Bewertung der Nachhaltigkeit: ESG-Ratings – was steckt dahinter?

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veröffentlicht am 17. November 2023 | Lesedauer ca. 4 Minuten

Nachhaltigkeit ist präsenter denn je, eine wachsende Zahl an Unternehmen verpflich­ten sich zu nachhaltigeren Geschäftspraktiken, die von einer Reduzierung des CO2-Ausstoßes bis zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter reichen. Doch was nachhaltig ist und was nicht, ist aus der Außenperspektive schwer erkenn­bar. Es können unterschiedliche Nachhaltigkeitsstandards, wie die ESRS, GRI, DNK und EU-Taxonomie herangezogen werden, um die eigene Nachhaltigkeitsleistung zu bestimmen. Doch auch Nachhaltigkeitsratingagenturen können bei der Einordnung verschiedener Unternehmen unterstützen.




Externe Ratingagenturen bewerten Unternehmen anhand von ESG-relevanten Kennzahlen, Risiko- und Leis­tungsindikatoren, wie Emissionen in Luft, Boden und Gewässer, die adäquate Behandlung von Mitarbeitern und nachhaltigen Geschäftspraktiken. Diese richten sich an eine Vielzahl von Stakeholdern, werden aktuell aber hauptsächlich von Investoren und Fondsmanagern genutzt, da auch im Kontext des Finanzmarktes immer stärker auf ökologische, soziale und unternehmenspolitische Aspekte geachtet wird.  
Nachhaltigkeitsratings können von Unternehmen und Stakeholdern genutzt werden, um eine Einordnung im Markt zu erreichen. Da es verschiedene Nachhaltigkeitsratinganbieter und Methoden der Rating-Erstellung gibt, werden die unterschiedlichen Varianten im Folgenden näher beleuchtet.  

 

Wie unterscheiden sich die Ratings untereinander?

Die Methoden zur Erstellung von ESG-Ratings variieren je nach Anbieter stark und sind somit nur schwer mit­einander vergleichbar. Der erste Unterschied liegt in der Beauftragung der Ratings. Es gibt Ratings, welche von Unternehmen beauftragt und bezahlt werden, und solche, die nicht durch Unternehmen beauftragt wurden, sondern auf Grundlage bestimmter Kriterien die Unternehmen auswählen, die sie bewerten. Bei beauftragten Ratings liegt der Vorteil darin, dass auch interne Informationen bewertet werden können, zu denen die Öffent­lichkeit keinen Zugriff hat. Bei unbeauftragten Ratings hingegen besteht das Problem der fehlenden Informa­tionsvielfalt, da nur öffentliche Quellen genutzt werden können. Eine Mischung ergibt sich durch kooperative Ratings, welche nicht beauftragt und somit auch nicht bezahlt werden. Sie funktionieren nur, wenn das Unter­nehmen mit der Ratingagentur kooperiert und diese internen Quellen zur Verfügung stellt.  

Auch bei der Analyse und den Bewertungsprozessen bestehen Unterschiede. Letztere können dabei etwa von Algorithmen ausgeführt oder rein manuell vorgenommen werden. Als Datenquellen dienen dazu beispielsweise von Unternehmen eigens erstellte Nachhaltigkeitsberichte, Nachrichten bzw. besondere Vorkommnisse, exter­ne sowie gegebenenfalls auch interne Berichte.  

 

Einblicke in ESG-Ratingagenturen 

Auch in der EU sind die großen Unterschiede der Methoden der Ratingagenturen und die damit einhergehende Intransparenz bekannt. Besonders soll die Qualität und Zuverlässigkeit der Ratings durch eine Zulassung und Beaufsichtigung durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) sichergestellt werden. 

Da der ESG-Ratingmarkt durch eine hohe Dynamik und Komplexität geprägt ist, stellt die internationale Repu­tation der Rating-Agenturen ein wichtiges Kriterium für Investoren dar. International sowie EU-weit gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Ratingagenturen. Folgende drei Ratingagenturen besitzen den größten Marktanteil:  
  • Morgan Stanley Capital International (MSCI) 
  • Sustainalytics 
  • Institutional Shareholder Services (ISS) 
     
MSCI bewertet Unternehmen hauptsächlich hinsichtlich seiner ESG-Risiken und wie gut diese im Vergleich zu Wettbewerbern gehandhabt werden. Die Klassifizierung wird dabei in „AAA-AA” – „LEADER”, „A-BB” – „AVERAGE” und „B-CCC” – „LAGGARD” unterteilt. 

Sustainalytics konzentriert sich bei der Bewertung von Unternehmen auf die Abwägung finanzieller Risiken. Dabei wird zwischen verschiedenen Kategorien unterschieden: „Manageable Risk” und „Unmanageable Risk”. Das „Manageable Risk” wird zudem weiter heruntergebrochen und in „Managed Risk” und die „Management Gap” unterteilt. Die „Management Gap” ist dadurch gekennzeichnet, dass es sich um Risiken handelt, die man steuern könnte, die jedoch noch nicht gesteuert werden. Zusammen mit dem „Unmanageable Risk” ergibt sich das „Unmanaged Risk”, also das Risiko, welches nicht gesteuert wird. Auf diesem basiert das finale ESG Risk Rating. 

Institutional Shareholder Services (ISS) wendet eine große Bandbreite von etwa 100 Rating-Kriterien an, wozu u.a. Umweltmanagement, Strategie für den Klimawandel oder Menschenrechte gehören. Das Bewertungs­system erfolgt dabei in alphabetischer Reihenfolge von „A+” bis „D-”. ISS bewertet dabei nicht nur Unterneh­men zu ihren Nachhaltigkeitsanstrengungen, sondern stellt sich auch als Beratungsunternehmen und Proxy zur Verfügung. Hierdurch übt es Stimmrechte für große Hedgefunds und Mutual Funds aus und berät diese unter anderem auch zu unterschiedlichsten Nachhaltigkeitsthemen (Stimmrechtsberater). 

Des Weiteren ist auch ecovadis ein weit verbreitetes Nachhaltigkeitsrating, welches vor allem im Mittelstand verwendet wird. Ecovadis ist eine Plattform, die Unternehmen dabei unterstützt, ihre Nachhaltigkeitsleistung zu bewerten und zu verbessern. Das Rating-System von Ecovadis analysiert verschiedene Aspekte durch einen auf die Branche, Größe und das Land des Unternehmens angepassten Fragebogen. Dabei wird eine Methodik verwendet, welche mit den internationalen Standards übereinstimmt. Unternehmen erhalten auf Grundlage dieser Bewertungen einen Nachhaltigkeits-Score und auf sie zugeschnittene Verbesserungsvorschläge. 
 
 

Ausblick: Herausforderung und Nutzen

Auch wenn die Ratingagenturen verschieden vorgehen, können sich für die bewerteten Unternehmen einheit­liche Nutzen ergeben. Positive ESG-Ratings können genutzt werden, um einen besseren Zugang zu Green-Finance-Märkten zu erhalten. ESG-Ratings bilden die Grundlage für grüne Finanzierungsinstrumente wie Green Bonds und Sustainability-linked Loans. Auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die normalerweise nicht ohne Eigeninitiative auf Bonität und Nachhaltigkeit geprüft werden, können sich durch ESG-Ratings positiv von Wettbewerbern abheben und so unter Umständen von besseren Konditionen bei der Kreditvergabe profitieren. Auch Investoren achten immer stärker auf potenzielle Nachhaltigkeitsrisiken und lassen Nachhaltigkeits­aspekte bzw. positive ESG-Ratings in ihre Investmententscheidungen mit einfließen. 
 
Des Weiteren können durch detaillierte ESG-Ratings interne Nachhaltigkeitsprozesse evaluiert und somit Nachhaltigkeitsrisiken zielgerichtet vermindert werden. Ein weiterer Vorteil ist die glaubwürdigere Kommuni­kation der eigenen Nachhaltigkeitsanstrengungen gegenüber unterschiedlichsten Stakeholdern. Außerdem können ESG-Ratings von Unternehmen genutzt werden, um sich einen Überblick über die Konkurrenz zu verschaffen und sich selbst im Markt einzuordnen.  
 
ESG-Ratings sollten, auch da sie sich hauptsächlich an Investoren richten, von Unternehmen ernst genommen werden. Aufgrund der Intransparenz der Bewertungsweisen unterschiedlicher Ratingagenturen kann es bei Unternehmen mit geringer Datenverfügbarkeit im Bereich der Nachhaltigkeitsanstrengungen zu gemischten Bewertungen kommen. Die EU befasst sich bereits damit, die Ratings transparenter zu gestalten und somit auch deren Nutzung zu erleichtern. Daher sollten die Bewertungen verschiedener Ratinganbieter herangezogen werden, um eine aktuelle Markteinordnung besser vornehmen zu können.

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