Ausgewählte Grunderwerbsteuerrisiken im Zusammenhang mit Formwechseln

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veröffentlicht am 29. Juni 2023 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Einleitung

Seit der Share Deal-Reform im Jahr 2021 rückt die Grunderwerbsteuer immer stärker in den Fokus steuerlicher Risikobeurteilung. Änderungen bei der Berücksichtigung von Gesellschafterwechseln vor und nach einem Formwechsel im Zuge neuer Anwendungserlasse der Finanzverwaltung (GLE vom 10.05.2022, BStBl 2022 I S. 801) zeigen, dass die Grunderwerbsteuer nicht stillsteht und ein Formwechsel einer grundbesitzenden Gesellschaft aus grunderwerbsteuerlicher Sicht einige Fallstricke und Besonderheiten birgt, die – wenn nicht rechtzeitig erkannt – zu einer vermeidbaren steuerlichen Belastung beim Umwandlungsvorgang führen können. Nachfolgend sollen daher ausgewählte grunderwerbsteuerliche Risiken bei einem Formwechsel dargestellt werden.


Grundsätzlich keine Grunderwerbsteuerbarkeit des identitätswahrenden Formwechsels

Bei einem Formwechsel nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG) wird das ”Rechtskleid” einer Kapitalgesellschaft in das einer Personengesellschaft (oder umgekehrt) unter Beibehaltung der wirtschaftlichen Identität des Rechtsträgers geändert. Betrachtet man den Charakter der Grunderwerbsteuer als Rechtsverkehrsteuer, so knüpft diese für die Besteuerung an einen Rechtsträgerwechsel an (BFH II R 32/06, BFH/NV 08, 1526). Dieses Grundprinzip spiegelt sich auch in den einzelnen Erwerbstatbeständen des Gesetzes wider. So wird eine veränderte Zuordnung des Grundbesitzes in § 1 Abs. 1 Nrn. 1ff GrEStG vorausgesetzt oder die Übertragung über § 1 Abs.  2a und 2b GrEStG auf eine neue Gesellschaft fingiert. Eine formwechselnde Umwandlung hingegen führt gem. § 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG nicht zum Erlöschen des ursprünglich bestehenden und zum Entstehen eines neuen Rechtsträgers oder zu einer Zurechnung zu einem anderen Rechtsträger. Eine formgewechselte Gesellschaft, deren Rechtsträgereigenschaft und Beteiligungsverhältnisse beim Formwechsel gewahrt bleiben (sog. identitätswahrender Formwechsel), verliert damit nicht ihre (wirtschaftliche oder rechtliche) Identität als Rechtssubjekt, sodass mangels Rechtsträgerwechsels kein steuerbarer Erwerbsvorgang vorliegt.


Abgrenzung eines Formwechsels zu anderen Gestaltungsmöglichkeiten

Dabei ist ein identitätswahrender Formwechsel nicht mit anderen Gestaltungsmöglichkeiten gleichzusetzen. Der Formwechsel nach §§ 190ff UmwG unterscheidet sich von den anderen Umwandlungen insbesondere durch die Beteiligung von nur einem Rechtsträger. Damit einher gehen auch unterschiedliche grunderwerbsteuerliche Auswirkungen anderer Umwandlungs- oder Umstrukturierungsvorgänge, selbst wenn diese im Ergebnis ebenfalls zu einer anderen Rechtsform führen.

  • Verschmelzung (z.B. Kapitalgesellschaft auf Personengesellschaft): Anders als bei der formwechselnden Umwandlung geht das Vermögen des Übertragers (so auch das Eigentum am Grundbesitz oder Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft) kraft Gesetzes auf die übernehmende Gesellschaft über, sodass es zu einer Verwirklichung eines Grunderwerbsteuertatbestandes kommen kann (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG). Insgesamt kommt es zu einem Rechtsträgerwechsel am Grundbesitz oder an Anteilen.
  • Ebenso vom Formwechsel zu unterscheiden ist die Anwachsung des Gesellschaftsvermögens von einer Personengesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft als Gestaltungselement, um das Vermögen in einer anderen Gesellschaftsform zu halten. Ein Beispiel hierzu wäre die Übertragung des einzigen Kommanditanteils auf den Komplementär einer GmbH & Co. KG. Es kommt auch hier zu einer Übertragung des Vermögens der anwachsenden Gesellschaft und ist damit grundsätzlich zunächst grunderwerbsteuerbar.


