WIND + SONNE = STROM: Trends und Entwicklungen im Stromsektor

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veröffentlicht am 14. Februar 2024


Die aktuelle politische Landschaft im Kontext des Stromsektors ist durch eine hohe Dynamik geprägt. Es werden Gesetzesentwürfe und Strategien ausgearbeitet und regulatorische Rahmenbedingungen angepasst, um einen beschleunigten Erneuerbaren-Energien-Ausbau und ein funktionierendes Stromsystem zu gewährleisten. Das deutsche Ziel im Kontext des Stromsektors ist dabei nicht weniger als 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs im Jahr 2030 aus Erneuerbaren Energien stammt.Der folgende Artikel soll einen kurzen Überblick über die Neuigkeiten im Kontext des Stromsektors mit dem Schwerpunkt auf Photovoltaik (PV) und Wind in Deutschland geben (Stand 31.01.24) und wird in jeder Ausgabe der E|nEws aktualisiert.


Zum Jahreswechsel hat das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesystem ISE auf Basis der Daten der Plattform energy-charts.info eine Übersicht der Energieträger an der öffentlichen Nettostromerzeugung für das Jahr 2023 veröffentlicht (vgl. Abbildung 1). Nach deren Auswertung haben erneuerbare Energien an der öffentlichen Nettostromerzeugung mit einem Anteil von fast 60 Prozent (ca. 260 TWh) einen neuen Höchstwert erreicht.Der Windenergie kommt mit einem Anteil von 32 Prozent (ca. 140 TWh) an der öffentlichen Nettostromerzeugung eine bedeutende Rolle zu. Die Stromproduktion aus Stein- und Braunkohle hat hingegen stark abgenommen. Während der PV-Zubau im vergangenen Jahr mit über 14 GW das politische Ausbauziel übertroffen hat, blieb der Windenergieausbau hinter den Ausbauplänen zurück.3
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Abbildung 1: Öffentliche Nettostromerzeugung in Deutschland nach Energieträgern |Eigene Darstellung in Anlehnung an Kreisdiagramme zur Stromerzeugung | Energy-Charts und Daten von Säulendiagramme zur Stromerzeugung | Energy-Charts (Stand: 01.02.2024). Hinweis: In der Darstellung ist nicht der Import-Saldo dargestellt.


Bei den Day-Ahead-Börsenstrompreisen war zwischen den Jahren 2022 und 2023 ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen (vgl. Abbildung 2). Im Jahr 2023 betrug der durchschnittliche Day-Ahead-Börsenstrompreis 95,18 €/MWh, was einer Reduktion von 60 Prozent gegenüber dem Jahr 2022 entspricht (2022: 235,45 €/MWh). Im Januar 2024 lag der durchschnittliche Day-Ahead-Börsenstrompreis bei 76,57 €/MWh.4


Börsenstrompreis Grafik

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Abbildung 2: Monatlicher Börsenstrompreis in Deutschland (Day Ahead Auktion (arithmetisch)) von Januar 2021 bis Januar 2024
Eigene Darstellung mit Daten von Durchschnittliche Börsenstrompreise | Energy-Charts (Stand: 01.02.2024).


Mit dem Jahreswechsel gingen auch verschiedene Änderungen im Kontext des Erneuerbaren-Energie-Gesetzes (EEGs) einher. Gemäß § 49 des EEGs findet im Kontext von PV-Anlagen ab dem 1. Februar 2024 eine halbjährliche Degression der anzulegenden Werte, welche nicht über eine Ausschreibung bestimmt werden, um 1 Prozent im Vergleich zum vorherigen Zeitraum statt.5 Weitere Änderungen betreffen die negative-Stunden-Regelung (§ 51, Abs. 1 EEG), nach welcher man im Jahr 2023 keine Marktprämie erhalten hat, wenn der Spotmarktpreis für einen Zeitraum von mindestens vier aufeinanderfolgenden Stunden negativ war. Diese Regelung verschärft sich insofern, als dass nun bereits bei drei aufeinanderfolgenden Stunden mit negativen Spotmarktpreisen keine Marktprämie ausbezahlt wird.6 


