Aktuelle Herausforderungen bei der Bewertung von Energieunternehmen

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veröffentlicht am 16. Dezember 2020 | Lesedauer ca. 2 Minuten


Die Energie­welt wandelt sich rasant. Klassische Energie­versorgungs­unter­nehmen müssen sich mit einem enormen Tempo zu modernen Energie­dienst­leistern ent­wickeln. Die Anwendung von ertrags­basierten Bewertungs­verfahren für Energie­ver­sorgungs­unternehmen in einem sich schnell verändernden Markt­umfeld ist in der Praxis weitaus komplexer, als es die Theorie vermuten lässt. Wert­ermittlungen in der Energie­wirtschaft konfrontieren den Be­werter mit einer Viel­zahl an spezifischen Bewertungs­heraus­forderungen.


Die Geschäftsmodelle von Energieversorgungsunternehmen befinden sich sowohl in Deutschland als auch international in einem tiefgreifenden Veränderungsprozess. Der Klimawandel treibt den Umbau des Erzeugungsportfolios voran – weg von fossilen Brennstoffen hin zu regenerativen Energiequellen.

Durch die Einspeisung von volatilen, regenerativen Energien steigt die Komplexität des Energiemarktes. Damit geht einher, dass der reine Vertrieb der „Commodities” Strom und Gas kein dauerhaft eigenständiges, tragfähiges Geschäftsmodell sein wird. Vielmehr bedarf es flankierender Energiedienstleistungen, die den Kunden künftig nicht mehr nur als Konsument verstehen, sondern gleichzeitig auch als Produzenten („Prosumer”).

Der Aufbau von Know-how und die Produktentwicklung für neue Technologien wie Elektromobilität und Speichersysteme, erfordern personelle und finanzielle Ressourcen. Gleichzeitig verändert die zunehmende Digitalisierung die Prozesse nach innen und außen. In den regulierten Netzen werden in vielen Ländern aufgrund des Niedrigzinsumfelds die Margen zunehmend knapper - bei gleichzeitig steigendem Investitions­bedarf.

All diese Entwicklungen haben unmittelbaren Einfluss auf den Unternehmenswert von Energieversorgungs­unter­nehmen. Noch in der ersten Dekade der 2000er Jahre waren die Cashflows von Energieversorgungs­unternehmen von einem hohen Maß an Stabilität und somit Planbarkeit geprägt. Aufgrund der oben skizzierten Entwicklungen ist die Beständigkeit einem hohen Maß an Unsicherheit gewichen.

Bei der Unternehmensbewertung muss daher besonderes Augenmerk auf die Planung der künftigen Erlöse, Aufwendungen und Investitionen gelegt werden. Das gilt für alle Wertschöpfungsstufen und -aktivitäten. Um der Unsicherheit bei der Unternehmensplanung adäquat zu begegnen, empfiehlt sich die Ableitung potenzieller Entwicklungsszenarien, die im Folgendem zu einem „Erwartet”- Szenario verdichtet werden können.

Aber nicht nur die Cashflow Planung bedarf einer intensiven Analyse, sondern auch die Ableitung der Kapital­kosten (Diskontierungszinssatz) erfordert eine gründliche Analyse. Augenscheinlich wird das Erfordernis an der regulierten Netzsparte. Aufgrund des anhaltenden Niedrigzinsumfelds sind die regulatorischen Zinssätze (sowohl in Deutschland als auch international) gesunken. In Deutschland hat die Regulierungsbehörde aktuell eine Marktrisikoprämie von 3,80 Prozent für den kalkulatorischen Eigenkapitalzins festgelegt. Gleichzeitig liegt die Empfehlung des Instituts der Wirtschaftsprüfer für die Marktrisikoprämie für die Unternehmensbewertung bei einer Spanne von 6 bis 8 Prozent.

Um eine Abwertung der Energienetze zu vermeiden, bedarf es daher einer konsistenten Abstimmung von Zähler (Cashflows, regulatorischer Eigenkapitalzins) und Nenner (Diskontierungszins) im mittel- und langfristigen Planungszeitraum. Gleichzeitig muss bei der Bewertung von integrierten Energieversorgungsunternehmen sichergestellt werden, dass auch die Wertbeiträge der weiteren Geschäftsfelder, die im Vergleich zum Netz­geschäft tendenziell mit höheren Risiken verbunden sind (z.B. Energieerzeugung und Energievertrieb) angemessen berücksichtigt werden. Als zusätzliche Herausforderung gestaltet sich zunehmend auch die Planung und Bewertung neuer Geschäftsfelder. Die neuen Aktivitäten besitzen Start-up Charakter und sind gekennzeichnet durch vergleichsweise hohe Risiken und somit signifikante Prognoseunsicherheiten im Hinblick auf die künftige Entwicklung von Ergebnisbeiträgen.


Fazit

Insgesamt erfordert die Bewertung von Energieversorgungsunternehmen ein vertieftes Verständnis des Energiesektors, insbesondere der politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen, in Verbindung mit einer hohen bewertungstechnischen Methodenkompetenz. Nur so können sachgerechte Unternehmenswerte für Energieversorgungsunternehmen im nationalen und internationalen Umfeld bestimmt werden.

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