Risiko von Sperrfristverletzungen durch Formwechsel

Wie bereits dargestellt führt ein identitätswahrend durchgeführter Formwechsel selbst grundsätzlich nicht zu einem steuerbaren Rechtsträgerwechsel. Isoliert betrachtet ist ein solcher damit grundsätzlich nicht grunderwerbsteuerbar. Ein Formwechsel kann aber zur Nachversteuerung eines der formwechselnden Umwandlung vorangegangenen Erwerbs, für den die Steuer zunächst nicht zu erheben war, führen (BFH II R 17/12, BStBl II 14, 268, Rn 29). Bei Inanspruchnahme der gesamthandsbezogenen Befreiungsvorschriften nach §§ 5, 6 GrEStG gehen diese in der Regel mit 10-jährigen Nachbehaltensfristen einher. Das bedeutet, dass sich die gesamthänderische Mitberechtigung des Gesellschafters einer Personengesellschaft in dieser Zeitspanne nicht zu seinen Lasten reduzieren darf. Andernfalls liegt eine Verletzung der Frist in Höhe der reduzierten Beteiligung vor.


Ein anschließender heterogener Formwechsel von einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft kann aber gerade zu einer solchen Sperrfristverletzung führen. Erfolgt ein Wechsel der Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft, geht dadurch die gesamthänderische Mitberechtigung der Gesellschafter am Grundstück verloren, da einer Kapitalgesellschaft als Rechtsform das Gesamthandsprinzip fremd ist. Dies führt zur Anwendung des § 5 Abs. 3 GrEStG bzw. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG und damit zur rückwirkenden Versagung der Steuervergünstigungen.


Beachtung von Anteilsbewegungen unter der alten Rechtsform

Hinzuweisen ist auch darauf, dass für die sogenannten ”Bewegungstatbestände” bezüglich grundbesitzender Gesellschaften (Übergang mindestens 90% der Anteile auf neue Gesellschafter innerhalb von 10 Jahren; § 1 Abs. 2a GrEStG bezüglich Personengesellschaften und § 1 Abs. 2b GrEStG bezüglich Kapitalgesellschaften) nach umstrittener neuer Verwaltungsansicht Bewegungen unter der früheren Rechtsform mit zu berücksichtigen sein sollen. So will die Finanzverwaltung beispielsweise bei der Prüfung schädlicher Anteilsbewegungen nach § 1 Abs. 2a GrEStG, sofern diese alleine unter der Rechtsform der Personengesellschaft die 90%-Schwelle nicht erreichen, auch solche Bewegungen als Zählgröße berücksichtigen, die vor einem Formwechsel noch im früheren Rechtskleid einer Kapitalgesellschaft erfolgten. Voraussetzung für die Mitbetrachtung solcher Bewegungen als vormalige Kapitalgesellschaft, die damit eigentlich dem Tatbestand des § 1 Abs. 2b unterfallen sollten, ist nach Verwaltungsauffassung, dass die jeweiligen Bewegungen innerhalb des 10-Jahres Zeitraums und nach dem 30.06.2021 erfolgten (GLE vom 10.05.2022, BStBl 2022 I S. 801).


Fazit

Im Ergebnis zeigt sich, dass vor einem Formwechsel einer grundbesitzenden Gesellschaft dieser stets vorab auf mögliche grunderwerbsteuerliche Risiken hin überprüft werden sollte. Auch sollten nach einem Formwechsel Vorgänge davor im Blick behalten werden. Nur so können unnötige Steuerrisiken vermieden werden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die vorangegangenen Hinweise nur eine kleine Auswahl grunderwerbsteuerlicher Problemfelder darstellen und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. 




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