Zudem gilt im Rahmen der Bundesnetzagentur-Ausschreibung für Solaranlagen des ersten Segments für die folgenden Ausschreibungen wieder eine maximale Gebotsmenge in Höhe von 20 MW. Für das Jahr 2023 wurde diese auf 100 MW angehoben.7 Am 14. Dezember 2023 hat die Bundesnetzagentur zudem die Höchstwerte für PV und Wind im Jahr 2024 bekannt gegeben. Diese betragen für die Ausschreibung von Windenergie an Land 7,35 ct/kWh, für Solaranlagen des ersten Segments (Freifläche) 7,37 ct/kWh und für Solaranlagen des zweiten Segments (Aufdach) 10,50 ct/kWh. Ohne diese erneute Bestimmung der Bundesnetzagentur hätten wieder die geringeren Höchstwerte, welche im EEG vorgeschrieben sind, gegolten. Die Bundesnetzagentur begründet Ihre Entscheidung mit den höheren Errichtungs- und Betriebskosten der Anlagen inklusive der höheren Zinskosten im Kontext der Anlagenfinanzierung.8 


Am 31. Januar veröffentlichte die Bundesnetzagentur zudem die Ergebnisse der Ausschreibung von Solaranlagen des ersten Segments vom 1. Dezember 2023. Die Ausschreibung war deutlich überzeichnet: Insgesamt wurden bei einer ausgeschriebenen Menge von 1.611.087 kW eine Gebotsmenge in Höhe von 5.485.335 kW eingereicht. Der durchschnittliche, mengengewichtete Zuschlagswert lag bei 5,17 ct/kWh und somit deutlich unter den der vorherigen beiden Ausschreibungen (März 23: 7,03 ct/kWh; Juli 23: 6,47 ct/kWh).9


Weitere Änderungen im Kontext des EEGs sind auch im sogenannten „Solarpaket I” vorgesehen, das von der Bundesregierung im August 2023 beschlossen wurde und zur Beschleunigung des PV-Ausbaus beitragen soll. Im Dezember letzten Jahres wurde bereits ein Bruchteil des Gesetzentwurfs vom Bundestag angenommen. Die anderen Aspekte des Gesetzesentwurfs sollen nun im Jahr 2024 vom Bundestag beraten werden.10


Im Kontext des Solarpakets und der Stärkung der heimischen PV-Industrie wird in der Öffentlichkeit auch der Vorschlag der Einführung von Resilienzboni und/oder -ausschreibungen diskutiert (vgl. z. B. Stellungnahme Bundesverband Solarwirtschaft oder Stellungnahme Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft). Laut Handelsblatt gingen im Januar erneut europäische PV-Produzenten auf die Bundesregierung zu und forderten die Etablierung eben dieser.11 Erst Mitte Januar hat z. B. der PV-Hersteller Meyer Burger bekannt gegeben, dass sie aufgrund von Verzerrungen auf dem europäischen Markt (durch u. a. den hohen Anstieg der Produktionsüberkapazitäten seitens Chinas) die Einstellung der Modulproduktion in Deutschland planen, und Ihren Fokus auf die US-Produktion setzen wollen. Die finale Entscheidung über die Schließung ist jedoch noch ausstehend und abhängig davon, inwiefern Maßnahmen zur Schaffung eines fairen Wettbewerbs seitens der Politik ergriffen werden.12 Bundesminister Robert Habeck betonte Ende Januar im Rahmen eines Interviews mit dem ZDF-Morgenmagazin, dass er sich für den Erhalt der europäischen Produktion einsetze und sprach zudem das zusätzliche Ausschreibungssegment an.13


