Nachhaltigkeitsregulierung im Mittelstand – Zunehmende Compliance-Anforderungen an die Lieferkette

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veröffentlicht am 16. Januar 2024 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

Sowohl auf nationaler als auch europäischer Ebene wird die Regulierung rund um die Lieferkette in jüngster Zeit zunehmend forciert. Gemeinhin zielen diese Bemühungen darauf ab, menschenrechtliche und umweltrechtliche (Mindest-)Standards innerhalb unternehmerischer Lieferketten zu gewährleisten. Dabei kann zwischen solchen Rechtsakten differenziert werden, die ganzheitliche Anforderungen an die Lieferketten eines Unternehmens stellen, und solchen Rechtsakten, die spezifische Risikolagen bestimmter Lieferketten bzw. der gegenständlichen Rohstoffe und Produkte adressieren.

Auch die den Mittelstand prägenden kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) sowie Kleinstunternehmen dürften von dieser Regulierung in Zukunft entweder unmittelbar oder zumindest mittelbar erfasst werden, soweit dies nicht bereits der Fall ist. Geschäftsleiter sind angehalten, die Einhaltung entsprechender Anforderungen im Rahmen ihrer Legalitätspflicht zu gewährleisten.

Allgemeine Lieferkettenregulierung

Bereits seit dem 1. Januar 2023 verpflichtet das LkSG Unternehmen mit mehr als 3000 inländischen Beschäftigten (seit dem 1. Januar 2024: 1000) zur Wahrnehmung bestimmter menschenrechtlicher und umweltbezogener Sorgfaltspflichten innerhalb ihrer Lieferkette. 

Im Dezember 2023 konnte zwischen Europäischem Parlament, Europäischer Kommission und dem Rat der Europäischen Union eine Einigung zur Richtlinie über Sorgfaltspflichten im Hinblick auf die Nachhaltigkeit (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD) erzielt werden, die nach Abschluss des formalen Gesetzgebungsverfahrens und ihrer Umsetzung auf nationaler Ebene aller Voraussicht nach zu einer Überarbeitung des LkSG führen wird. Die CSDDD, die ihren Ursprung, wie auch das LkSG, in den UN-Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte und den OECD-Leitprinzipien für multinationale Unternehmen hat, zielt entsprechend auf die Gewährleistung menschenrechtlicher und umweltbezogener (Mindest-)Standards innerhalb unternehmerischer Lieferketten. Wesentliche Änderungen des LkSG durch die CSDDD betreffen nach den bereits bekannten Verlautbarungen den Anwendungsbereich des Gesetzes, einzelne geschützte Rechtsbereiche und diesbezüglich wahrzunehmende Sorgfaltspflichten sowie insbesondere die Einführung einer zivilrechtlichen Haftung. Erfasst werden dann voraussichtlich bereits Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten und einem weltweiten Nettoumsatz von über 150 Mio. Euro bzw. Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten und mehr als 40 Mio. Euro Umsatz, wenn mindestens 20 Mio. Euro hiervon in bestimmten Hochrisikosektoren (z.B. Textilien, Landwirtschaft, Lebensmittel, Bodenschätze) erwirtschaftet werden.

Bereits gegenwärtig führt das LkSG dazu, dass verpflichtete Unternehmen die jeweiligen Anforderungen teilweise durch vertragliche Regelungen an ihre unmittelbaren Zulieferer weitergeben und damit KMU und Kleinstunternehmen mittelbar mit entsprechenden Sorgfaltspflichten konfrontiert werden.

Spezifische Lieferkettenregulierung

Daneben bestehen bereits einige Rechtsakte, die spezifische Risikolagen innerhalb einzelner Lieferketten adressieren, wie zum Beispiel die sog. Konfliktmineralienverordnung und die sog. europäische Holzhandelsverordnung. Letztere wird zum 30. Dezember 2024 durch die europäische Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten abgelöst. Diese soll gewährleisten, dass bestimmte Güter, die im Zusammenhang mit Entwaldung, Waldschädigung bzw. der Verletzung der Rechte indigener Völker stehen, nicht auf den europäischen Markt gelangen. Im Kern erfasst die Verordnung daher sämtliche Unternehmen, die entsprechende Güter auf dem europäischen Markt in Verkehr bringen wollen. Für KMU sowie Kleinstunternehmen sind allerdings vereinzelt Erleichterungen vorgesehen. Dies gilt insbesondere für die öffentliche Berichterstattung, zudem gilt für kleine Unternehmen und Kleinstunternehmen eine längere Umsetzungsfrist.

Ein erster Entwurf der Europäischen Kommission liegt schließlich für die Verordnung über zwangsarbeitsfreie Lieferketten vor, welche ein Verbot für das Inverkehrbringen von Produkten, die in Zwangsarbeit hergestellt wurden, in der Europäischen Union sowie deren Ausfuhr aus der Europäischen Union enthalten soll. Um etwaige Sanktionen bei Verstößen hiergegen zu vermeiden, müssen Unternehmen interne Vorkehrungen treffen, um die Lieferketten der Güter im Einzelnen nachverfolgen zu können und damit die Freiheit von Zwangsarbeit zu gewährleisten. Dies betrifft unmittelbar auch KMUs und Kleinstunternehmen, ob es hier Erleichterungen geben wird, steht derzeit nicht fest. Zu erwarten ist zumindest, dass es unterstützende Leitlinien der EU geben wird, um KMU und Kleinstunternehmen zu zur Einhaltung des Verbots zur befähigen.

Compliance im Mittelstand

Die vorstehenden Beispiele aus dem Bereich der Lieferkettenregulierung zeigen, dass die Anforderungen an die Legalitätspflicht des Geschäftsführers und Vorstands stetig zunehmen. Die damit einhergehenden Sorgfaltspflichten verlangen nach einer internen Organisationstruktur, die rechtmäßiges und zugleich effizientes Handeln gewährleistet. Entsprechende Anforderungen werden auch in der Rechtsprechung formuliert. Kern einer solchen Organisationsstruktur ist ein maßgeschneidertes Compliance-Management System, das im hier relevanten Bereich darauf abzielt, die jeweiligen Risiken zu erkennen, ggf. präventive Maßnahmen (wie z.B. Schulungen) zu ergreifen und bei etwaigen Verstößen zielgerichtete Abhilfe zu gewährleisten.

Fazit

Anhand des LkSG lässt sich bereits gegenwärtig verfolgen, dass eine Vielzahl der unmittelbar erfassten Unternehmen einen Teil ihrer Sorgfaltspflichten an ihre Zulieferer weitergeben. KMU und Kleinstunternehmen kommen daher in vielen Fällen nicht umhin, sich mit menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken in ihren eigenen Lieferketten auseinanderzusetzen. Die vorstehenden Beispiele zeigen, dass in Zukunft mit weiterer Regulatorik zu rechnen ist. Für KMU und Kleinstunternehmen ist daher eine Auseinandersetzung mit entsprechenden Sorgfaltspflichten unabdingbar. Dem damit einhergehenden Aufwand stehen auch zahlreiche Chancen gegenüber. Zum einen kann eine vorausschauende Integration entsprechender Sorgfaltspflichten in bestehende Compliance-Management-Systeme für KMU und Kleinstunternehmen ein entscheidender Wettbewerbsvorteil als Zulieferer größerer Unternehmen sein. Eine  „saubere” Lieferkette wird zudem von ESG-orientierten Finanzakteuren honoriert. Schließlich achten auch Verbraucher und Verbraucherinnen zunehmend auf Nachhaltigkeitskriterien. Nicht zuletzt haben die Folgen der Covid-19-Pandemie sowie des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine gezeigt und dazu geführt, dass der Ausgestaltung und Konsolidierung unternehmerischer Lieferketten verstärkte Aufmerksamkeit zukommt, etwa durch Rückverlagerung von Produktionsstätten.

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