Personal-Outsourcing-Modell in Mexiko auf dem Prüfstand: Mexikanische Regierung sagt Arbeitnehmerüberlassung den Kampf an

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veröffentlicht am 6. November 2020 | Lesedauer ca. 2 Minuten

  

Das mexikanische Ministerium für Arbeit und Soziale Vorsorge „Secretaría del Trabajo y Previsión Social (STPS)" knöpft sich verstärkt die Arbeitnehmerüberlassung vor. Geplant ist laut Arbeitsministerin Luisa Maria Alcalde Luján die vollständige Abschaffung des sogenannten „Outsourcings" in seiner aktuellen Form; hierzu sollen der die Arbeitnehmerüberlassung regulierende Artikel 15-A Bundesarbeitsgesetzes („Ley Federal de Trabajo") und flankierende Gesetze, wie das Sozialversicherungsgesetz und steuerliche Bestimmungen reformiert werden.  

  

    
  

Personal-Outsourcing hat für die mexikanische Wirtschaft eine große Bedeutung. Eine enorme Zahl mexikanischer Industrieunternehmen, gerade auch solche mit ausländischer Beteiligung, nutzen die Arbeitnehmerüberlassung intensiv, um bei der Personalplanung flexibel zu bleiben und die verfassungsrechtlich verankerte Arbeitnehmergewinnbeteiligung „Participacion de Utilidades (PTU)" zu reduzieren.

 

In der Praxis bedient man sich hierzu spezialisierter Outsourcingunternehmen, die Mitarbeiter gegen eine entsprechendes Entgelt, das i.d.R. aus dem Bruttoarbeitslohn nebst einem prozentualen Aufschlag besteht, an das produzierende Unternehmen verleihen. Der Verleiher übernimmt das Risiko als Arbeitgeber und führt die Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge ab. Flankierend werden weitere HR-Dienstleistungen angeboten. In allen größeren Industriestandorten ist rund um das Outsourcing ein regelrechter eigener Wirtschaftszweig entstanden.

 

Schon nach geltender Rechtslage ist dieses Modell fraglich, da nach Artikel 15-A LFT eine Arbeitnehmerüberlassung nur zulässig ist, wenn (unter anderem)

die mittels Arbeitnehmerüberlassung ausgeführten Arbeiten oder Dienstleistung [..] nicht

[...]

a) alle Aktivitäten umfassen, die am Arbeitsort des Arbeitgebers ausgeführt werden.

b) durch Ihren speziellen Charakter gerechtfertigt sind.

c) nicht die gleichen oder ähnliche Aufgaben umfassen, die die übrigen Arbeitnehmer, die im Dienst des Arbeitnehmers stehen, erbringen.

[...].

 

Die Aktivitäten müssen in einem Vertrag zwischen Outsourcingunternehmen und dem Auftraggeber außerdem klar schriftlich festgelegt werden. Wird diese Vorgabe nicht eingehalten, gelten die überlassenen Mitarbeiter automatisch auch als Arbeitnehmer des Auftraggebers und können arbeitsrechtliche Ansprüche gegen ihn geltend machen.

 

Ein denkbares gesetzeskonformes Beispiel im Rahmen des Art. 15-A LFT wäre nach der ursprünglich verfolgten Absicht des Gesetzgebers die Auslagerung des Reinigungs- oder Cateringsservices, des Werkschutzes oder der Buchhaltung. In der Praxis werden aber flächendeckend Industriearbeiter („blue-collars") und oftmals sämtliche weitere Arbeitnehmer im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung beschäftigt, um so kurzfristig auf Veränderungen in der Auftragslage durch Erhöhung oder Senkung des Personalstamms reagieren zu können.

 

Obwohl der Art. 15-A LFT bereits seit dem Jahr 2012 diesem Vorgehen theoretisch einen Riegel vorschiebt, wurde unter der Vorgängerregierung aus politischen Gründen, insbesondere der Förderung inländischer und ausländischer Investitionen, die entsprechende Bestimmung in der Praxis kaum angewandt. Kontrollen der Arbeitsbehörde fanden kaum oder gar nicht statt und sogar die Gerichte waren äußerst zögerlich hinsichtlich seiner Anwendung.

 

Schon bei Regierungswechsel Ende des Jahres 2018 hat der aktuelle mexikanische Präsident Andres Manuel Lopez Obrador eine Überprüfung des bisherigen Outsourcing-Modells ins Regierungsprogramm aufgenommen. Auf lokaler Ebene gehen die Landesarbeitsministerien schon in den letzten Monaten mit regional höchst unterschiedlicher Entschiedenheit gegen Outsourcingunternehmen und deren Auftraggeber vor, indem verstärkt Kontrollen durchgeführt, eine Übernahme der überlassenen Mitarbeiter in den eigenen Personalstamm angemahnt und bei Nichtbefolgung auch Geldbußen verhängt werden. Neu ist auch, dass das Finanzamt, die Sozialversicherungsträger und die Arbeitsbehörde Informationen austauschen. Da die Arbeitnehmergewinnbeteiligung Teil der Steuerklärung ist, lässt sich so leicht nachvollziehen, welche Unternehmen „auffällig" wenig PTU abführen oder im Verhältnis zum Unternehmensgewinn zu wenige sozialversicherungspflichtige Mitarbeiter beschäftigen. 

 

Tatsächlich sind Outsourcingunternehmen in der Vergangenheit wiederholt durch unseriöse Praktiken wie unzulässige Kettenbefristungsverträge, überhöhte Abrechnungen und Umsatzsteuerkarusselle aufgefallen. Sehr beliebt ist auch die Anmeldung der Arbeitnehmer zum Mindestlohn, der Rest des Lohnes wird bar oder als Sachleistungen ausgezahlt.  Die Betriebszugehörigkeit der Mitarbeiter wird durch Verschieben der Mitarbeiter zwischen separaten rechtlichen Einheiten bewusst kurz gehalten, damit sie geringere Urlaubsansprüche und im Falle einer Kündigung nur geringe Abfindungsansprüche haben.

 

Da aber durchaus auch seriös operierende Outsourcingunternehmen am Markt tätig sind und Auftraggeber ihren Personalbedarf kurzfristig – oft je nach Auftragslage – gar nicht anders decken können, werden im Falle der Umsetzung der Reform Letztere den Preis für einige schwarze Schafe zahlen müssen. Auch das in Mexiko berühmte Zwei-Gesellschaften-Modell mit der Vorhaltung einer eigenen Produktionsgesellschaft und einer eigenen Personalstellungsgesellschaft, insbesondere zur Vermeidung der Arbeiternehmerbeteiligung in der operativen Einheit, stellt eine besondere Form des Personaloutsourcings dar.

 

Die mögliche Reform des Artikel 15-A LFT zur weiteren Begrenzung des Outsourcings ist genauestens zu beobachten. Deshalb sollten jetzt bereits bestehende Personal-Outsourcingverträge und –modelle einer Prüfung zur Einhaltung des Artikel 15-A LFT unterzogen werden, da zu erwarten ist, dass sowohl interne als auch externe Personal-Outsourcingmodelle zunehmend geprüft werden.

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