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​​​​​​​veröffentlicht am 29. April 2025 | Lesedauer ca. 4​​​ Minuten

Grunderwerbsteuer-Update: Aktuelle BFH-Urteile zu Share Deals im Überblick

​​Mittelbare Verlängerung einer Beteiligungskette an grundbesitzender Personengesellschaft: Wiedergeburt der " ultimate owner " - Rechtsprechung?


Mit Urteil II R 16/22 vom 21.08.2024 hat der BFH erneut eine Entscheidung getroffen, die in einer Reihe von Urteilen seit 2013 zur wirtschaftlichen Betrachtung in der Grunderwerbsteuer steht. Hierbei greift er einen Rechtsgedanken auf, der seit Ende 2015 überholt schien, und stellt sich explizit gegen die Ansicht der Finanzverwaltung:

Der Urteilssachverhalt stellt sich vereinfacht dar wie folgt: Eine grundbesitzende Personengesellschaft (Tochter-GmbH & Co. KG) wird von einer alleine am Vermögen der Tochter-GmbH & Co. KG beteiligten Mutter-GbR gehalten. An der Mutter-GbR sind zu gleichen Teilen die natürlichen Personen A, B, C und D beteiligt. A und B bringen ihre Anteile jeweils in eine Kapitalgesellschaft ein, an der sie alleine beteiligt sind. C und D bringen ihre Anteile an der Mutter-GbR in eine CD-GmbH & Co. KG ein, an deren Vermögen sie zu je 50% beteiligt sind.

Der BFH hat im Urteil II R 16/22 entschieden, dass § 1 Abs. 2a GrEStG für den Grundbesitz der Tochter-GmbH & Co. KG nicht erfüllt ist. Die Übertragungen durch C und D auf eine ihnen gehörende Personengesellschaft würden keinen relevanten mittelbaren Gesellschafterwechsel an der Tochter-GmbH & Co. KG darstellen. Hierbei beruft sich der BFH darauf, dass Gesellschafterwechsel an einer an der grundbesitzenden Gesellschaft beteiligten Personengesellschaft unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu beurteilen seien; im Urteilsfall läge deshalb kein relevanter mittelbarer Gesellschafterwechsel vor, weil die hinter der CD-GmbH & Co. KG stehenden Gesellschafter im Ergebnis gleich geblieben seien.

Der BFH stellt aber klar, dass dies nur für Bewegungen an übergeordneten Gesellschaften gelte, konkret für einen Fall des § 1 Abs. 2a Satz 2 GrEStG. Für unmittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand der grundbesitzenden Personengesellschaft sei dagegen kein Raum für eine wirtschaftliche Betrachtung; hier sei jeder zivilrechtliche Übergang, auch der auf eine eigene Personengesellschaft, relevant.

Der BFH stellt sich in seiner Entscheidung auch explizit gegen die Verwaltungsansicht im GLE zu § 1 Abs. 2a GrEStG vom 10.05.2022 und verweist auf die Rechtsprechung aus 2013 (BFH II R 17/10) zur wirtschaftlichen Betrachtung bei mittelbaren Anteilsübertragungen. Die Ende 2015 vorgenommene Korrekturgesetzgebung hierzu sei in § 1 Abs. 2a Satz 2 GrEStG nicht deutlich genug ausgeprägt, die angezeigte wirtschaftliche Betrachtung zu beseitigen.

Das Urteil II R 16/22 erging zu einer durchgehenden Personengesellschaftskette. Ob für eine mittelbare Übertragung auf eine Kapitalgesellschaft ebenso auf die hinter ihr stehenden Gesellschafter abgestellt werden kann (wie es das Urteil II R 17/10 unter Anwendung früheren Rechts und Bezug auf den " ultimate owner ", also den Gesellschafter am Ende der Kette, noch getan hat) war nicht entscheidungsrelevant und darf bezweifelt werden. Ebenso bleibt unklar, ob der BFH für Fälle einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft, deren Mutterpersonengesellschaft übertragen wird, entsprechend entscheiden würde; die Argumente hierfür wären jedoch gut, zumal § 1 Abs. 2b Satz 2 GrEStG entsprechend seiner Parallelvorschrift für grundbesitzende Personengesellschaften formuliert ist.

