Insolvenzanfechtungsrisiken bei Mezzaninen Finan­zierungsformen

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veröffentlicht am 16. November 2022 | Lesedauer ca. 5 Minuten


Mezzanine Finanzierungsformen erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit und sind in der Praxis häufig anzutreffen. Ein geschickt gestaltetes Vertragswerk ermöglicht es auch nicht nur der Gesellschaft die notwendige Liquidität zur Verfügung zu stellen, sondern auch für den Kapitalgeber einen attraktiven Mehrwert zu schaffen. Bei der Ausgestaltung darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass verhandelte Vorteile für den mezzaninen Kapitalgeber möglicherweise im Fall des Scheiterns unmittelbar verknüpft sind mit insolvenzanfechtungsrechtlichen Risiken.



Bei mezzaninen Finanzierungen handelt es sich um eine Finanzierung, die zwischen dem voll haftenden Eigenkapital und einem meist besicherten Darlehen eines oder mehrerer erstrangiger Fremdkapitalgeber steht. Mezzanine Finanzierungen sind daher i.d.R. nachrangig und unbesichert. Für mezzanine Finanzierungen gibt es keine festgelegte Struktur, vielmehr kann durch eine Vielzahl von Gestaltungsformen ein Vertragswerk erstellt werden, dass diese Finanzierung für den mezzaninen Kapitalgeber trotz der Risiken dennoch attraktiv macht. Das erfolgt entweder durch eine Vergütung des Risikos oder durch eine entsprechende weitere vertragliche Ausgestaltung. Beispielhaft sollen nachfolgend einzelne typische Varianten mezzaniner Finanzierungsformen genauer beleuchtet werden, um die daran geknüpften insolvenzanfechtungsrechtlichen Risiken aufzuzeigen. 

 

Durchsetzungssperre Rangrücktritt auch insolvenzanfechtungsrechtlich relevant

Mezzanine Finanzierungen zeichnen sich dadurch aus, dass diese gegenüber der Finanzierung eines oder mehrerer weiterer Kapitalgeber nachrangig, aber gegenüber dem Eigenkapital vorrangig sind. Die Nachrangigkeit wird dadurch erreicht, dass Vereinbarungen dahingehend getroffen werden, dass sich der mezzanine Kapitalgeber bereit erklärt gegenüber dem weiteren Fremdkapitalgeber nachrangig bedient zu werden, sodass der Rangrücktritt nur zu Gunsten bestimmter erstrangiger Darlehensgeber erklärt wird. Oft reicht aber eine solche Nachrangigkeit allein gegenüber dem weiteren Fremdkapitalgeber nicht aus, sodass ein qualifizierter Rangrücktritt gefordert wird, also ein Zurücktreten hinter die Forderungen aller anderen Gläubiger. Hintergrund ist, dass – sei es nur vorsorglich oder aus gegebenem Anlass – damit eine (potenzielle) Überschuldung vermieden werden kann, da bei einem qualifizierten Rangrücktritt der Rückzahlungsanspruch nicht als Verbindlichkeit in der Überschuldungsbilanz passiviert werden muss.
 
Bei der Vereinbarung eines solchen qualifizierten Rangrücktritts muss aber nicht nur die Durchsetzungssperre des Rangrücktritts an sich beachtet werden, sondern auch damit verbundene Insolvenzanfechtungsrisiken. Nicht selten kommt es vor, dass Unternehmen sich ihrer finanziellen Situation aufgrund fehlender oder unzureichender Finanzplanung und mangels einer Risikofrüherkennung nicht bewusst sind. Wenn der mezzanine Kapitalgeber Rückzahlungen vom Unternehmen erhält, ist das daher noch kein Grund sich sicher zu fühlen. Wenn es innerhalb der nächsten vier Jahre zu einer Insolvenzantragstellung kommt, so wird ein Insolvenzverwalter solche erfolgten Rückzahlungen genau prüfen und gegebenenfalls zurückfordern. In der Nachbetrachtung wird sich durch Planungen herausstellen, ob tatsächlich freies Vermögen vorhanden war oder ob entgegen der Durchsetzungssperre des Rangrücktritts Zahlungen erfolgten. Sodann kann der Insolvenz­verwalter zum einen Bereicherungsansprüche (die auch der Gesellschaft zustanden) geltend machen. Darüber hinaus kann eine solche Zahlung aber auch zu einer Insolvenzanfechtung führen, wodurch der Insolvenzver­walter über die Verjährungsfrist der Bereicherungsansprüche hinaus noch Ansprüche auf Rückgewähr geltend machen kann (die Verjährungsfrist der Insolvenzanfechtungsansprüche beginnt erst mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens). Der Bundesgerichtshof hat zu § 134 InsO entschieden, dass das zwischen den Parteien kraft des Rangrücktritts vereinbarte rechtsgeschäftliche Zahlungsverbot zur Rechtsgrundlosigkeit und damit Unentgeltlichkeit der Leistung führt. Sofern Rückzahlungen in einem Zeitraum von vier Jahren vor Insolvenz­antragsstellung erfolgten unterliegen diese daher möglicherweise der Schenkungsanfechtung des § 134 InsO.
 
