Das Wachstum der kommerziellen und industriellen Stromabnahmeverträge in Kenia

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Im Februar 2018 kündigte der Kabinettsminister für Energie und Erdöl, Charles Keter, an, dass einer der größten Wasserkraft-Staudämme Kenias wegen des niedrigen Wasserstandes geschlossen werden müsste, wenn die vorherrschende Dürre anhält. Wenn der Damm stillgelegt würde, müsste der Strom mit teureren dieselbetriebenen Wärmekraftwerken oder mit Geothermie erzeugt werden, was zu höheren Energiekosten für die Verbraucher führen würde. Außerdem befürchten Presse und Öffentlichkeit, dass es zu Stromausfällen kommen würde.

 

Die Konsequenzen aus Stromausfällen und steigenden Energiekosten wären ein Albtraum sowohl für den kommerziellen, als auch für den industriellen Sektor, da dadurch auch die Endkosten der Produkte steigen würden. Eine mögliche Lösung, die bereits einige Hersteller nutzen, sind Solaranlagen. Diese können Energie billig und zuverlässig produzieren.

 

Im März 2018 verkündete mit Unilever Tea Kenia einer der größten Teeproduzenten Kenias, dass sie ihre Teefarmen in Kericho mit Solaranlagen ausstatten wollen. Die Solaranlage soll Mitte 2018 in Betrieb genommen werden und 600 kWp produzieren. Dies ist eine bahnbrechende Entwicklung, da es der erste kommerzielle und industrielle („C&I”) Stromabnahmevertrag („PPA”) von Unilever in Afrika sein soll. Im November 2017 gab zudem einer der größten und ältesten Destillateure Kenias, London Distillers Limited, bekannt, dass er mit 924 kW Photovoltaikmodulen von JinkoSolar Holding Co. Ltd. beliefert wurde. Die PV-Dachanlage wird die größte ihrer Art in Ostafrika sein. Im Februar 2017 installierte Krystalline Salt Limited, einer der größten Salzhersteller Ostafrikas, eine 991 kWp Photovoltaik („PV”)-Hybrid-Diesel-Solaranlage, die 1,6 GWh pro Jahr produzieren wird.

 

Diese großen industriellen Projekte deuten darauf hin, dass sich PV-Technologien endlich doch etablieren. Die Technologie ist zu einer verlässlichen und billigen Energiequelle für Akteure aus dem kommerziellen und industriellen Sektor Kenias geworden.

 

Strombezugsverträge

Der Umstieg auf Solarenergie ist vor allem auf die reduzierten Kosten und die steigende Effizienz von PV-Technologien zurückzuführen. Doch trotz der sinkenden Kosten liegen PV-Technologien noch in weiter Ferne für die meisten C&I-Unternehmen in Kenia. Von den drei oben genannten Beispielen hat nur London Distillers Limited seine PV-Anlagen gänzlich gekauft. Die anderen beiden Geschäftsabschlüsse, ähnlich wie die meisten, tendieren dazu, durch irgendeine Form von Finanzierung unterstützt zu werden.

 

Ein Power-Purchase-Agreement („PPA”) ist eine solche Form der Finanzierung. Ein PPA ist ein Langzeitvertrag zwischen einem Verkäufer von nachhaltiger Energie – typischerweise Solarenergie – und einem Nutzer dieser Energie. Im Rahmen dieser Übereinkunft installiert der Verkäufer Energieerzeugungsanlagen, wie zum Beispiel Solarzellen, auf dem Grundstück des Käufers und versorgt damit den Kunden mit Elektrizität zu einem geringeren Preis als es über das nationale Netz mit seinen üblicherweise fixierten Preisen möglich wäre. Dabei berechnet der Verkäufer in der Regel nichts für die Installation und verpflichtet sich zur Instandhaltung während der Vertragslaufzeit. Das ist der Grund, warum diese Art von Übereinkommen als ökonomisch durchführbar gilt.

 

Der Käufer profitiert, da er einerseits billigeren, grünen Strom bezieht und anderseits, weil er keine teuren Investitionen für das Equipment und die Instandhaltung tätigen muss. Um die Barrieren der Ausbreitung von Erneuerbarer Energie zu beseitigen, nutzen die meisten C&I/PV-Akteure PV-Lösungen auf einer PPA-Basis.

