Mexiko: Die Outsourcing-Reform und ihre Umsetzung in der Praxis

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veröffentlicht am 13. August 2021 | Lesedauer ca. 3 Minuten

    
Kurz vor Ablauf der Frist vom 1. August 2021 hat auch die mexikanische Regierung erkannt, dass die Unternehmen auf Grund von unklaren Regelungen und Regelungs­lücken große Schwierigkeiten haben, das Outsourcing-Verbot in der Praxis umzu­setzen. Die Umsetzungsfrist wird daher für einige Sachverhalte um einen Monat, auf den 1. September 2021, verlängert.
 

 
Das bedeutet im Einzelnen:

  • Alle Dienstleister von spezialisierten Services, d.h. von Tätigkeiten, die nicht in den Kern Gesellschaftszweck des Auftraggebers fallen, müssen gemäß Artikel 15 des Bundesarbeitsgesetzes spätestens am 1. September 2021 im speziell dafür von dem Ministerium für Arbeit und Sozialfürsorge eingerichteten Register (Registro de Prestadores de Servicios; REPSE) eingeschrieben sein;
  • Für Gesellschaften des gleichen Konzerns, die ein Insourcing-Modell führen, d. h. die Arbeitnehmer in eine eigene Personalgesellschaft ausgelagert haben, wurde die Frist für den Übergang von Arbeitnehmern auf die operative Gesellschaft bis zum 1. September 2021 verlängert und es besteht gemäß Artikel 41 des Bundes­arbeits­gesetzes keine Verpflichtung zur Übertragung des Vermögens der Personalgesellschaft auf die operative Gesellschaft mehr;
  • Gemäß den Vorschriften des Sozialversicherungsgesetzes in Angelegenheiten der Mitgliedschaft, Einordnen in Risikoklassen für Arbeitsunfälle und Inspektionen müssen Unternehmen, die ihre Arbeitgeberregistrierung bereits vor dem mexikanischen Institut für soziale Sicherheit in verschiedenen Risikoklassen beantragt haben, diese vor dem 1. September 2021 stornieren und einen Antrag auf Erteilung einer einzigen Arbeit­geberregistrierung stellen;
  • Alle in den Abschnitten I und II des Artikels 15 A des Sozialversicherungsgesetzes genannten Meldungen von natürlichen oder juristischen Personen, die spezialisierte Dienstleistungen erbringen, müssen bis zum 1. September 2021 eingereicht werden;
  • Steuerliche Vorschriften, die die Abzugsfähigkeit und die Anerkennung von Zahlungen im Zusammenhang mit Outsourcingverträgen sowohl für die Einkommensteuer (Impuestos sobre la Renta; ISR) als auch für die Umsatzsteuer (Impusto sobre el Valor Agregado; IVA) verbieten, gelten erst ab dem 1. September 2021, statt wie zuvor festgelegt zum 1. August 2021; und
  • Der Übergang der Arbeitnehmer auf die neuen Unternehmen unter Anerkennung ihrer Arbeitnehmerrechte, einschließlich ihrer Betriebszugehörigkeit, gilt noch bis zum 1. September 2021 als sog. sustitución patronal, bei welcher der neue Arbeitgeber lediglich an die Stelle des bisherigen Arbeitgebers eintritt.
      

Die Fristverlängerung ist Zweifeln geschuldet, ob manche Dienstleistungen als spezialisierte Dienstleistungen qualifiziert werden können. Hier herrscht große Rechtsunsicherheit und es fehlt an klaren Abgrenzungs­kriterien.
 
Da die Gesellschaftszwecke der Gesellschaften in der Regel sehr weit und offen formuliert sind, ist es in vielen Branchen äußerst schwierig oder teilweise nicht möglich anhand des satzungsmäßigen Gesellschaftszweckes abzugrenzen, ob es sich um spezialisierte Dienstleistungen, also um Tätigkeiten die nicht in das Kerngeschäft des Auftraggebers fallen, handelt. Es muss daher analysiert werden, ob es sich tatsächlich um Outsourcing handelt.
 