Die Entscheidung des BFH ist begrüßenswert, dämmt sie doch zumindest für einzelne Konstellationen die ausufernde Besteuerung von Anteilsbewegungen ein. Dass im Zuge des Urteils II R 16/22 gleichzeitig aber die Komplexität der grunderwerbsteuerlichen Share Deal-Tatbestände weiter steigt, lässt sich allerdings nicht leugnen. So wird bei Veränderungen in mehrstöckigen Beteiligungsstrukturen zukünftig nicht nur danach zu differenzieren sein, welche Rechtsform die immobilienhaltende Gesellschaft selbst hat, sondern auch nach den Rechtsformen zwischengeordneter Gesellschaften und gegebenenfalls sogar des Erwerbers.


Hinweis auf Urteil BFH II R 28/21 zur Ebenenbetrachtung bei § 1 Abs. 2a GrEStG


Unter dem Aktenzeichen BFH II R 28/21 (Urteil vom 31.07.2024) hat sich der BFH zur Ebenenbetrachtung geäußert und den Begriff des Neugesellschafters auf mittelbarer Ebene im Rahmen des § 1 Abs. 2a GrEStG näher konkretisiert. Im streitgegenständlichen Sachverhalt wurden Geschäftsanteile an einer GmbH, die zu 90% am Vermögen der grundbesitzenden Klägerin als Kommanditistin beteiligt war, auf den am Vermögen der Klägerin nicht beteiligten langjährigen Komplementär übertragen; letzterer wurde damit über seine unmittelbare Gesellschafterstellung hinaus auch mittelbar über die Kapitalgesellschaft an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligt.


Streitig war demnach die Auslegung des § 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG und damit die Frage, ob eine Kapitalgesellschaft, die unmittelbar an einer grundbesitzhaltenden Personengesellschaft beteiligt ist, als neue Gesellschafterin dieser Personengesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG anzusehen ist, wenn wiederum mindestens 90% ihrer Anteile auf einen anderen Altgesellschafter der Personengesellschaft übergehen. Ausgehend von einer wirtschaftlichen Betrachtung käme in Betracht, den Komplementär im streitgegenständlichen Sachverhalt nicht nur auf Ebene der Personengesellschaft, sondern auch auf Ebene der beteiligten Kapitalgesellschaft als Altgesellschafter zu betrachten.

Der BFH stellte jedoch klar, dass für den Wechsel des Gesellschafterbestands einer Kapitalgesellschaft eine zuvor bereits bestehende Beteiligung des neuen Gesellschafters der Kapitalgesellschaft an der grundbesitzenden Personengesellschaft unerheblich ist. Es sei die jeweilige Beteiligungsebene gesondert zu betrachten.

Neue Gesellschafter i.S.d. § 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG sind demnach solche (juristische/natürliche) Personen, die zuvor nicht an der Kapitalgesellschaft beteiligt waren, unabhängig davon, ob auf anderen Ebenen in der Beteiligungsstruktur bereits gemeinsame Beteiligungen mit dem Neugesellschafter bestehen. Selbst wenn also der neu an der Kapitalgesellschaft beteiligte Gesellschafter vor seinem Anteilserwerb bereits Gesellschafter der grundbesitzenden Personengesellschaft war, wird er aufgrund dieser Beteiligung für die Anwendung des § 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG nicht zum Altgesellschafter der Kapitalgesellschaft.

Die wirtschaftliche Betrachtungsweise, wie sie in II R 16/22 (siehe vorstehenden Urteilshinweis) maßgebend war, ist demnach hier gerade nicht anwendbar. Vorliegend ist allein auf die Ebene der Kapitalgesellschaft abzustellen.

Das Urteil bestätigt die durch die Finanzverwaltung bereits angewendete Ungleichbehandlung von Kapital- und Personengesellschaften im Rahmen der Grunderwerbsteuer, da gerade bei Personengesellschaften alle Beteiligungsebenen zu berücksichtigen sind. Es bleibt daher abzuwarten, ob der Gesetzgeber zukünftig bei einer in regelmäßigen Abständen geforderten Grunderwerbsteuerreform diese Ungleichbehandlung (nicht zuletzt vor dem Hintergrund des MoPeG) auch in der Grunderwerbsteuer beseitigen wird.

Bis auf Weiteres gilt es allerdings zu beachten, dass jedenfalls in Kapitalgesellschafts-Konstellationen ein Wechsel von einer unmittelbaren Gesellschafterposition bei einer grundbesitzenden Gesellschaft zum mittelbaren Gesellschafter (oder umgekehrt), oder auch nur der Zuerwerb von Anteilen in einem Beteiligungsstrang auf einer anderen Ebene, nach grunderwerbsteuerlichen Share Deal-Regelungen relevant sein können und vorab detailliert geprüft werden sollten.  

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