Neuregelungen zum Beschlussmängelrecht bei Personengesellschaften (MoPeG, §§ 110 ff. HGB)

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veröffentlicht am 7. März 2024 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

Mit Wirkung zum 1.1.2024 ist das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) in Kraft getreten. 
Ein Kernstück der Reform bildet das neu eingeführte Beschlussmängelrecht für Personenhandelsgesellschaften gemäß §§ 110 ff HGB. 
In Ermangelung eines besonderen Regelungssystems führten Beschlussmängel bisher grundsätzlich zur unterschiedslosen Nichtigkeit des Gesellschafterbeschlusses, welcher mittels allgemeiner Feststellungsklage geltend gemacht werden konnte. 
Nicht nur der Gesetzgeber bewertete dieses sog. Feststellungsmodell jedoch als nicht rechtssicher genug und wenig praktikabel. Dies insbesondere, weil es keine Befristung der Klagemöglichkeit oder keine Unterscheidung nach der Schwere des Beschlusses vorsah.


Einführung des Anfechtungsmodells ohne Übergangsregelung

Aus diesem Grund wurde mit Wirkung zum Jahresbeginn in Anlehnung an das aktienrechtliche Regelungsvorbild auch für die Personenhandelsgesellschaften das sog. Anfechtungsmodell eingeführt. Die Einführung erfolgte dabei ohne jegliche Übergangsregelung.
Bei Verstößen von Gesellschafterbeschlüssen gegen geltendes Recht oder Satzungsvorgaben ist daher ab dem 1.1.2024 von Gesetzes wegen im Ansatz zwischen lediglich anfechtbaren und von Anfang an nichtigen Beschlüssen zu differenzieren. 
Eine unmittelbare Nichtigkeit kommt laut Gesetzgeber nur in Betracht, wenn der Gesellschafterbeschluss durch seinen Inhalt Rechtsvorschriften verletzt, auf deren Einhaltung die Gesellschafter nicht verzichten können. Unter Rechtsvorschriften können hierbei sowohl Rechtsnormen als auch Regelungen des Gesellschaftsvertrages verstanden werden. 
Die Gesetzesbegründung nennt hier das Kontroll-, Informations- und Kündigungsrecht sowie das Teilnahmerecht an Gesellschafterversammlungen einschließlich des Rede- und Antrags-rechts.
Anders als im Aktienrecht hat der Gesetzgeber vorliegend jedoch auf eine genaue Aufzählung von einzelnen Nichtigkeitsgründen verzichtet. Insoweit bleibt es in Zweifelsfällen zukünftig der Rechtsprechung überlassen, zu entscheiden, welche besonders gravierenden Inhalts- oder Verfahrensverstöße diesem unabdingbaren Recht bei Personenhandelsgesellschaften zuzuordnen sind.
Abgesehen von der Nichtigkeit eines Beschlusses ist dem gesetzlichen Leitbild entsprechend allerdings von einer Regelfolge des Beschlussmangels in Form der bloßen Anfechtbarkeit auszugehen. 
Die bloße Anfechtbarkeit eines festgestellten Beschlusses entfaltet aber zunächst keine rechtliche Wirkung und der rechtswidrige Gesellschafterbeschluss ist bis zu seiner rechtkräftigen Nichtigerklärung durch das Gericht vollumfänglich wirksam. 

Geltung der gesetzlichen Regelung auch für Altverträge

Soweit der Gesellschaftsvertrag – auch ein vor dem 1.1.2024 abgeschlossener Altvertrag! – keine ausdrückliche Regelung zum Beschlussmängelregime enthält, sind daher die Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft neuerdings gezwungen, innerhalb der gesetzlichen Klagefrist von drei Monate ab Bekanntgabe des Beschlusses Anfechtungsklage gegenüber der Gesellschaft zu erheben. 
Nur für die Dauer von Vergleichsverhandlungen mit der Gesellschaft über den Gegenstand des Beschlusses oder die ihm zugrundeliegenden Umstände kann diese Frist gehemmt sein.
Nehmen daher die Gesellschafter aktuell ihr Anfechtungsrecht nicht war, erwachsen nunmehr entsprechende Beschlüsse – wie bisher lediglich bei der AG oder der GmbH – mit Ablauf der Klagefrist in Bestandskraft. Eine spätere Geltendmachung möglicher Beschlussmängel – abgesehen von einer gegebenen Nichtigkeit – scheidet insoweit aus.
Anfechtungsberechtigt ist nach § 111 HGB jeder Gesellschafter, der oder dessen Rechtsvorgänger im Zeitpunkt der Beschlussfassung der Gesellschaft angehört hat. Ausschlaggebend ist hierbei nicht die Eintragung im Handelsregister, sondern das jeweilige materielle Recht. Das klagestattgebende Urteil gilt dann nach neuer Gesetzeslage im Übrigen gegenüber allen Mitgesellschaftern, auch wenn sie nicht Partei des Rechtsstreites waren. 

Anpassung der Gesellschaftsverträge

Das in den §§ 110 ff. HGB vorgesehene Anfechtungsmodell ist zwar nicht zwingend. Den Gesellschaftern steht es insoweit frei, im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich etwas Abweichendes zu vereinbaren. In der Praxis wird es sich jedoch empfehlen, zumindest in den wesentlichen Punkten auf den gesetzlichen Neuregelungen des Beschlussmängelrechtes aufzusetzen. Ist dieses unbestreitbar mit einer Steigerung der Rechtsicherheit für die Gesellschafter in Bezug auf die Wirksamkeit und Verbindlichkeit von Gesellschafterbeschlüssen verbunden. Nichtsdestotrotz sind hierbei auch an punktuelle Änderungen oder Konkretisierungen des gesetzlichen Beschlussmängelrechts zu denken, wie etwa eine Nennung einzelner Anfechtungs- oder Nichtigkeitsgründe, entsprechender Heilungsvorschriften oder z.B. die Verkürzung der Anfechtungsfrist. Die jeweilige Gestaltung sollte hierbei von den Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls abhängig gemacht werden.

Fazit

Die gesetzlichen Regelungen zum neuen Beschlussmängelrecht für Personenhandelsgesellschaften enthalten gravierende Änderungen, die von Seiten der Gesellschafter nicht zu vernachlässigen sind. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass diese auch für Altverträge ohne Übergangsregelung gelten. Die Gesetzesänderungen durch das MoPeG sollten daher nicht nur bei der Gestaltung von neuen Gesellschaftsverträgen berücksichtigt, sondern auch bei bestehenden Altverträgen zum Anlass genommen werden, diese einer entsprechenden Revision zu unterziehen.

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