Konfliktvermeidung: Die Satzung optimal gestalten

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zuletzt aktualisiert am 19. September 2018

Wenn mehrere Personen an einer Gesellschaft beteiligt sind, dann sind spätere Konflikte zwischen den Gesellschaftern nicht ausgeschlossen. Durch eine geeignete Satzungsgestaltung können die Spielregeln zwischen den Gesellschaftern von Anfang an festgelegt und die Mittel für eine Lösung von potenziellen Konflikten vorgesehen werden.


 

Grundsätzliche Regelungsbedürftigkeit

Konflikte innerhalb einer Gesellschaft entstehen besonders häufig bei Meinungsverschiedenheiten im Falle strittiger Geschäftsführungsmaßnahmen oder Entscheidungen über die strategische Grundausrichtung des Unternehmens, bei Fragen der Finanzierung und Gewinnverwendung oder auch im Zusammenhang mit der Wettbewerbstätigkeit von Gesellschaftern. Auch spätere Veränderungen im Gesellschafterbestand (z.B. bei Aufnahme neuer Gesellschafter oder durch Zersplitterung der Beteiligungsverhältnisse anlässlich der Nachfolge im Todesfall eines Gesellschafters) können zu einer Verschiebung der Mehrheitsverhältnisse unter den Gesellschaftern führen.


Bei Gründung der Gesellschaft erscheinen solche Konflikte meist noch in weiter Ferne. Eine schnelle und einfache Gründung und eine baldige Aufnahme der Geschäftstätigkeit stehen im Vordergrund. Über künftige Konfliktfelder zu sprechen, mag sich als unbequem und hinderlich darstellen. Dennoch ist eine Kommuni­kation zwischen den Gesellschaftern über ihre Grundvorstellungen und künftigen Positionen im Unterneh­men gerade im Ausgangsstadium enorm wichtig, um für die Zukunft klare Verhältnisse zu schaffen.


Grundsätzlich ist zu empfehlen, wichtige Fragen bereits bei der Gründung offen zu kommunizieren und die gemeinsamen Spielregeln in der Satzung festzulegen. Auch bei Veränderungen im Gesellschafterbestand – durch Verkauf von Anteilen, Neuaufnahme oder Ausscheiden von Gesellschaftern – sollte geprüft werden, ob bei der neuen Gesellschafterstruktur die eigenen Interessen noch hinreichend gewahrt werden (z.B. in Hinblick auf die Stimmverhältnisse). In solchen Situationen kann eine Satzungsänderung oder -neufassung geboten sein.


In jedem Fall kommt der Mitarbeit an einer interessengerechten Satzungsgestaltung innerhalb des gesetzlichen Gestaltungsspielraumes eine besondere Bedeutung zu. Sicherlich ist der Blick in die Zukunft schwierig und es können nicht alle möglichen Konflikte vorhergesehen und geregelt werden – dennoch sollten zumindest die Problemfelder in der Satzung abgehandelt werden, die erfahrungsgemäß streitträchtig sind.

 

Gesellschafterversammlung und Beschlussfassung

Zur besseren Konfliktvermeidung sollte die Satzung generell möglichst klar und eindeutig die Spielregeln vorgeben und Ansätze für die Konfliktlösung enthalten. Bestimmte Grundsatzentscheidungen sollten von Anfang an in der Satzung niedergelegt sein. Missverständliche, zweideutige oder lückenhafte Klauseln können einen Streit forcieren und schaffen für beide Seiten Rechtsunsicherheit und Prozessrisiken. Eine wesentliche Grund­ent­scheidung bilden die Mehrheiten für verschiedene Beschlussgegenstände. Durch qualifizierte Mehrheiten oder Einstimmigkeitserfordernisse können Mitspracherechte zum Schutz von Minderheiten abgesichert werden. Gesellschafter, die nicht selbst die Geschäftsführung übernehmen, können ihren Einfluss auf die Geschäftsführung durch einen Katalog von Zustimmungspflichten in Verbindung mit entsprechenden Beschlussmehrheiten absichern.


Wichtig ist auch eine klare Regelung für die Einberufung und Abhaltung der Gesellschafterversammlung. Regelungen zur Beschlussfähigkeit können einerseits helfen, die Teilnahmerechte von Gesellschaftern ab­zu­sichern, und andererseits eine Beschlussblockade durch Nichterscheinen von Gesellschaftern zu überwinden und damit einem obstruierenden Gesellschafter seine Boykottmöglichkeiten zu nehmen. Zu bedenken gilt, dass bei einer 50:50-Beteiligung schnell eine Patt-Situation entstehen kann, bei der keiner der Gesellschafter die einfache Mehrheit erreicht. Abhilfe kann die Verankerung von Sonderrechten in der Satzung zugunsten eines Gesellschafters schaffen (sog. „Golden Share”), die z.B. ein Mehrstimm­recht oder Vetorecht umfassen können. Möglich ist auch die Regelung eines Sonderrechts für essenzielle Maßnahmen wie z.B. ein Recht zur Bestellung des Geschäftsführers. Weitere Gestaltungsmöglichkeiten finden Sie in dem Beitrag „Lösungsmöglichkeiten beim Deadlock: Russian Roulette und Texas Shoot Out”.

