Aufsichtsrechtliche Änderungen im Rahmen des geplanten Fondsstandortgesetzes und deren Auswirkungen auf die Praxis

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veröffentlicht am 25. Januar 2021 | Lesedauer ca. 4 Minuten

Am 20. Januar 2021 wurde der Regierungs-Entwurf des Gesetzes zur Stärkung des Fondsstandorts Deutschland und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1160 zur Änderung der Richtlinien 2009/65/EG und 2011/61/EU im Hinblick auf den grenzüberschreitenden Vertrieb von Organismen für gemeinsame Anlagen (Fondsstandortgesetz – FoStG) veröffentlicht. Aus diesem Entwurf ergeben sich Anpassungen des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB), die sowohl aufsichts- als auch steuerrechtliche Relevanz haben und den Fondsstandort Deutschland auf der internationalen Ebene attraktiver machen sollen. Im nachfolgenden Beitrag möchten wir zunächst die wichtigsten aufsichtsrechtlichen Änderungen sowie deren Bedeutung für die Praxis darstellen. In einem zweiten Teil wird dann ein Überblick über die steuerliche Relevanz der Neuerungen gegeben.
 

Aufsichtsrechtlicher Überblick

Besonders hohe Relevanz für die Praxis hat die Einführung der neuen Fondsinstrumente in das KAGB. Nach dem Regierungsentwurf soll nunmehr die Rechtsform des Sondervermögens auch für geschlossene Spezial-AIF möglich sein. Grundsätzlich wird beabsichtigt, durch eine Rechtsgrundverweisung, die für offene Sondervermögen geltenden Vorschriften auch für geschlossene Sondervermögen anwendbar zu erklären, soweit sie für Spezial-AIF Anwendung finden. Folgerichtig erfolgt im Rahmen des Regierungsentwurfs keine Verweisung auf die Regelung des § 98 KAGB, der die Rücknahme von Anteilen regelt, sodass die Qualifizierung als geschlossenes Vehikel bestehen bleibt.
 
Die Einführung der Rechtsform des Sondervermögens für geschlossene Spezial-AIF bietet sowohl den Kapitalverwaltungsgesellschaften als auch den Investoren eine einfachere Verwaltung und mehr Flexibilität an. Das Sondervermögen stellt eine reine Vermögensmasse dar und verfügt über keine eigene Rechtspersönlichkeit, sodass die gesellschaftsrechtlichen Aspekte dessen Gründung und Verwaltung, wie Erstellung des Gesellschaftsvertrages, Eintragung in das Handelsregister oder die Feststellung eines Jahresabschlusses, vollständig entfallen würden. Bei einem Sondervermögen übernimmt die Kapitalverwaltungsgesellschaft vollständig die verwaltenden Tätigkeiten, was im Vergleich zu anderen Formen der geschlossenen Fonds, in einer deutlich klareren Kompetenzverteilung resultiert. Zudem kann die Wahl dieser Rechtsform zu einem Ersparnis wesentlicher Kosten führen, da unter anderem eine Digitalisierung der Vertriebsprozesse, einschließlich der Einbuchung in ein Depot möglich wären. Da ein solches digitalisiertes Verfahren gerade im Publikumsbereich mit einer Vielzahl von Anlegern tragende Bedeutung hätte, wird für die Erweiterung dieser Rechtsform auf geschlossene Publikums-AIF plädiert.

Im Rahmen dieses Gesetzgebungsvorhabens wird zudem beabsichtigt, die Master-Feeder-Strukturen für geschlossene Publikums-AIF einzuführen. Für diese Rechtsform werden größtenteils die bisherigen Regelungen für offene Master-Feeder-Strukturen übernommen und an die geschlossenen Fonds angepasst. Diese im Grundsatz positive Erweiterung der Produktenpallette könnte jedoch durch die Beschränkung auf Publikums-AIF, die wiederum nur in Publikums-AIF investieren dürfen, unter Umständen geringe praktische Bedeutung haben. Aus diesem Grund wäre die Praxistauglichkeit der Einführung der Master-Feeder-Strukturen für Spezial-AIF überlegungswert.
 
