Erfolgreich investieren in Indonesien

PrintMailRate-it

​​​​​​​​​zuletzt aktualisiert am 7. Juni 2024 | Lesedauer ca. 5 Minuten

   

   

   

​​​Wie schätzen Sie die derzeitige wirtschaftliche Lage in Indonesien ein?

Die indonesische Wirtschaft hat sich in den letzten zwanzig Jahren mit jährlichen Wachstumsraten von rund 5 Prozent dynamisch entwickelt. Im Jahr 2020 kam es jedoch aufgrund der Covid-19-Krise erstmals zu einem negativen BIP-Wachstum von rund 2 Prozent. Ab 2021 wuchs das BIP jedoch wieder langsam um 3,7 Prozent und erreichte 2022 den langfristigen Wachstumspfad von rund 5 Prozent. 
  
Anfang 2021 hat die indonesische Regierung zahlreiche Erleichterungen für (ausländische) Investoren eingeführt, indem sie ein sogenanntes „Omnibus-Gesetz" in Kraft gesetzt hat, das wesentliche Änderungen in den Bereichen Investitions-, Steuer- und Arbeitsrecht vorsieht und darauf abzielt, mehr als 100 Geschäfts­bereiche für ausländische Direktinvestitionen zu öffnen sowie die administrativen (Genehmigungs-)Verfahren zu vereinfachen. Die Verwaltungsverfahren im Zusammenhang mit der Umsetzung des „Omnibus-Gesetzes" werden derzeit von den Behörden in Indonesien implementiert und aktualisiert; konkrete Geschäftsvorhaben erfordern jedoch noch immer einen intensiven Dialog mit den zuständigen indonesischen Behörden. 
  
Für die Wirtschaft bestehen weiterhin einige Probleme, insbesondere in Form der (noch) schwerfälligen und intransparenten Bürokratie, der in weiten Teilen des Landes unterentwickelten Infrastruktur und des gravier­enden Mangels an qualifizierten Arbeitskräften (insbesondere an solchen mit solider Auslandserfahrung und einschlägigen Sprachkenntnissen). 
  
Trotz all dieser Herausforderungen punktet Indonesien mit seinem riesigen Binnenmarkt (als größte Volkswirtschaft Südostasiens), seiner jungen und technikaffinen Bevölkerung (ca. 276 Millionen im Jahr 2023) und seinem Reichtum an natürlichen Ressourcen. 
   

Wie würden Sie das Investitionsklima in Indonesien beschreiben? Welche Branchen bergen großes Potenzial?

Angesichts der positiven wirtschaftlichen Entwicklung, des riesigen Binnenmarktes und der bisherigen Wachstumsprognosen zieht Indonesien nun verstärkt die Aufmerksamkeit ausländischer Investoren auf sich. Angesichts der aktuellen Trends der „Abkopplung" und des „De-Risking" vom chinesischen Markt bleibt jedoch abzuwarten, welche Rolle Indonesien als alternativer oder ergänzender Investitionsstandort zu China spielen kann. Fragen hinsichtlich einer besseren Integration in die regionalen/globalen Lieferketten sowie der Unzu­länglichkeit der Infrastruktur für ein nachhaltiges Wachstum (insbesondere außerhalb von Jakarta) bleiben bestehen. 
  
Aus steuerlicher Sicht sind die indonesischen Investitionsförderungsprogramme mit denen in anderen Ländern Südostasiens vergleichbar. Das indonesische Steuerrecht sieht Steuerermäßigungen (tax holidays) zugunsten bestimmter „Pionierindustrien" vor. Für bestimmte Unternehmen oder Investitionen in abgelegenen Regionen gelten Steuervergünstigungen, einschließlich der Möglichkeit eines erweiterten Verlustvortrags für bis zu zehn Jahre. Die sog. „Investment Master List" erleichtert die zollfreie Einfuhr von Maschinen und Rohstoffen. Die Kriterien für die Inanspruchnahme der vorgenannten Steuervergünstigungen und Steueranreize ähneln denen, die andere Länder in Südostasien anbieten. Sie zielen ab auf Investitionsprojekte in abgelegenen Regionen mit einem hohen Anteil an einheimischen Arbeitskräften, die Bereitstellung von Technologietransfer, den Nutzen für die indonesische Wirtschaft oder Gesellschaft sowie die Stärkung der Exportorientierung Indonesiens. 
  
