Begründung einer inländischen Betriebsstätte durch Einschaltung einer Managementgesellschaft

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veröffentlicht am 22. September 2022 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 
Der Erwerb und die Vermietung von inländischem Grundbesitz durch im Ausland ansässige Gesellschaften (in der Regel in der Rechtsform von Kapitalgesellschaften ausländischen Rechts) führt regelmäßig zu einer attraktiven Besteuerung des Steuerausländers in Deutschland. Allerdings sollte die Auslandsgesellschaft im Zusammenhang mit der Vermietungstätigkeit keine inländische Betriebsstätte begründen, damit keine Gewerbesteuer anfällt. Sollte die Vermietung jedoch im Rahmen einer inländischen Betriebsstätte erfolgen, ist grundsätzlich Gewerbesteuer von regelmäßig ca. 16% (Hebesatz von rund 460%) zu kalkulieren (sofern nicht die erweiterte Grundstückskürzung gemäß § 9 Nr. 1 S. 2ff GewStG greift).
 
Die für eine erfolgreiche Vermietungstätigkeit notwendigen Dienstleistungen (insbesondere Hausverwaltung) werden oftmals von der Auslandsgesellschaft auf inländische Managementgesellschaften übertragen, die mit umfangreichen Vollmachten ausgestattet werden. Derzeit bestehen erhebliche Rechtsunsicherheiten, ob die Einschaltung einer Managementgesellschaft zum Vorliegen einer inländischen Betriebsstätte führen kann.
 
Hintergrund ist das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 24.8.2011 (BStBl. II 2014, 764), nach dem auch fremde Räumlichkeiten eine eigene Betriebsstätten des Steuerausländers begründen können, wenn es sich hierbei um solche einer eingeschalteten Managementgesellschaft handelt und hierüber kein vertraglich eingeräumtes eigenes Nutzungsrecht besteht. Diese Auffassung hat auch das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg vom 21.11.2019 (EFG 2020, 315) bestätigt. Entscheidend war für das FG, dass im Streitfall eine Bündelung sämtlicher denkbarer Aufgaben rund um die Bewirtschaftung und den späteren Verkauf der Immobilie in der Person eines Dienstleisters vorlag, dieser auch hinsichtlich der steuerlichen Angelegenheiten der Klägerin eingeschaltet war und zudem auch sonstige wirtschaftliche Verflechtungen zwischen den Beteiligten bestanden.
 
Mit Spannung wurde daher die Entscheidung des BFH erwartet, da das FG die Revision zugelassen hatte. Diese liegt nun mit dem jüngst erst veröffentlichten BFH-Urteil vom 23.3.2022 (Az. III R 35/20) vor.
 
Im Streitfall verfügte die Klägerin, eine inländische GmbH mit dem Ort der Geschäftsleitung in Luxemburg, über deutschen Grundbesitz. Wie bereits erwähnt, erteilte die Klägerin im Jahr 2009 der inländischen Managementgesellschaft (R-GmbH) im Rahmen einer schriftlichen Hausverwaltungsvollmacht alle Rechte und Pflichten, die im Zusammenhang mit der Verwaltung der deutschen Immobilie standen. Hierzu zählten u.a. die Erfüllung von Verpflichtungen gegenüber Mietern und Pächtern der Immobilie als auch die Vertretung der Klägerin gegenüber Behörden. Zudem konnte die R-GmbH als „Hausverwalter” u.a. einzelne Verwaltungsaufgaben an geeignete Dritte übertragen, Untervollmachten erteilen, die Klägerin gegenüber Behörden und Kreditinstituten vertreten oder im Namen der Klägerin Rechtsanwälte beauftragen.
 
Das Finanzamt und das FG gelangten zu der Auffassung, dass die Klägerin durch den Abschluss der umfassenden Hausverwaltungsvollmacht eine inländische Betriebsstätte gemäß § 12 S. 1 AO begründet hatte. Somit hätten die inländischen Vermietungseinkünfte der Klägerin auch der Gewerbesteuer unterlegen (siehe oben).
 
Der BFH hat jedoch diese Beurteilung im Rahmen der Revision verneint. Der Senat bestätigt zwar den Grundsatz, dass die Beauftragung einer inländischen Managementgesellschaft durch einen Steuerausländer auch dann eine Betriebsstätte für das beauftragende Unternehmen begründen kann, wenn die Auslandsgesellschaft selbst über keine inländische Räumlichkeit verfügt und auch nicht über die Räumlichkeiten der beauftragten Managementgesellschaft verfügen kann. Allerdings reicht allein die (umfassende) Übertragung von Aufgaben auf die selbständig tätige Managementgesellschaft für die Begründung einer Betriebsstätte nicht aus.
 
Vielmehr setzt eine Betriebsstätte der Auslandsgesellschaft voraus, dass der Steuerausländer selbst in Deutschland durch eigene betriebliche bzw. unternehmerische Tätigkeiten (z.B. Überwachung des Dienstleisters) mit einer gewissen Nachhaltigkeit tätig wird. Eine vom BFH geforderte eigene unternehmerische Tätigkeit kann beispielsweise dann angenommen werden, wenn aufgrund der Personenidentität der Leitungsorgane eine fortlaufende nachhaltige Überwachung ermöglicht wird (vgl. BFH-Beschluss vom 8.6.2015, I B 3/14). Fehlt es hingegen an der Identität der Leitungsorgane, können nach Ansicht des BFH die Räumlichkeiten des Dritten (Managementgesellschaft) nur dann zur Betriebsstätte der Auslandsgesellschaft werden, wenn der Auftraggeber in diesen Räumen eigene betriebliche Handlungen vornimmt (z.B. bei fortlaufender und nachhaltiger Überwachung der Managementgesellschaft vor Ort). Demgegenüber genügen Überwachungstätigkeiten, die (allein) aus dem Ausland heraus wahrgenommen werden (z.B. telefonisch oder schriftlich), nicht zur Begründung einer Betriebsstätte. Eine räumliche Verwurzelung im Inland ist in diesem Fall nicht gegeben.
 
Der BFH hat den Streitfall mangels tatsächlicher Feststellungen zu den relevanten Aspekten an die Vorinstanz zurückverwiesen. Bei dieser Gelegenheit wird das FG ergänzend zu prüfen haben, ob die Klägerin vielleicht auch am Ort der Managementgesellschaft eine Geschäftsleitungsbetriebsstätte begründet hat. Denn auch in den Geschäftsräumen eines mit der Geschäftsführung beauftragten gesellschaftsfremden Managers kann eine Betriebsstätte vorliegen. Hierzu hat das FG festzustellen, wo im Streitfall aufgrund der umfassenden Hausverwaltungsvollmacht die im Tagesgeschäft der Klägerin anstehenden Entscheidungen von einigem Gewicht tatsächlich getroffen wurden und wer die Entscheidungsbefugnis in diesen Angelegenheiten hatte (z.B. tatsächliche Vertretung gegenüber Kreditinstituten, Finanzämtern und sonstigen Institutionen sowie uneingeschränkte Erlaubnis zu eigenständigen Abschlüssen und Kündigungen von Mietverträgen sowie Dienst- und Werkverträgen, Buchführung, Fertigung von Steuererklärungen, sonstige laufende Geschäftsvorfälle).
 
Trotz der Zurückverweisung an das FG hat der BFH den Steuerpflichtigen bzw. Beratern wertvolle Hilfestellung zur steuerlichen Strukturierung von Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit der Vermietung von inländischen Immobilien auf an eine Managementgesellschaft vor Ort übertragen werden sollen, gegeben.
 
Vereinfacht zusammengefasst, kann bei fehlender Identität der Leitungsorgane und fehlender ortsbezogener Überwachung allein die Beauftragung einer Managementgesellschaft nicht zu einer Betriebsstätte des Auftraggebers in den Räumen des Auftragnehmers führen. Weiterhin ist zu empfehlen, dass umfassende Verwaltungsaufgaben nach Möglichkeit nicht nur auf einen einzigen Dienstleister ausgelagert werden. Zudem ist sicherzustellen, dass es im Rahmen der Ausgestaltung von Vollmachten für die Managementgesellschaft nicht zur Begründung eines weiteren, inländischen Ortes der Geschäftsleitung kommt (nämlich durch den beauftragten Manager).
 
Die aktuelle BFH-Rechtsprechung ist zudem nicht nur bei grenzüberschreitenden Vermietungssachverhalten von Bedeutung. Auch in reinen Inlandssachverhalten kann die Beantwortung der Frage, ob der Auftraggeber eine weitere Betriebsstätte bei einem beauftragten Dienstleister begründet, angesichts der erheblich in Deutschland variierenden Grunderwerbsteuerhebesätze ggf. zu unerwünschten steuerlichen Mehrbelastungen führen.
 
Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung auf dieses Urteil reagieren wird. 

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