Des Weiteren soll nach dem Regierungsentwurf das Infrastruktur-Sondervermögen, mit der neu geschaffenen Möglichkeit der Investition in die Infrastruktur-Projektgesellschaften, eingeführt werden. Es wird hier jedoch vorausgesetzt, dass mindestens 60 Prozent des Wertes des Fonds in Infrastruktur-Projektgesellschaften, Immobilien und Nießbrauchrechten angelegt wird.
 
Der Regierungsentwurf enthält zudem weitere wichtige Änderungen im Bereich des KAGB, unter anderem:

  • Abschaffung zahlreicher Schriftformerfordernisse sowohl in der Kommunikation zwischen Fondsverwaltern und der BaFin als auch im Rechtsverkehr zwischen Fondsverwaltern und Verwahrstellen und Anlegern,
  • Verpflichtung zur elektronischen Kommunikation mit der BaFin über ein noch bereitzustellendes elektronisches Kommunikationsverfahren,
  • Verlängerung der Offenlegungsfrist der Jahresabschlüsse der Publikums-Investment-Kommanditgesellschaften von sechs auf neun Monate.
  • Einführung des § 306b KAGB zur Definition und Anzeigepflicht des Pre-Marketings,
  • Verankerung der Einhaltung der Anforderungen der Offenlegungs- und Taxonomieverorderung als Teil des EU Action Plan on Sustainable Finance,
  • Erweiterung der jährlichen Pflicht zur Abschlussprüfung auf Verwahrstellen von Publikums-AIF.
     

Steuerrechtlicher Überblick

Der Entwurf des Fondsstandorts sieht im wesentlichen steuerliche Erleich­te­run­gen bei Mit­ar­bei­ter­be­tei­li­gun­gen und bei Fonds vor. Allerdings sollen an dieser Stelle die vorgesehenen steu­er­li­chen Rege­lungen zur För­de­rung von Mit­ar­bei­ter­ka­pi­tal­be­tei­li­gun­gen, ins­be­son­dere bei Start-up-Unter­neh­men, nicht weiter behandelt werden.
 
Die wesentliche praktische Regelung zur Förderung des Fondstandorts dürfte – wie bereits vorstehend ausgeführt – darin bestehen, dass zukünf­tig gesch­los­sene Spe­zial-AIF auch als Sondervermögen aufgelegt werden dürfen. Bisher war es aufsichtsrechtlich nur zulässig, geschlossene inländische Investmentvermögen in den Rechtsformen einer Invest­ment­ge­sell­schaf­t (Rechtsformen der gesch­los­se­nen Invest­ment­kom­man­dit­ge­sell­schaft oder der Invest­men­tak­ti­en­ge­sell­schaft mit fixem Kapi­tal) zu gründen.
 
Durch die aufsichtsrechtliche Einführung von als Sondervermögen aufgelegten geschlossenen Spezial-AIF sollte dieses Fondsvehikel zukünftig ebenfalls dem Steuerregime des Investmentsteuergesetzes unterliegen. Danach sind aufgelegte geschlossene Spezial-Sondervermögen grundsätzlich als sog. „Investmentfonds” i.S.d. Kapitel 2 des Investmentsteuergesetzes (InvStG) zu qualifizieren. Bisher wurden in der Praxis geschlossene Spezial-AIF überwiegend in der Rechtsform einer gesch­los­se­nen Invest­ment­kom­man­dit­ge­sell­schaft aufgelegt, für die nicht die Investmentbesteuerung gilt.
 
