuplik China und aus der Sozialistischen Republik Vietnam.
​VIII R 3/22
22. Mai 2024​ ​Steuerbarkeit einer "Nutzungsentschädigung"


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Prof. Dr. Florian Haase, M.I.Tax

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