Rückabwicklung von Fonds-Beteiligungen an Schrottimmobilien

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​​In der Praxis werden immer wieder Fälle bekannt, in denen sich Anleger zunächst an geschlossenen Immobilienfonds mit sogenannten „Schrottimmobilien” beteiligen, sich aber wieder von ihnen aufgrund von Schadensersatzprozessen wegen Prospekthaftung getrennt haben. Im Rahmen der Rückabwicklung solcher geschlossener Immobilienfonds erhalten die Anleger häufig Zahlungen vom Anbieter der Kapitalanlage, sodass sich für die Anleger die Frage stellt, wie solche erhaltene Zahlungen steuerlich zu behandeln sind. In unserem Fonds-Brief Dezember 2014 sind wir auf diese Steuerfolgen bereits näher eingegangen. Aktuell hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) in drei gleichlautenden Urteilen vom 6. September 2016 (Az. IX R 44/14, IX R 45/14, IX R 27/15) auch mit dieser Thematik auseinandergesetzt und für Anleger von geschlossenen Immobilienfonds mit „Schrottimmobilien” eine bedeutende Entscheidung getroffen. Nach Ansicht des BFH sind nämlich Zahlungen bei der Rückabwicklung von solchen geschlossenen Immobilienfonds in ein steuerpflichtiges Veräußerungsentgelt und in eine nicht steuerbare Entschädigungsleistung aufzuteilen. Damit widerspricht der BFH der derzeit gängigen Praxis der Finanzverwaltung, nach der sämtliche Zahlungen bei der Rückabwicklung als steuerpflichtiges Veräußerungsentgelt einzustufen sind.  

In den drei identischen Streitfällen hatten sich die Kläger an geschlossenen Immobilienfonds beteiligt, deren Objekte sich jedoch als nicht werthaltig erwiesen und die zugesagten Erträge nicht erwirtschaftet haben. Zusammen mit einer Vielzahl weiterer getäuschter Anleger haben sich die Kläger an einem Sammelklageverfahren gegen das verantwortliche Kreditinstitut, auf deren Initiative die Beteiligungen gegründet und vertrieben wurden, beteiligt und eine Schadensersatzklage erhoben. Mit der Klage verlangten die Kläger die Zahlung von Schadensersatz aus Prospekthaftung und deliktische Haftung und forderten die Rückabwicklung ihrer Fondsbeteiligung. Im Jahr 2005 bot eine eigens dazu gegründete Tochtergesellschaft des verantwortlichen Kreditinstituts sämtlichen Klägern an, ihre Fondsanteile zurück zu erwerben. Dieses Angebot setzte jedoch voraus, dass die Kläger im Gegenzug ihre Schadensersatzklagen zurücknahmen und gleichzeitig auch auf zukünftige Schadensersatzansprüche verzichteten, die mit dem Erwerb der Beteiligungen zusammen hingen. Die Kläger nahmen dieses Angebot an und erhielten für die Rückübertragung ihrer Anteile an den geschlossenen Immobilienfonds eine als „Kaufpreis" bezeichnete Zahlung. Die zuständigen Finanzämter behandelten diese Zahlungen in vollem Umfang als steuerbare Einnahmen und unterwarfen sie als private Veräußerungsgeschäfte im Sinne des § 23 EStG der Veräußerungsgewinnbesteuerung.  

Die gegen diese steuerliche Behandlung eingelegten Klagen blieben ohne Erfolg. Die Finanzgerichte haben die abgeschlossenen Kauf- und Übertragungsverträge mit den einzelnen Anlegern als neuerliche Veräußerung der bestehenden Fondsbeteiligungen und nicht als Rückabwicklung des ursprünglichen Anschaffungsgeschäfts ausgelegt. Gegen die Behandlung der Zahlungen als steuerbare Veräußerungsgewinne im Sinne des § 23 EStG haben die Finanzgerichte keine Einwände geäußert. Auch die Berechnungsmethode des Veräußerungsgewinns durch die Finanzämter wurde bestätigt. 