Investoren interessieren sich aktiv für den Infrastruktursektor (eine der Prioritäten von Präsident Joko Widodo), den Energiesektor (mit besonderem Schwerpunkt auf erneuerbaren Energien), den soliden Automobilsektor (einschließlich elektronischer Fahrzeuge und der Herstellung von Batterien) sowie den Tourismus- und Gast­gewerbesektor (nach dem Ende der Covid-Pandemie). Darüber hinaus zieht der Gesundheits- und Pharma­sektor aufgrund der steigenden Nachfrage der wachsenden indonesischen Mittelschicht die Aufmerksamkeit auf sich. Schließlich ist die Verarbeitung von Rohstoffen im Inland eine der wichtigsten Prioritäten der indonesischen Regierung. 
   

Welchen Herausforderungen steht ein deutscher Unternehmer beim Engagement in Indonesien gegenüber?

Leider gibt es in Indonesien immer noch Defizite in der Infrastruktur, vor allem bei der Stromerzeugung und im Transportwesen (Straßen, Eisenbahnen, See- und Flughäfen). Je nach Standort kann dies zu Heraus­​forder­ungen führen, insbesondere für Produktionsstätten. Grundsätzlich ist Indonesien derzeit nur unzureichend in globale/regionale Lieferketten eingebunden. 
  
Das indonesische Rechtssystem erscheint deutschen Unternehmern oft intransparent und nicht sehr über­sichtlich. Das erwähnte „Omnibus-Gesetz" erleichtert jedoch den Zugang zu den indonesischen Behörden und strafft die Rahmenbedingungen für ausländische Direktinvestitionen, was eine Verbesserung gegenüber den bisherigen Investitionsgesetzen und -vorschriften darstellt. So können beispielsweise die erforderlichen Registrierungs- und Genehmigungsverfahren nun digital über das OSS-Portal (Online Single Submission) abgewickelt werden, wodurch sich die Bearbeitungszeiten inzwischen deutlich verkürzt haben. Unternehmen können nun in bestimmten Fällen in weniger als einem Monat gegründet werden. Dies ist im regionalen Vergleich zwar nur durchschnittlich, stellt aber eine deutliche Verbesserung dar. 
  
Beschränkungen für ausländische Investitionen ergeben sich in einigen Sektoren aufgrund von Vorschriften, die bestimmte Geschäftsbereiche für Ausländer einschränken, um das nationale Interesse und die einheimische Wirtschaft zu schützen. Herausforderungen für die Geschäftspraxis ergeben sich auch aus den bislang geltenden restriktiven Arbeitsgesetzen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die geänderten Regelungen, insbe​­sondere im Investitionsrecht und deren Ausführungsbestimmungen in Verbindung mit den Verwaltungs­verfahren in der Praxis auswirken werden. Eine gewisse Vereinfachung ist aber bereits spürbar.
  
Obwohl jedes Jahr ein ständiger Zustrom von Hochschulabsolventen auf den indonesischen Arbeitsmarkt zu verzeichnen ist, ist der für ausländische Investoren relevante Talentpool begrenzt. Die meisten Hochschul­absolventen haben nicht im Ausland gelebt oder studiert, was bedeutet, dass das Niveau der Englisch­kenntnisse und die internationalen Erfahrungen innerhalb dieser Gruppe sehr unterschiedlich sind. Generell müssen ausländische Investoren damit rechnen, dass sie erhebliche Ressourcen und Zeit für die Ausbildung und Entwicklung ihrer jeweiligen Arbeitskräfte aufwenden müssen. 
  
In den letzten Jahren hat Indonesien seine Einfuhrbeschränkungen und nicht-tarifären Handelshemmnisse in einigen Bereichen ausgebaut. Am 18. Juli 2016 wurde die Aufnahme von Verhandlungen über ein Freihandel­sabkommen zwischen der EU und Indonesien angekündigt, welches unter anderem auf den Abbau von Handelshemmnissen abzielt. Im September 2022 vereinbarten die Europäische Kommission und Indonesien, die Verhandlungen über dieses Freihandelsabkommen zu beschleunigen und bis Mitte 2024 abzuschließen. Dieser Zeitplan ist anspruchsvoll, da bestimmte Streitigkeiten zwischen der EU und Indonesien im Zusammenhang mit der Palmölindustrie, einem der wichtigsten landwirtschaftlichen Sektoren in Indonesien, sowie dem indonesischen Verbot und der Anforderung der inländischen Verarbeitung von Nickel noch nicht gelöst sind.
  