Schließlich kommen bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen grundsätzlich noch weitere Anfechtungstatbe­stände in Betracht. In der Krise bewirkt die Leistung auf eine nachrangige Forderung eine inkongruente Deckung, sodass sowohl § 131 InsO tatbestandlich erfüllt sein kann als auch zumindest ein Indiz sowie Nachweiserleichterungen für eine Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO gegeben sein dürften.


Gesellschafternahe Ausgestaltung (weiter Begriff Gesellschafter)

Mezzanine Finanzierungen sind meist nicht nur wie zuvor erläutert nachrangig, sondern auch unbesichert. Dies vor dem Hintergrund, dass alle verfügbaren Sicherheiten bereits für den erstrangigen Fremdkapitalgeber gewährt wurden. Um die mezzanine Finanzierung dennoch für den Kapitalgeber attraktiv auszugestalten, gibt es verschiedene Gestaltungsvarianten. Das kann dadurch erfolgen, dass man dem mezzaninen Kapitalgeber Mitbestimmungs- oder Lenkungsmöglichkeiten oder umfangreiche Mitspracherechte in der Gesellschaft einräumt. Je nach Fallgestaltung darf dabei aber eine potenzielle Insolvenzanfechtungsgefahr nicht außer Betracht gelassen werden.
 
Gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines Darlehens i.S.d. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO oder für eine gleichgestellte Forderung Befriedigung gewährt hat, wenn die Handlung im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag vorgenommen wurde. Voraussetzung für eine solche Insolvenzanfechtung ist daher lediglich ein Gesellschafterdarlehen und eine Rückzahlung innerhalb von einem Jahr vor Insolvenzantragstellung.
 
Auch wenn der mezzanine Kapitalgeber keine Anteile an der insolventen Gesellschaft hält, so ist dennoch genau diese gesellschaftsrechtliche Verstrickung zu beachten, da der Begriff des Gesellschafters weit auszulegen ist.
 
Wer Gesellschafter ist, richtet sich nach gesellschaftsrechtlichen Maßstäben. Gesellschafter sind zunächst alle an der Gesellschaft unmittelbar Beteiligten Gesellschafter, aber auch mittelbare Gesellschafter wie beispielsweise ein über eine Zwischenholding beteiligter Gesellschafter, sofern – durchgerechnet – die Schwelle von 10 Prozent überschritten ist. Weiterhin reicht auch bereits eine 50 Prozent Beteiligung eines Gesellschafters der Schuldnerin an einer anderen Gesellschaft aus, damit ein verbundenes Unternehmen dem einen Gesellschafter wirtschaftlich entsprechenden Tatbestand erfüllt.
 
Weiterhin kann aber auch die oben genannte Ausgestaltung einer umfangreichen Einflussnahme in die Gesellschaft zu einer Gesellschafterstellung im insolvenzanfechtunsrechtlichen Sinne führen. Erforderlich dafür ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Beteiligung am Gewinn, die Möglichkeit der Ausübung gesellschaftergleicher Rechte auf rechtlicher Grundlage und die Teilhabe an der Geschäftsführung. Das ist anhand der Gesamtumstände des Einzelfalles zu bewerten. Nicht zwingend erforderlich ist eine gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung, sondern jede vertragliche Regelung der Einflussnahmemöglichkeit ist ausreichend, sodass bei der Ausgestaltung der Mitsprache- und Kontrollrechte des mezzaninen Kapitalgebers hier genauestens aufzupassen ist.
 
Sofern also die vertragliche Ausgestaltung der Befugnisse zur Einflussnahme dazu führen, dass bei einer Gesamtbetrachtung die Position des mezzaninen Kapitalgebers, der eines Gesellschafters vergleichbar ist, kann das nicht nur zu einer Nachrangigkeit der Darlehensrückzahlungsansprüche, sondern auch das Risiko umfangreicher insolvenzanfechtungsrechtlicher Ansprüche verwirklichen.


Einem Darlehen wirtschaftlich entsprechend (stehengelassene Gewinne)

Eine weitere typische Konstellation der mezzaninen Finanzierung ist die Vereinbarung einer Gewinnbeteiligung – sei es durch Vereinbarung eines Partiarischen Darlehens, einer atypisch stillen Gesellschaft oder sonstige vertragliche Konstellationen. Hier ist aber in Kombination mit der vorgenannten Erstreckung auf Nichtgesell­schafter auch hinsichtlich der weiten Auslegung des Darlehensbegriffs Vorsicht geboten. Umfasst werden nicht nur Darlehen im klassischen Sinne, sondern auch einem Darlehen wirtschaftlich entsprechende Forderungen. Als einem Darlehen wirtschaftlich entsprechende Forderungen i.S.d. §§ 135, 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO sind möglicherweise auch die Ausschüttung von Gewinnvorträgen und freien Rücklagen einzuordnen. Werden Gewinne nicht wie vertraglich vereinbart ausgeschüttet, sondern stehengelassen, so können diese als einem Darlehen wirtschaftlich entsprechende Forderungen eingestuft werden. Auch dies kann sowohl die Nachrangig­keit als auch eine potenzielle Insolvenzanfechtung zur Folge haben.


Anfechtung 136 InsO stiller Gesellschafter

Eine weitere typische Ausgestaltungsform der mezzaninen Finanzierung ist die Vereinbarung einer stillen Beteiligung. Im Falle des Insolvenzverfahrens ist grundsätzlich § 236 HGB anzuwenden, wonach der stille Gesellschafter wegen der Einlage, soweit sie den Betrag des auf ihn fallenden Anteils am Verlust übersteigt, seine Forderung als Insolvenzgläubiger geltend machen kann. Allerdings kann sich der mezzanine Kapitalgeber darauf nicht berufen, wenn er aufgrund der zuvor ausführlich geschilderten weiten Auslegung des insolvenzrechtlichen Gesellschafterbegriffs als nachrangiger Gläubiger einzustufen ist und damit die oben genannten Konsequenzen des Nachrangs und das Risiko der Insolvenzanfechtung drohen.
 
Selbst wenn die vorgenannten Kriterien nicht erfüllt sind ist im Rahmen einer stillen Beteiligung darauf hinzuweisen, dass gemäß § 136 InsO eine Rechtshandlung, durch die einem stillen Gesellschafter die Einlage ganz oder teilweise zurückgewährt oder sein Anteil an dem entstandenen Verlust ganz oder teilweise erlassen wird anfechtbar ist, wenn die zugrundeliegende Vereinbarung im letzten Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts oder nach diesem Antrag getroffen worden ist. Das gilt auch dann, wenn im Zusammenhang mit der Vereinbarung die stille Gesellschaft aufgelöst worden ist.


Fazit

Mezzanine Finanzierungsformen dienen nicht nur dem Finanzierungsbedarf des Unternehmens, sondern können auch für den mezzaninen Kapitalgeber bei geschickter Ausgestaltung wirtschaftlich attraktive Optionen bieten. Es darf aber nicht vergessen werden, dass aufgrund der Nachrangigkeit und der fehlenden Sicherheiten ein Risikogeschäft bleibt und jede Ausgestaltung zur Vergütung des Risikos wieder mit insolvenzanfechtungs­rechtlichen Risken verbunden ist. Das ist bei der Entscheidung über die konkrete Ausgestaltung sorgfältig abzuwägen und ist – soweit möglich – mit einzupreisen.

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Nadine Schug

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