Unzulässige Umgehung der Vinkulierungsregelung in Familiengesellschaften

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 10. Juli 2024 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

​Personengesellschaftsanteile sind bereits kraft Gesetzes nicht frei, das heißt nur mit Zustimmung der Mitgesellschafter, übertragbar. Dennoch enthalten Personengesellschaftsverträge in der Praxis regelmäßig zusätzlich entsprechende – verschiedentlich ausgestaltete - Regelungen zur Beschränkung der Übertragbarkeit der Gesellschaftsanteile, sog. Vinkulierungsklauseln.

Mit der Frage, ob durch eine gesellschaftsvertragliche Vinkulierungsklausel, die ihrem Wortlaut nach nur unmittelbare Verfügungen über die Geschäftsanteile an einer Familien​gesellschaft erfasst, durch die Zwischenschaltung von Gesellschaften auch Verfügungen über die Gesellschaftsanteile an familienfremde Dritte untersagt sein können, hatte sich unlängst auch das OLG Hamm (8 U 177/22) zu befassen. Die Entscheidung des OLG Hamm verdeutlicht die Risiken, die mit der – oftmals bedenkenlos akzeptierten – Einführung von Stammesholdings in Familiengesellschaften verbunden sind.​


Sachverhalt


Dem Urteil des OLG Hamm lag die Fallgestaltung einer Familiengesellschaft in der Rechtsform 
der GmbH & Co. KG zugrunde, an welcher mehrere Gesellschafterstämme beteiligt waren. In der Absicht der Lösung von der Gesellschaft schloss einer der Familienstämme mit einem familienfremden Finanzinvestor einen Rahmenvertrag, welcher in einer mehrstufigen Transaktionsstruktur vorsah, dass die von dem betreffenden Familienstamm gehaltenen Beteiligungen zunächst auf Zwischengesellschaften übertragen und diese anschließend an familienfremde Dritten veräußert und übertragen werden sollten.

Dabei war die Übertragung der Anteile an die Zwischengesellschaften nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrages an sich zustimmungsfrei möglich, da diese zunächst von den Mitgliedern des betreffenden Familienstammes gehalten wurden. Jegliche Verfügungen an familienfremde Dritte hätten jedoch der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedurft. Der Gesellschaftsvertrag der Familiengesellschaft enthielt keine Regelung, nach welcher die Übertragung einer mittelbaren Beteiligung am Familienunternehmen durch Übertragung der Anteile an der Zwischengesellschaft an den familienfremden Dritten einer Zustimmung bedurfte.

Zudem sah der Gesellschaftsvertrag die Möglichkeit des Ausschlusses der Vorratsgesellschaften infolge der Anteilsübertragung vor.

Der zwischen dem Familienstamm und dem familienfremden Dritten geschlossene Rahmenvertrag sah unter anderem vor, dass die Gesellschafter bei der Ausübung ihrer Stimmrechte in den Zwischengesellschaften, an die Weisungen des familienfremden Dritten gebunden sind.

Das OLG Hamm hatte darüber zu urteilen, inwieweit bereits der Abschluss der Rahmenvereinbarung einen Verstoß gegen die gesellschaftsvertragliche Vinkulierungsklausel darstellte und eine Vinkulierungsklausel auch mittelbare Anteilsübertragungen erfassen kann. 

Entscheidung des OLG Hamm
 
Das OLG sah in seinem Urteil bereits in der nach dem Gesellschaftsvertrag zulässigen Übertragung der Anteile auf die Zwischengesellschaft einen Verstoß gegen die gesellschaftsvertragliche Vinkulierungsregelung.

Das Gericht weist zum einen darauf hin, dass die der freien Übertragbarkeit immanente Voraussetzung der Möglichkeit der Ausübung eines beherrschenden Einflusses des betreffenden Familienstammes auf die Zwischengesellschaften infolge der in der Rahmenverein​barung enthaltenen Weisungsgebundenheit des betreffenden Familienstammes bei der Ausübung seiner Stimmrechte in den Zwischengesellschaften nicht gegeben sei. 

Zum anderen stützt das Gericht sich auf die jedem Gesellschafter obliegenden Treuepflicht. Die 
als  „​​closed shop” ausgestaltete Struktur einer Familiengesellschaft konkretisiere den Inhalt der Treuepflicht und begründe damit die Pflicht der Gesellschafter Maßnahmen, welche geeignet sind, den Zweck der Vinkulierungsklausel, nämlich den Schutz der Familiengesellschaft vor beherrschendem Einfluss familienfremder Dritter, zu gefährden, zu unterlassen.

Das Gericht sieht ein praktisches Bedürfnis dafür, auch die mittelbaren Anteilübertragungen als von der Vinkulierungsregelung umfasst anzusehen. Es sei Sinn und Zweck der Vinkulierung gebiete es zu verhindern, die beabsichtigte Schutzwirkung der Vinkulierungsregelung durch die Zulassung alternativer, den zu verhindern beabsichtigenden Erfolg herbeiführender Gestaltungswege auszuhebeln. Fälle, in denen der mittelbare Gesellschafterwechsel bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu demselben Ergebnis führen wie ein unmittelbarer Gesellschafterwechsel, sollen von einer gesellschaftsvertragliche Vinkulierungsklausel auch bei fehlender expliziter Regelung erfasst sein. Die entsprechende Vinkulierungsklausel sei insofern nicht abschließend.

Nach der gebotenen weiten Auslegung der gesellschaftsvertraglichen Vinkulierungsregelung einer Familiengesellschaft könne bereits der Abschluss einer schuldrechtlichen Vereinbarung als verboten angesehen und in dem Abschluss mithin eine Verletzung von gesellschaftsvertraglichen Pflichten begründet liegen.

Fazit und Lösungsansätze

Vinkulierungsklauseln, nach welchen die Übertragung der Beteiligung an Familienunternehmen auf von den Familienmitgliedern gehaltene Holding- / Zwischengesellschaften grundsätzlich zulässig sind, beinhalten stets das Risko einer Veräußerung der Anteile an der Holding- / Zwischengesellschaft an (fremde) Dritte. Dieses Risiko sollte durch ergänzende Regelungen im Gesellschaftsvertrag abgesichert werden.

Einer gesellschaftsvertraglichen Regelung, welche in Fällen des Verstoßes gegen die Vinku-lierungsregelung die Möglichkeit des Ausschlusses der Holding- / Zwischengesellschaft begründet, kommt grundsätzlich schützende Wirkung zu. Zu beachten ist jedoch, dass die damit einhergehende Abfindungspflicht auf Seiten der ausschließenden Familiengesellschaft zu einer Liquiditätsproblematik führen kann. Zudem bietet die Regelung lösungswilligen Gesellschaftern die Möglichkeit der erzwungenen Herbeiführung des Ausscheidens.

In Betracht kommt schließlich die Implementierung einer sog. verlängerten Konzernklausel in einer zwischen den Gesellschaftern der Familiengesellschaft und den Gesellschaftern der Zwischengesellschaft zu schließenden schuldrechtlichen Vereinbarung. Einer solchen Klausel fehlt jedoch die dingliche Wirkung. Deshalb sollte dies über eine sog. change-of-control-Vereinbarung, welche die Zwischengesellschaft für den Fall, dass sich der Gesellschafterkreis der Zwischengesellschaft ändert, zur Übertragung der Beteiligung der Zwi-schengesellschaft an die Familiengesellschaft und/oder einzelne/alle Gesellschafter der Familiengesellschaft verpflichtet, abgesichert werden.

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