Das Bundesarbeitsgesetz definiert Outsourcing als das zur Verfügung stellen von eigenen Arbeitnehmern an Dritten zu deren Gunsten, wobei unklar ist, was der Begriff „zur Verfügung stellen“ konkret bedeutet. Nach einer Auslegung an Hand des Gesetzeszwecks werden Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt, wenn die Arbeit des ausgelagerten Personals zum direkten Vorteil des Auftraggebers erfolgt und wenn letzterer die direkte Kontrolle über diese hat.
 
Abzugrenzen ist, ob es sich um einen Dienstleistungsvertrag zivilrechtlicher Natur oder ein Arbeitsverhältnis handelt. Nach der Legaldefinition des Art. 8 des Bundesarbeitsgesetztes ist „Arbeitnehmer eine natürliche Person, die für eine andere natürliche oder juristische Person eine untergeordnete persönliche Arbeit verrichtet“.
 
Es kommt also darauf an, ob sich der Leistungserbringer im Verhältnis zum Leistungsempfänger in einem Unterordnungsverhältnis befindet (=Arbeitsverhältnis) oder sich zwei gleichwertige Vertragspartner gegen­überstehen (=Dienst- oder Werkvertrag). Zur Abgrenzung können die folgenden von den Gerichten festgelegten Indizien für das Vorliegen eines Vertrages arbeitsrechtlicher Natur herangezogen werden:

  • Der Arbeitnehmer erhält Anweisungen, wie und wann er seine Tätigkeiten ausüben soll;
  • Der Arbeitgeber stellt dem Arbeitnehmer die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Werkzeuge zur Verfügung;
  • Der Arbeitgeber stellt Ausweise aus, die den Arbeitnehmer als Teil des Unternehmens oder seines Arbeitnehmers identifizieren;
  • Es gibt eine konstante periodische wirtschaftliche Vergütung/Entschädigung, unabhängig davon, ob sie als Honorar oder als Gehalt bezeichnet wird.

 
Je mehr dieser Indizien vorliegen, desto wahrscheinlicher ist das Vorliegens eines arbeitsrechtlichen Vertrages und somit auch das Vorliegen eines mit der Registrierungspflicht verbundenen erlaubtem Outsourcing.
 
Gelangt man nach einer sorgfältigen Einzelfallprüfung zu der Einsicht, dass es sich bei den Tätigkeiten des Unternehmens um Outsourcing handelt, ist dies grundsätzlich verboten. Nur wenn es sich um spezialisierte Dienstleistungen oder um eine spezialisierte Bauleistung handelt, kann nach der verpflichtenden REPSE-Registrierung die Leistung weiter angeboten werden. Der Registrierungsprozess ist bürokratisch, sehr auf­wändig und das Unternehmen muss sämtliche sozialversicherungs- und steuerrechtliche Verpflichtungen erfüllen.
 
Ist die Registrierung einmal vollzogen, so bestehen auch laufende Verpflichtungen. Da seit der Reform Auf­trag­geber und Auftragnehmer gemeinschaftlich für die korrekte Abgabe von Lohnsteuer und Sozialver­sicherungs­beiträgen haften, muss der Erbringer der spezialisierten Dienstleistungen vor allem monatlich Dokumente zum Nachweis über die abgeführten Beiträge dem Auftraggeber vorlegen. Aufgrund der gemeinschaftlichen Haf­tung ist es daher auch von großer Bedeutung, dass Auftraggeber von spezialisierten Dienstleistungen monat­lich diese Dokumente und Information anfordern und auf ihre Richtigkeit überprüfen.
 
Nutzen Sie die Fristverlängerung bis zum 1. September 2021 und überprüfen Sie rechtzeitig, ob Ihr Unter­nehmen unter eine Registrierungspflicht fällt oder umgekehrt, ob Sie selbst spezialisierte Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Es drohen Bußgelder und strafrechtliche Sanktionen.

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