Die europäische Produktion von klimafreundlichen Technologien (u. a. PV und Windenergie) ist auch auf der Ebene der EU im Rahmen des Net-Zero Industry Act (NZIA) ein Thema. Der NZIA wurde im März 2023 von der Europäischen Kommission eingebracht und verfolgt das Ziel, die EU-Produktion von Technologien, die im Rahmen der Dekarbonisierung wichtig sind, auszubauen und deren Widerstands- und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.14 Da Ende letzten Jahres sowohl das Europäische Parlament als auch der Europäische Rat Ihren Standpunkt in diesem Kontext festgelegt haben, folgen nun die Verhandlungen zwischen den beiden Parteien.15


Im Kontext der vorläufigen Einigung von Rat und Parlament zur Reform der Gestaltung der Elektrizitätsmärkte Mitte Dezember 2023 wurden weitere Fortschritte auf europäischer Ebene erzielt. Die grundlegenden Ziele der Reform bestehen in der Reduktion der Abhängigkeit der Strompreise von schwankenden Preisen für fossile Brennstoffe, im Schutz der Stromverbraucher vor übermäßig hohen Preisen, im schnelleren Erneuerbaren-Energie-Ausbau und in der Verbesserung des Verbraucherschutzes. Ein Schwerpunkt der Reform ist unter anderem die Förderung neuer erneuerbarer Energie-Anlagen durch sogenannte zweiseitige Contracts for Difference (CfD) oder gleichwertige Fördermechanismen. Die vorläufig erzielte Einigung muss in einem nächsten Schritt noch vom Rat und vom Parlament förmlich angenommen werden.16


Zudem hat im Dezember letzten Jahres das Bundesministerium für Wirtschaft und Kilmaschutz (BMWK) eine Stromspeicherstrategie veröffentlicht. Diese zeigt sowohl den aktuellen regulatorischen Rahmen als auch Handlungsfelder auf, um den Markthochlauf von Speichern sowie deren Systemintegration zu fördern. Das weitere Vorgehen im Kontext der Strategie sieht eine Konsultation mit der Branche vor. Entsprechende Stellungnahmen konnten bis Mitte Januar 2024 eingereicht werden.17


Zudem hat das BMWK die „Roadmap Systemstabilität veröffentlicht, welche vor dem Hintergrund des grundlegenden Wandels hin zu einem klimaneutralen Stromsystem einen „[…] Fahrplan zur Erreichung eines sicheren und robusten Systembetriebs mit 100 Prozent Erneuerbaren Energien […]”18 aufzeigt. Die Roadmap wurde am 6. Dezember 2023 von der Bundesregierung verabschiedet.19


Vor dem Hintergrund der bundesweit unterschiedlich hohen anfallenden Verteilnetzkosten bzw. Netzentgelte im Kontext des zunehmenden Ausbaus erneuerbarer Energien, hat die Bundesnetzagentur im Dezember 2023 ein Eckpunktepapier vorgestellt. Das Eckpunktepapier schlägt eine Entlastung von Netzbetreibern mit sehr hohen Kosten aufgrund des Erneuerbaren-Energien-Ausbaus durch eine deutschlandweite Verteilung der Mehrkosten vor. Im dritten Quartal 2024 soll laut Bundesnetzagentur die Regelung im Kontext der Mehrkostenverteilung erlassen werden. Eine Anwendung findet somit frühestens zum Jahresbeginn 2025 statt. Stellungnahmen konnten bis Ende Januar eingereicht werden.20


Die aufgeführten Neuigkeiten machen die politische Dynamik im Stromsektor deutlich. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Strategien und Gesetzesvorhaben z. B. im Kontext des Solarpakets weiter entwickeln und inwiefern sich dadurch die regulatorischen Rahmenbedingungen für zukünftige Erneuerbare-Energie-Projekte verändern. Ein Update über die Entwicklung des Stromsektors folgt in der nächsten E-News-Ausgabe.



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1 Vgl. So läuft der Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland | Bundesregierung (Letzter Zugriff: 01.02.2024).