Die investmentsteuerliche Einordnung als „Investmentfonds” führt zu einer getrennten Besteuerung von Fonds und Anlegern (sog. Intransparentes Besteuerungsregime). Die Frage, ob die Besteuerung eines geschlossenen Spezial-AIF, der in der zukünftigen Rechtsform eines Sondervermögens aufgelegt wird, gegenüber der bisherigen vorherrschenden Rechtsform einer geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft für den Investor vorteilhafter ist, kann nur anhand einer Einzelfallentscheidung beurteilt werden. Allerdings sehen wir in der neuen Rechtsform für einige Anlegergruppen, natürlich stets im Hinblick auf das konkrete Investment, eine steuerliche Attraktivität. Beispielsweise führt ein inländisches Immobilieninvestment, das über eine geschlossene Investmentkommanditgesellschaft strukturiert wird, an der sich in Deutschland ansässige Privatpersonen beteiligen, nur zu einer Besteuerung beim Privatanleger mit seinem persönlichen Einkommensteuersatz (z.B. 37% inkl. Solidaritätszuschlag, ohne Kirchensteuer und ohne Gewerbesteuer). Sofern dasselbe Immobilieninvestment über die Vertragsform eines Sondervermögens strukturiert wird, könnte sich für den Privatanleger eine vereinfachte Gesamtsteuerbelastung von ca. 25% (inkl. Solidaritätszuschlag, ohne Kirchensteuer und ohne Gewerbesteuer) ergeben.
 
Üblicherweise führen Investmentfonds (z.B. offene Spezial-AIF), auf die das Investmentsteuergesetz Anwendung findet, bei den Investoren zu steuerlich attraktiveren Ergebnissen, wenn der Spezial-AIF investmentsteuerlich als sog. „Spezial-Investmentfonds” i.S.d Kapital 3 des InvStG eingestuft wird (z.B. Option zur Transparenzbesteuerung, steuerlich vorteilhafte Beteiligung von steuerbefreiten Investoren). Zwar sieht der aktuelle Gesetzesentwurf Anpassungen bei den gesetzlichen Voraussetzungen zur Anwendung der Investmentbesteuerung als Spezial-Investmentfonds vor (§ 26 InvStG), dennoch scheitert derzeit die Qualifikation von geschlossenen Spezial-Sondervermögen als Spezial-Investmentfonds an den fehlenden jährlichen Rückgaberechten für die Fondsanteile. Daher sollte der Gesetzgeber an dieser Stelle den Gesetzesentwurf nachbessern, so dass auch geschlossene Spezial-Sondervermögen in den Genuss der Besteuerung als Spezial-Investmentfonds gemäß Kapital 3 des InvStG kommen. Ansonsten wären geschlossene Spezial-AIF gerade für institutionelle Investoren wohl nur begrenzt nutzbar.
 
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzesentwurf eine Erweiterung der Umsatzsteuerbefreiung von Management Fees für die Verwaltung von Wagniskapitalfonds vorsieht, um einen weiteren Nachteil des Fondstandorts Deutschlands zu beseitigen. Leider sieht der Entwurf keine Definition des Begriffs „Wagniskapitalfonds” vor, so dass derzeit unklar ist, welche Fondsarten erfasst werden sollen. Unseres Erachtens sollte auf jeden Fall auf Private Equity und Venture Kapital Fonds abzustellen sein. Ob darunter auch z.B. Mezzanie-Fonds fallen, wie es aufsichtsrechtlich in diesem Bereich zulässig ist, bleibt wohl noch abzuwarten. 
 

Inkrafttreten

Das FoStG, mit Ausnahme der Vorschriften über die elektronische Kommunikation mit der BaFin (Frist hier: April 2023), wird am Tag nach seiner Verkündung in Kraft treten. Die Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung von Wagniskapitalfonds soll zum 1. Juli 2021 in Kraft treten. Ein rückwirkendes Inkrafttreten ist für die Umsatzsteuer nicht möglich. 
 

Fazit

Die in dem Regierungsentwurf dargestellten Änderungen sind im Grundsatz positiv zu bewerten. Um den Fondsstandort Deutschland noch attraktiver zu machen, sollten jedoch einige Regelungen, auch im Bereich der Investmentbesteuerung, weiter optimiert werden. Ob sich die einzelnen Pläne des entworfenen Gesetzes, insbesondere die neuen Fondsprodukte, tatsächlich in der Praxis beweisen werden, bleibt abzuwarten.
 
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