Indonesien hat im Februar 2024 einen neuen Präsidenten gewählt. Was bedeutet die neue Regierung für das wirtschaftliche Umfeld in Indonesien und welche Chancen sehen Sie für ausländische Investoren?​​

Am 14. Februar 2024 hat das indonesische Volk den zukünftigen Präsidenten des Landes gewählt. Prabowo Subianto erreichte eine solide Mehrheit von 58,6 Prozent der abgegebenen Stimmen und wird sein Amt im Oktober 2024 antreten. Die genaue Zusammensetzung der neuen Regierung ist noch nicht bekannt. Auch die Mehrheitsverhältnisse im indonesischen Repräsentantenhaus sind unklar, da acht politische Parteien das Recht haben, ihre jeweiligen gewählten Kandidaten in das Repräsentantenhaus zu entsenden. Es wird allgemein erwartet, dass die wichtigsten politischen Akteure in Indonesien in den nächsten Monaten damit beschäftigt sein werden, neue Allianzen und Mehrheiten auszuhandeln. Dennoch gilt das Mandat des designierten Präsidenten Prabowo auch aufgrund der (impliziten) Unterstützung des derzeitigen Präsidenten Joko Widodo als robust. 
   
Die (internationalen) Unternehmen gehen davon aus, dass der Regierungswechsel das allgemeine (rechtliche) Umfeld für ausländische Direktinvestitionen in Indonesien nicht wesentlich verändern wird. Wirtschafts​­wachstum, ein besseres Sozialversicherungssystem und Investitionen in den Infrastruktursektor dürften weiterhin Priorität haben. Der Verteidigungssektor könnte von der neuen Regierung mehr Aufmerksamkeit erhalten, da der designierte Präsident Prabowo Subianto derzeit Verteidigungsminister ist und auf eine lange militärische Laufbahn zurückblicken kann. Schließlich dürfte auch der Agrarsektor von neuen Regierungs​­initiativen zur Stärkung der Ernährungssicherheit Indonesiens profitieren.
   

Wie wird sich aus Ihrer Sicht Indonesien weiterentwickeln?

Meiner Ansicht nach wird Indonesien weiterhin ein stabiles und nachhaltiges Wachstum aufweisen. Die von Präsident Joko Widodo und seiner Regierung verfolgte Politik wird von der neuen Regierung des designierten Präsidenten Prabowo Subianto wahrscheinlich nicht wesentlich geändert werden. Das bedeutet, dass Indonesien seine Wirtschaft weiterhin für ausländische Direktinvestitionen öffnen wird, allerdings in seinem eigenen Tempo und mit gewissen protektionistischen Elementen. Ich glaube nicht, dass das notwendige Investitionsvolumen/die notwendige Mindestkapitalisierung von (mindestens) 10 Mrd. IDR (d.h. ca. 580.000 Euro) in absehbarer Zeit gesenkt werden wird, da die indonesische Regierung nicht die Absicht zeigt, kleinen Unternehmen den Zugang zum indonesischen Markt zu ermöglichen. 
  
Es bleibt abzuwarten, inwieweit und in welchem Tempo die neue Regierung bestimmte Bereiche in Angriff nehmen wird, die als Hindernisse für ein noch größeres Wachstumspotenzial angesehen werden. Meines Erachtens sollte die Weiterbildung der Arbeitskräfte Priorität haben, um den bestehenden Mangel an quali­fizierten Arbeitskräften zu verringern. Darüber hinaus müssten die bestehenden Diskrepanzen zwischen Jakarta (Java) und den anderen Regionen in Bezug auf die Qualität der Infrastruktur, die Einkommensgleichheit und die Chancen für die junge Bevölkerung angemessen angegangen werden. 

Kontakt

Contact Person Picture

Markus Schlüter

Rechtsanwalt

Partner

+49 221 9499 093 42

Anfrage senden

Profil

Contact Person Picture

Tom Pagels

Associate Partner

+62 21 5056 0405

Anfrage senden

Unternehmer­briefing

Kein Themen­special verpas­sen mit unserem Newsletter!

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu