Abzug nachträglicher Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach Veräußerung des Vermietungsobjekts (BFH, Urteil vom 6. Dezember 2017 – Az. IX R 4/17)

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Gegenstand des Urteils vom 6. Dezember 2017 war die Frage, ob die nach der Veräußerung eines Vermietungsobjektes verbleibenden Schuldzinsen, weiterhin als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden können, obwohl der erzielte (ausreichende) Veräußerungserlös nicht zur Schuldenablösung verwandt wurde.

Die Klägerin war in den Streitjahren 2009-2011 Eigentümerin eines bebauten Grundstücks (B) und erzielte daraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Bis zum 4. Oktober 2007 war die Klägerin außerdem Eigentümerin des bebauten Grundstücks (A), aus dem sie ebenfalls Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bezog. Die Anschaffungskosten beider Grundstücke waren durch Bankdarlehen fremdfinanziert.

Die Veräußerung des Objekts A erfolgte innerhalb der Zehnjahresfrist des § 23 Abs 1 S. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) zum Preis von Euro 5.325.000. Die Klägerin tilgte die zur Finanzierung des Objekts A aufgenommenen Darlehen zunächst nicht und forderte die Berücksichtigung der Schuldzinsen als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung. Als Begründung führte die Klägerin aus, dass aufgrund der günstigen Kreditkonditionen, eine sofortige Ablösung der für die Anschaffung des Objekts A aufgenommenen Darlehen nicht wirtschaftlich gewesen sei und der Erlös der Finanzierung neu anzuschaffender Objekte dienen solle. 

 

Die Entscheidung des BFH: 


Grundsätzlich zählen Schuldzinsen zu den Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung, soweit sie mit den korrespondierenden Einkünften in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1 EStG). Dieser wirtschaftliche Veranlassungszusammenhang zwischen dem Darlehen / Schuldzinsen und den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung entfällt nicht in der Sekunde der Veräußerung des mit dem Darlehen angeschafften Objekts. Ab diesem Zeitpunkt setzt sich der wirtschaftliche Veranlassungszusammenhang im Verhältnis zwischen dem Darlehen und dem Veräußerungserlös fort. Unter Berücksichtigung der sogenannten „Surrogationsbetrachtung” ist ab diesem Zeitpunkt ausschlaggebend, ob der Veräußerungserlös seinerseits zum Zwecke der Einkunftserzielung eingesetzt wird. Sofern die Klägerin eine neue Einkunftsquelle (z.B. ein weiteres zur Vermietung bestimmtes Objekt) angeschafft hätte, wäre der Zusammenhang (gegebenenfalls anteilig in Höhe des verwendeten Erlöses) bestehen geblieben.

Sofern keine andere Einkunftsquelle angeschafft wird, kommt es darauf an, ob der Veräußerungserlös für die Ablösung des Darlehens ausreicht (sogenannter Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung). Soweit dies der Fall ist, endet der wirtschaftliche Zusammenhang (zwischen dem Darlehen und der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung) und damit die Berücksichtigungsfähigkeit der Schuldzinsen als Werbungskosten. Dies geschieht unabhängig davon, ob das Darlehen tatsächlich abgelöst wird oder (wie im Sachverhalt) aus anderen Motiven erhalten bleibt. Soweit der Veräußerungserlös nicht zur vollständigen Ablösung des aufgenommenen Darlehens ausreicht, bleiben die im Zusammenhang mit dem nicht ablösbaren Teil des Darlehens entstehenden Zinsen berücksichtigungsfähig. 

Bei der Beendigung einer auf ein bestimmtes Objekt ausgerichteten Tätigkeit, ist es ferner nicht nach Belieben möglich, die zur Anschaffung bezogenen Darlehen, einem anderen Objekt zuzuordnen (insbesondere keinem unbestimmten Objekt). Der wirtschaftliche Zusammenhang mit einem bestimmten Vermietungsobjekt wird im Zeitpunkt ihres jeweiligen Entstehens festgelegt und es obliegt nicht dem freien Ermessen des Steuerpflichtigen, dies im Nachhinein zu ändern.  

Dementsprechend sind die Schuldzinsen, die auf das am 4. Oktober 2007 veräußerte Objekt A entfallen, nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar und der wirtschaftliche Zusammenhang der Darlehen mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung endet im Jahr 2007. 

Die Klägerin hat weder eine neue Einkunftsquelle angeschafft, noch hat sie den (ausreichenden) Veräußerungserlös für die Ablösung der Darlehen verwendet. Die vorgetragene (angebliche) Reinvestitionsabsicht ein nicht bestimmtes (noch zu erwerbendes) Vermietungsobjekt mit dem Veräußerungserlös anzuschaffen reicht nicht aus, um der Surrogationsbetrachtung dahingehend zu genügen, dass der wirtschaftliche Veranlassungszusammenhang mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung nach der Veräußerung begründet bleibt. Vor diesem Hintergrund scheitert auch ein Abzug als „vorab entstandene Werbungskosten”.

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