Neue Regelungsschwerpunkte und Anpassungen im Hinblick auf grenzüberschreitende Umwandlungen

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veröffentlicht am 19. Juli 2023 | Lesedauer ca. 4 Minuten

 

Die durch das Gesetz zur Umsetzung der Umsetzungsrichtlinie (UmRUG) neu bzw. erstmalig kodifizierten grenzüberschreitenden Umwandlungsmaßnahmen werden innerhalb des Umwandlungsgesetzes (UmwG) in einem neu eingefügten Sechsten Buch verankert. 

 

   

      Nach den Vorgaben der europarechtlich veranlassten umfassenden Novellierung des Umwandlungsrechts sollen nicht nur grenzüberschreitende Umwandlungen erweitert und einem rechtssicheren und europaweit kompa­tiblen Rahmen zugeführt, sondern darüber hinaus auch die Rechte von Anteilseignern, Gläubigern und Arbeit­nehmern gestärkt und die Kontrollmöglichkeiten der Registergerichte erweitert werden. Aus Sicht der Unter­nehmen ist hierbei besonderes Augenmerk auf die folgenden Aspekte zu legen:

       

      Schutz der Stakeholder bei grenzüberschreitenden Umwandlungen

1. Schutz der Anteilseigner

Der Schutz der Anteilseigner soll durch verschiedene in der umgesetzten Richtline enthaltene Maßnahmen sichergestellt werden. Im Einzelnen:
  • Sofern es durch eine grenzüberschreitende Umwandlung für die Anteilseigner zu einem Rechtswechsel kommt, steht den Anteilseignern nun bei allen Formen der grenzüberschreitenden Umwandlung ein Austritts­recht gegen Barabfindung zu. Das Barabfindungsangebot setzt einen Widerspruch des Anteilsinhabers gegen den Verschmelzungsbeschluss voraus und steht unter dem Vorbehalt des Wirksamwerdens der Umwandlung. Bei Annahme des Barabfindungsangebotes führt das Wirksamwerden der Umwandlung von Gesetzes wegen zum Ausscheiden des Anteilseigners aus der übertragendem (inländischen) Gesellschaft, mit der Folge dass der jeweilige Gesellschafter bei grenzüberschreitenden Umwandlungen nicht gegen seinen Willen Gesell­schafter der Zielgesellschaft wird.
  • Sowohl bei nationalen als auch bei grenzüberschreitenden Umwandlungen besteht künftig nicht nur für die Anteilsinhaber des übertragenden, sondern auch für die Anteilsinhaber des übernehmenden Rechtsträgers ein Anspruch auf Verbesserung des Umtauschverhältnisses. Handelt es sich bei der ausgleichspflichtigen Gesellschaft dabei um eine AG, KGaA oder SE, kann die im Spruchverfahren festzusetzende Verbesserung des Umtauschverhältnisses statt durch bare Zuzahlung auch durch die Gewährung zusätzlicher Aktien erfüllt und somit auf Ebene der ausgleichspflichtigen Gesellschaft ein zusätzlicher Liquiditätsabfluss vermieden werden. Diese Möglichkeit muss jedoch bereits im Umwandlungsplan vorgesehen werden.
  • Der Anfechtungsausschluss der Bewertungsrüge wird sowohl bei nationalen als auch bei internationalen Verschmelzungen und Spaltungen (mit Ausnahme der Ausgliederung) auf die Anteilseigner des über­nehmenden Rechtsträgers erweitert, mit der Folge, dass auch diese im Hinblick auf die Bewertungsrüge zur Prüfung des Umtauschverhältnisses auf das Spruchverfahren verwiesen werden. Die Tatsache, dass der jeweilige Umwandlungsvorgang nicht mehr mit der Bewertungsrüge angefochten werden kann dürfte dazu führen, dass Verhinderungen oder Verzögerungen des Umwandlungsvorganges vermieden und damit eine Beschleunigung des Verfahrens erzielt werden kann.


2. Schutz der Gläubiger

  • Gläubiger eines aus Deutschland herausumwandelnden Rechtsträgers (Verschmelzung, Spaltung und Form­wechsel) können unter bestimmten Voraussetzungen für im Zeitpunkt der Bekanntmachung des Umwand­lungsplans oder seines Entwurfs bereits entstandene, jedoch noch nicht fällige Forderungen, Sicherheits­leistung beanspruchen, wenn die Erfüllung der jeweligen Forderung durch die Umwandlung gefährdet wird. Dabei müssen die Gläubiger der Gesellschaft ihren Anspruch auf Sicherheitsleistung zukünftig innerhalb der gesetzlichen Frist von drei Monaten ab Bekanntmachung des Vorhabens im Register gerichtlich geltend machen. Vor Ablauf dieser Frist sowie im Falle eines Verfahrens über die Geltend­machung von Sicherheits­leistungen vor dessen Abschluss, darf der zugrundeliegende Umwandungsvorgang nicht im Register einge­tragen werden. Diese Novellierung birgt grundsätzlich eine entsprechende Verlängerung der Dauer grenz­über­schrei­tender Umwandlungsmaßnahmen. Jedoch wird es sich in denjenigen Fällen, in welchen aufgrund einer Gefährdung der Gläubigerforderungen eine Registersperre zum Tragen kommt um wenige Aus­nah­mefälle handeln. Dennoch ist dieser Umstand bereits bei der Planung der entsprechenden Umwandlungs­maßnahmen zu berücksichtigen. Örtlich ausschließlich zuständiges Gericht für Streitigkeiten über den Anspruch auf Sicherheitsleistung ist nunmehr im Interesse der Verfahrenskonzentration das (Amts- oder Land-)Gericht, in dessen Bezirk das für die Erteilung der Vorabbescheinigung zuständige Registergericht sitzt.
  • Bei grenzüberschreitenden Spaltungen ist die gesamtschuldnerische wechselseitige Nachhaftung der beteiligten Rechtsträger für die ihnen jeweils nicht zugewiesenen Verbindlichkeiten des übertragenden Rechtsträgers vor der Spaltung (gesamtschuldnerische Ausfallhaftung) auf das ihnen jeweils zugeteilte Nettoaktivvermögen beschränkt.

3. Registergerichtliches Verfahren und Missbrauchskontrolle

  • Die Kommunikation der beteiligten Handelsregister bzw. zuständigen ausländischen Stellen wird unionsweit digital über das Business Registers Interconnection System (BRIS) erfolgen, was eine gewisse Steigerung der Bearbeitungsdauer erwarten lässt. Im selben Zuge wird auch die Vorabbescheinigung betreffend der jewei­ligen innerstaatlichen Voraussetzungen einer Umwandlungsvorganges nunmehr von Amts wegen ausgestellt.
  • Neu ist auch die für alle grenzüberschreitenden Umwandlungsmaßnahmen vorgesehene allgemeine (mate­riell­-rechtliche) Missbrauchsprüfung durch das deutsche Registergericht bzw. die zuständige ausländische Stelle im Rahmen der Ausstellung der Vorabbescheinigung. Bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte ist zu prüfen, ob die grenzüberschreitende Umwandlung zu missbräuchlichen oder betrügerischen Zwecken, die dazu führen oder führen sollen, sich Unionsrecht oder nationalem Recht zu entziehen oder es zu umgehen, oder zu kriminellen Zwecken vorgenommen werden soll. Stellt das Registergericht eine derartige Zweck­setzung fest, hat es die Eintragung der Umwandlung abzulehnen. Die im Zuge des UmRUG neu in das UmwG eingefügten Bestimmungen nennen dabei nicht abschließend folgende, eine Prüfpflicht auslösende Anhalts­punkte für das Vorliegen eines Missbrauchs:
    • die Einleitung eines durchzuführenden Arbeitnehmerbeteiligungsverfahrens erfolgt erst nach gerichtlicher Aufforderung;
    • die Zahl der Arbeitnehmer eines der beteiligten Rechtsträger beträgt mindestens 4/5 des für die Unternehmensmitbestimmung maßgeblichen Schwellenwerts, im Zielland wird keine Wertschöpfung erbracht und der Verwaltungssitz verbleibt in Deutschland; oder
    • die ausländische Gesellschaft wird durch die grenzüberschreitende Umwandlung Schuldnerin von Betriebsrenten oder -anwartschaften und über kein anderweitiges operatives Geschäft verfügen wird. 
  
Unberührt hiervon bleibt die Pflicht der Registergerichte zur Amtsermittlung, entsprechend können durch das Registergericht auch weitere für bzw. gegen einen Missbrauchsfall sprechende Anhaltspunkte Berück­sich­tigung finden. Im Zusammenhang mit der Durchführung einer Missbrauchsprüfung durch das Registergericht kann es wiederum zu einer Verlängerung der Dauer des Umwandlungsvorganges kommen, so kann das Gericht die für das Registerverfahren vorgesehene dreimonatige Höchstdauer um weitere drei Monate verlängern. Dem Registergericht wurde in diesem Zuge zudem die Möglichkeit eingeräumt, im Rahmen der Missbrauchsprüfung die in den jeweiligen Unternehmen vertretenen Gewerkschaften anzuhören soweit dies für die Prüfung erfor­derlich ist. Diese Neuerung ist nicht als Einführung eines Mitwirkungsrecht der Gewerkschaften im Register­verfahren zu verstehen, das Registergericht kann vielmehr nach eigenem Ermessen entscheiden, ob eine Anhörung sachdienlich ist. Die Regelung der Missbrauchsprüfung ist lediglich auf die Verhinderung miss­bräuch­licher Ausnahmefälle angelegt, sich durch diese Prüfung ergebende Verzögerungen werden damit ebenfalls nur in Ausnahmefällen zu erwarten sein. 


Flankierende mitbestimmungsrechtliche Regelungen

Ergänzt werden die vorgenannten gesellschaftsrechtlichen Regelungen zu den grenzüberschreitenden Umwan­dlungen im Hinblick auf die Unternehmensmitbestimmung durch flankierende mitbestimmungsrechtliche Rege­lungen. So erfahren Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer und mitbestimmungsrechtliche Aspekte durch das im Zuge des UmRUG ebenfalls neu erlassene, bereits zum 31. Januar 2023 in Kraft getretene „Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung“ (MgFSG) eine gesetzliche Regelung. Im selben Zuge wurde auch das bereits vor dem Inkrafttreten des UmRUG bereits bestehende „Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenz­über­schrei­tenden Verschmelzung“ (MgVG) entsprechend angepasst.


Fazit

Ob die stärkere Standardisierung der grenzüberschreitenden Umwandlungsmaßnahmen zu einer Verschlankung der Umwandlungsvorgänge führen oder das mit der neu gewonnenen Rechtssicherheit auch einhergehende zeitliche Einsparungspotential von dem mit den neu geregelten Mechanismen zum Gesellschafter- und Gläubigerschutz sowie zur Missbrauchskontrolle einhergehenden Zeitaufwand letztendlich aufgezehrt werden wird, bleibt abzuwarten.

Unverändert bedürfen grenzüberschreitende Umwandlungsmaßnahmen aufgrund der erforderlichen Ab­stimm­ung und Koordination der Umsetzungsschritte sowie der Pflicht zur Einhaltung diverser Fristen dabei sorg­fäl­tiger und vorausschauender Planung. Unternehmen bleibt daher im Interesse einer möglichst reibungslosen und erfolgreichen Umsetzung grenzüberschreitender Umwandlungsvorgänge die ausreichend rechtzeitige Befassung mit der Thematik angeraten.
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