 

Ein Akteur aus dem industriellen Bereich, Cross Boundary Energy, hat Afrikas ersten eigenen Fonds für C&I-Anwendungen eingerichtet. Über den Investitionsbereich, Solar Africa, finanziert der Fond C&I-Unternehmen, die nicht die Mittel aufbringen können PV-Lösungen gänzlich zu verwirklichen. Cross Boundary Energy und Solar Africa haben die Mehrzahl an C&I/PV-Projekten in Kenia finanziert, inklusive des vor Kurzem verkündeten Unilever Tea Farm Projekts. Ein weiterer großer Akteur ist Azimuth Power, die ihren Kunden fixierte Preise durch PPAs bieten. Ihre Solargeneratoren sind in Containern gelagert und können an einem einzigen Tag installiert werden. Unter anderem haben sie eine C&I-Lösung für Williamson Tea, eine weitere Größe in Kenias Teeindustrie, mit einer Kapazität von 1.000 kWp realisiert.

 

Faktoren, die die Akzeptanz und Übernahme einschränken

Betrachtet man die positiven Eigenschaften von PPAs, stellt sich die Frage, weshalb nicht mehr C&I-Unternehmen einsteigen.

 

PPAs sind im Wesentlichen langfristige Finanzierungsvereinbarungen, bei denen industrielle Akteure dieselben Sorgen bezüglich der Finanzierung haben, wie in anderen Industrien auch. Aufgrund ihres Charakters werden die Verträge meist überwiegend im Interesse der PV-Lieferanten und –Finanziers entwickelt. Aufgrund der limitierten Anzahl an Projekten und der daraus resultierenden, eingeschränkten Markterfahrung gibt es eine Tendenz zur Überkompensation der bewerteten Risiken und zu unverhältnismäßigen Bedingungen in langwierigen, komplexen Verträgen. Das schreckt einige C&I-Akteure, vor allem die im SME-Sektor ab. Diese bilden die Basis der kenianischen kommerziellen und industriellen Wirtschaft, sind jedoch nicht mit PPA-Verträgen vertraut.

 

Die meisten SMEs würden nicht bereitwillig solche lange Lieferverträge eingehen, wie sie bei PPAs der Fall sind. Ein typisches PPA dauert zwischen 10 und 20 Jahren. Angesichts der ungewissen eigenen Zukunft, scheint ein 10- bis 20-jähriges Engagement ein unmögliches Unterfangen zu sein. Viele SMEs können durch Cashflow-Probleme ihre eigene langfristige finanzielle Stabilität nicht vorhersehen und haben dadurch nicht die Möglichkeit, die monatlichen oder vierteljährlichen Zahlungen des PPAs zu tätigen. Da sie in den meisten Fällen kurzfristige gewerbliche Mieter sind, ist die Dauer des Verbleibs in den Geschäftsräumen unbeständig. Für die Stromerzeuger und Finanziers ist solch ein Kunde zu riskant für ein Vertragsverhältnis. Sie präferieren eher risikoärmere, langzeitetablierte C&I-Unternehmen wie die oben genannten.
 
Die regulatorische Belastung für diejenigen, die sich im Bereich der Erneuerbaren Energien in Kenia engagieren wollen, kann ebenfalls überwältigend sein. Die in Teil III des Energiegesetzes (das „Gesetz”) enthaltenen Compliance-Anforderungen variieren je nach Technologie, Kapazität, Standort, Verwendungszweck der Anlage und ob die Anlage ans Netz angeschlossen ist oder nicht. Die Verantwortung für die Einhaltung der Bestimmungen des Gesetzes liegt bei der gemäß § 4 des Gesetzes eingesetzten Energieregulierungskommission („ERC”).

 

Sektion 27 des Gesetzes beinhaltet, dass Lizenzen und Genehmigungen notwendig für den Import oder Export, die Übertragung oder Verteilung und die Versorgung der Verbraucher mit Elektrizität sind. Lizenzen sind dann notwendig, wenn die Kapazität des Vorhabens 3.000 kW übersteigt und Genehmigungen für Projekte mit weniger als 3.000 kW. Der Betreib ohne Genehmigung ist eine Straftat im Sinne des Gesetzes.