 

Einrichtung von Beiräten

Als Schlichtungsinstanz bietet sich bspw. auch die Einrichtung eines Beirates an. Seine Kompetenzen und die Zusammensetzung müssen dabei im Regelfall in der Satzung verankert werden. Ein Beirat kann, je nach Gestaltung, eine beratende Funktion einnehmen – ihm können aber auch Entscheidungskompetenzen von der Gesellschafterversammlung übertragen werden.

 

Ausschluss von Gesellschaftern und Exit-Szenarien

Ist das Gesellschaftsverhältnis nachhaltig gestört, sollte den Gesellschaftern die Möglichkeit zum frei­willigen Ausscheiden gegeben werden – sei es durch Kündigung, durch einvernehmliche Einziehung ihrer Gesell­schafts­anteile oder durch Übertragung der Gesellschaftsanteile auf einen Dritten. Gegen seinen Willen kann niemand aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, es sei denn, es liegt ein wichtiger Grund vor, der diese extreme Maßnahme rechtfertigt. Die Rechtsprechung legt hier hohe Maßstäbe an.


Es gilt zu bedenken, dass im Falle der Einziehung die Auszahlung der Abfindungssumme die Liquidität der Gesellschaft stark belastet und das Stammkapital nicht tangiert werden darf. Der Gesellschafter hat bei seinem Ausscheiden i.d.R. Anspruch auf den Verkehrswert seiner Gesellschaftsanteile.


Gesellschaftsvertraglich kann das nur moderat beschränkt werden, sonst droht die Abfindungsklausel unwirksam zu sein oder durch nachträgliche Wertentwicklung unwirksam zu werden. Um die Belastung des Gesellschaftsvermögens mit Abfindungszahlungen zu vermeiden, können vorsorglich auch alternative Möglichkeiten bedacht werden, wie z.B. die Zwangsabtretung von Anteilen an einen Mitgesellschafter, die Gesellschaft selbst oder einen außenstehenden Dritten, die dann die Abfindung schulden. Zu bedenken gilt, dass die Zwangsabtretung nur eine Verpflichtung des betroffenen Gesellschafters zur Übertragung seiner Gesellschaftsanteile bewirkt, die notfalls eingeklagt werden muss. Nur in Ausnahmefällen kann die Satzung dahingehend ausgelegt werden, dass der Gesellschafterbeschluss über die Zwangsabtretung bereits den Übergang der Gesellschaftsanteile auslöst.  


Besondere Vereinbarungen über Exit-Szenarien in Satzung, Gesellschaftervereinbarung oder Beteiligungs­vertrag können es einem Gesellschafter ermöglichen, seinen eigenen Ausstieg aus der Gesellschaft durchzusetzen oder andere Gesellschafter herauszudrängen – sei es aus wirtschaftlichen Gründen oder wegen Reibereien auf Gesellschafterebene. Die Gesellschafter können sich in der Satzung oder den Gesell­schafter­vereinbarungen auch befristet Call- oder Put-Optionen vorbehalten, um später nach ihrer Wahl die Anteile eines anderen Gesellschafters ganz oder teilweise an sich ziehen oder die eigenen Anteile auf einen anderen Gesellschafter übertragen zu können. Ein Mitverkaufsrecht ermöglicht es hingegen, dass ein Gesellschafter seine Gesellschaftsanteile an einen Investor verkaufen kann und die übrigen Gesell­schafter ebenfalls zum Verkauf ihrer Anteile zu selbigen Konditionen verpflichtet sind. Umgekehrt kann durch eine Mitverkaufspflicht des Minderheitsgesellschafters geregelt werden, dass der Mehrheitsgesell­schafter im Falle der Veräußerung seiner Anteile an einen Investor verpflichtet ist, wahlweise auch die des Minderheitsgesellschafters mit­ver­äußern zu müssen. Wenn sich nach den ersten gemeinsamen Jahren herausstellt, dass die Zusammenarbeit nicht funktioniert, können solche Regelungen durchaus hilfreich sein, denn sie ermöglichen einem Gesellschafter, einen klaren Schnitt zu machen – auch ohne dass die Schwelle zu einem wichtigen Grund (z.B. erhebliche Pflichtverstöße eines Gesellschafters) erreicht werden muss. Der Weg über die Ausschließung oder Einziehung von Anteilen gegen den Willen eines Gesellschafters ist dagegen oft lang und streitig.

 

Fazit

Wenn mehrere Parteien beteiligt sind, ist eine detaillierte Verhandlung des Gesellschaftsvertrages unter Ausnutzung der zur Verfügung stehenden Gestaltungsmittel zur Vermeidung künftiger Konflikte stets zu empfehlen. Fehlt es hingegen an klaren Regeln, birgt das für alle Beteiligten oft Streitpotenzial und darüber hinaus auch Prozessrisiken, die die Durchsetzung von Rechtspositionen erschweren. Insofern ist es stets ratsam, bereits im Vorfeld geeignete klare Spielregeln festzusetzen.

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Dr. Anne Mushardt

Rechtsanwältin, Wirtschaftsjuristin (Univ. Bayreuth)

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