2 In diesem Kontext ist darauf hinzuweisen, dass die öffentliche Nettostromerzeugung aus erneuerbaren Energien im Jahr 2023 mit ca. 260 TWh bzw. fast 60 % Erneuerbarer-Energien-Anteil einen neuen Höchstwert erreicht hat (2022: ca. 242 TWh bzw. ca. 49,3 % Erneuerbarer-Energien-Anteil), im Jahr 2023 aber auch die öffentliche Nettostromerzeugung insgesamt gesunken ist im Vergleich zum Jahr 2022 (2023: ca. 436 TWh; 2022: ca. 492 TWh) (vgl. Säulendiagramme zur Stromerzeugung | Energy-Charts (Letzter Zugriff: 01.02.2024)).

3 Vgl. Öffentliche Stromerzeugung 2023: Erneuerbarer Energien decken erstmals Großteil des Stromverbrauchs - Fraunhofer ISE (Letzter Zugriff: 26.01.2024), Säulendiagramme zur Stromerzeugung | Energy-Charts (Letzter Zugriff: 01.02.2024) und Bundesnetzagentur - Presse - Zubau Erneuerbarer Energien 2023 (Letzter Zugriff: 26.01.2024).

4 Vgl. Durchschnittliche Börsenstrompreise | Energy-Charts (Letzter Zugriff: 01.02.2024).

5 Vgl. § 49 EEG 2023 - Einzelnorm (gesetze-im-internet.de).

6 Vgl. § 51 EEG 2023 - Einzelnorm (gesetze-im-internet.de).

7 Vgl. Bundesnetzagentur - Ausschreibungsverfahren (Letzter Zugriff: 29.01.2024).

8 Vgl. Bundesnetzagentur - Presse - Festlegung der Höchstwerte für EE-Ausschreibungen (Letzter Zugriff: 29.01.24).

9 Vgl. Bundesnetzagentur - Beendete Ausschreibungen / Statistiken (Letzter Zugriff: 01.02.2024).

10 Vgl. Mehr Photovoltaik mit Solarpaket | Bundesregierung (Letzter Zugriff: 29.01.24) und BMWK - Photovoltaik-Strategie des BMWK (Letzter Zugriff: 29.01.24).

11 Vgl. Solarmodule: Habeck signalisiert Hilfsbereitschaft für Meyer Burger (handelsblatt.com) (Letzter Zugriff: 31.01.24).

12 Vgl. Marktverzerrung in Europa beeinträchtigt Finanzergebnis 2023 – Meyer Burger konzentriert sich auf US-Produktion und bereitet Schliessung der Modulproduktion in Deutschland vor (Letzter Zugriff: 31.01.24).

13 Vgl. Habeck über Kraftwerksstrategie: "Werden uns bald einigen" - ZDFheute (Letzter Zugriff: 31.01.24).

14 Vgl. Netto-Null-Industrie-Verordnung: (europa.eu) (Letzter Zugriff: 31.01.2024).

15 Vgl. Netto-Null-Industrie-Verordnung: Rat legt Standpunkt zur Förderung von Technologien für den grünen Wandel fest - Consilium (europa.eu) (Letzter Zugriff: 31.01.2024).

16 Vgl. Reform der Gestaltung der Elektrizitätsmärkte: Rat und Parlament erzielen Einigung - Consilium (europa.eu) (Letzter Zugriff: 31.01.2024).

17 Vgl. BMWK - Stromspeicher-Strategie des BMWK vorgelegt (Letzter Zugriff: 30.01.2024) und Stromspeicher-Strategie (bmwk.de) (Letzter Zugriff: 30.01.2024).

18 Roadmap Systemstabilität (bmwk.de) (Letzter Zugriff: 30.01.2024).

19 Vgl. BMWK - Roadmap Systemstabilität (Letzter Zugriff: 30.01.2024) und Roadmap Systemstabilität (bmwk.de) (Letzter Zugriff: 30.01.2024).

20 Vgl. Bundesnetzagentur - Verteilung Netzkosten (Letzter Zugriff: 30.01.2024) und Bundesnetzagentur - Presse - Eckpunkte zur gerechteren Verteilung von Netzkosten für den Ausbau der Erneuerbaren (Letzter Zugriff: 30.01.2024).




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Carolin Kühn

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