 

Um solch eine Lizenz oder Genehmigung zu erhalten, muss eine Bewerbung an die ERC vorgelegt werden, die eine Interessenbekundung und eine detaillierte Machbarkeitsstudie für das Projekt enthält. Nach der Bestätigung ist der Antragsteller verpflichtet, eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu tätigen und den Bericht der National Environment Management Authority („NEMA”) vorzulegen. Abhängig vom Standort der Anlage und der geplanten Technologie muss der Antragsteller weitere Genehmigungen von anderen staatlichen Stellen einholen, z.B. eine Wasserentnahmegenehmigung der Wasserwirtschaftsbehörde für geothermische Anlagen und eine Genehmigung der Zivilluftfahrtbehörde, insbesondere wenn Windkraftanlagen geplant sind. Falls geplant ist, eine Verbindung zum Netz herzustellen, muss ein Feed-in-Tarif basierendes PPA mit dem lizenzierten Abnehmer, der Kenya Power and Lighting Company, über eine Einspeisevergütung verhandelt werden, um sicherzustellen, dass die Vereinbarung im Interesse des Endverbrauchers ist. Außerdem bewirbt sich der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt noch auf eine Energieerzeugungsgenehmigung, bevor er die Genehmigung der lokalen Regierung erhält.

 

Der Prozess ist langwierig, komplex und kostspielig, da in jeder Phase Experten notwendig sind. Obwohl in einem PPA dieser Prozess vor allem die Angelegenheit des Verkäufers ist, werden die verbundenen Kosten in der Regel auf den Käufer übertragen.
 
Die ERC überwacht genauestens den Markt und seine Teilnehmer auf Einhaltung. Kürzlich, im März 2018, führte die ERC eine Razzia gegen den Mini-Netzbetreiber Dream Green Power (K) Ltd. in seinem Werk auf Remba Island in Homa Bay County durch. Dabei wurde ein Mitarbeiter verhaftet, da er ein Stromerzeugungs- und – verteilungsunternehmen ohne Genehmigung betrieben hat. Die Anlage wurde vom Netz getrennt und der verhaftete Angestellte wurde vor Gericht angeklagt.

 

Um das Wachstum auf dem C&I/PPA-Markt voranzutreiben, muss es zu einer starken Vereinfachung der Compliance-Anforderungen kommen. Möglicherweise sollte eine vollständige Deregulierung für Off-Grid-PPA-Antragsteller mit einer Kapazität von z.B. unter 1.000 kW in Betracht gezogen werden. Momentan besteht die Möglichkeit im Rahmen der Energy Bill 2017 die Anforderungen zu überarbeiten und das Gesetz von 2006 zu ersetzen. Der Gesetzesentwurf liegt derzeit Kenias Nationalversammlung zur Betrachtung vor. In seinem jetzigen Stand würde das Gesetz die Genehmigungsanforderungen beibehalten, es wird jedoch erwartet, dass die Akteure dieser Branche sich in dieser Frage stark machen werden, spätestens wenn die Nationalversammlung den Entwurf der Öffentlichkeit zur Beteiligung vorlegt. Vonseiten der Regierung ist Widerstand zu erwarten, da diese befürchtet, dass unabhängige, private Stromproduktion zu einer geringen Nachfrage bei den öffentlichen Versorgungsunternehmen führt, was gleichbedeutend mit geringeren Einnahmen für den Staat  wäre und einen Rückgang an Arbeitsplätzen für Kenianer zur Folge haben könnte.

 

Fazit

Erneuerbare Energien sind die Zukunft der Energieproduktion auf der ganzen Welt. Es ist erfreulich zu sehen, dass Kenias C&I-Sektor grünen Strom befürwortet und dadurch ein wichtiges Zeichen für umweltfreundliche, nachhaltige Energieproduktion bei der Herstellung von Gütern setzt. Durch die sinkenden Kosten der Technologie ist zu hoffen, dass mehr C&I-Akteure einsteigen werden. C&I-Projekte wie Cross Boundary Energy müssen die angebrachte Anerkennung bekommen, denn durch diese Art von Finanzierung, die sie durch PPAs bereitstellen, können wir heute und in Zukunft von den Vorteilen der Erneuerbaren Energien profitieren. Dabei sind vereinfachte Genehmigungsprozesse und Deregulierung für Stromerzeugung im kleinen Maße notwendig, um den Markt zugänglicher und effektiver für alle zu gestalten.

 

 

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