Demgegenüber hat der BFH im Rahmen der Revision die vorinstanzlichen Entscheidungen aufgehoben und die Verfahren wieder an die Finanzgerichte zurückverwiesen. Der Senat hat zwar die Rückübertragung der Fondsanteile der Kläger zutreffend als steuerbare private Veräußerungsgeschäfte im Sinne des § 23 EStG bestätigt. Eine Rückabwicklung lag nicht vor, da für diese Zwecke im Streitfall neue Vereinbarungen abgeschlossen wurden, die auch inhaltlich als Kaufverträge ausgestaltet wurden. Allerdings haben die Finanzgerichte den steuerbaren Veräußerungsgewinn fehlerhaft ermittelt. Sie haben nicht geprüft, ob die an die Kläger geleisteten und als „Kaufpreis” bezeichneten Zahlungen in voller Höhe oder nur teilweise als privates Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 EStG unterliegen. Denn die an die Kläger geleisteten Beträge seien auch für andere Verpflichtungen gezahlt worden, nämlich zugleich auch als Entgelt für den Verzicht auf die Geltendmachung weiterer Schadensersatzansprüche und die Rücknahme der Schadensersatzklage. Somit ist der als „Kaufpreis” gezahlte Betrag für die Rücknahme der Fondsanteile der Anleger in einen steuerpflichtigen Veräußerungspreis gemäß § 23 EStG und in einen nicht steuerbaren Betrag für den Verzicht auf die Geltendmachung weiterer Schadensersatzansprüche und die Rücknahme der Schadensersatzklage.  

Aus diesem Grund hat der BFH die Verfahren wieder an die Finanzgerichte zurückübertragen. Diese müssen in einem erneuten Verfahren ermitteln, welcher Teil des „Kaufpreises” für die Rückübertragung der Fondanteile und welcher Teil für sonstige Verpflichtungen geleistet wurden. Das bedeutet, dass die Finanzgerichte den Wert der Beteiligungen der Kläger an den geschlossenen Immobilienfonds im Veräußerungszeitpunkt ermitteln müssen. Dabei kommt es maßgeblich darauf an, was ein fremder Dritter für die Beteiligung zu zahlen bereit gewesen wäre. Für die Ermittlung darf nur auf Information zurückgegriffen werden, die ein gedachter Erwerber aus allgemein zugänglichen Quellen entnehmen kann (zum Beispiel: Veröffentlichung der Fonds, Geschäftsberichte und Jahresabschlüsse der Vergangenheit, Zeitungsartikel etc.). Demgegenüber können interne Unterlagen der Fonds, zu den die Gesellschafter und die Öffentlichkeit keinen Zugang haben, nicht für diese Beurteilung herangezogen werden.  

Sollte vor diesem Hintergrund tatsächlich eine Bewertung der Fondsanteile der Kläger möglich sein, hat der BFH in seiner Entscheidung auch dargelegt, wie ein Veräußerungsgewinn in diesem Fall im Sinne des § 23 EStG zu ermitteln ist. Denn die erfolgte Berechnungsmethode der Finanzverwaltung hat der Senat verworfen. Nach der Sichtweise des BFH müssen von dem ermittelten Veräußerungspreis im Sinne des § 23 EStG die von den Klägern aufgewandten Anschaffungskosten der Beteiligung (einschließlich Agio) und die Veräußerungskosten abgezogen und die bei der Ermittlung der Einkünfte der Kläger bereits abgezogenen AfA-Beträge wieder hinzugerechnet werden. Sofern die geschlossenen Immobilienfonds im Veräußerungszeitpunkt über Verbindlichkeiten verfügen, sind diese hingegen – im Gegensatz zur Ermittlung durch die Finanzverwaltung – nicht gewinnerhöhend zu erfassen. 

Die vorstehenden BFH-Entscheidungen sind für die Anleger insofern von besonderer Bedeutung, als dass die Finanzverwaltung nicht länger ihre bisherige Praxis weiter verfolgen kann, nach der sämtliche Zahlungen an den Anleger im Rahmen der Rückabwicklung seiner Fondsbeteiligung als steuerpflichtig behandelt werden. Vielmehr ist eine Aufteilung dahingehend vorzunehmen, dass der Teil des „Kaufpreises”, der für die Rücknahme der Schadensersatzklagen oder die Freistellung von Schadensersatzansprüchen gezahlt wird, für den Anleger nicht steuerbar ist.

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Frank Dißmann

Diplom-Kaufmann, Steuerberater

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