Erneuerbare Energien in Indien: ein Zukunftsmarkt mit Potenzial

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von Michael Wekezer
 
Die Erneuerbaren Energien verzeichnen in Indien einen enormen Wachstumsschub, der den immensen Nachholbedarf aber nur teilweise decken kann. Wegen seiner günstigen geografischen Lage, der Größe des Marktes und nicht zuletzt auch wegen der vorhandenen Förderprogramme bietet das Land eine interessante Alternative für den gut vorbereiteten Investor.
 

Das indische Energieszenario: erhebliches Potenzial für Erneuerbare Energien

Indien ist mit etwa 1,3 Milliarden Einwohnern die größte Demokratie der Welt. Das prognostizierte Wirtschaftswachstum für das Jahr 2015 übertrifft mit mehr als 8 Prozent deutlich die Aussichten für China. Der Schlüssel zum nachhaltigen Wirtschaftswachstum ist und bleibt die Infrastruktur, insbesondere die Energieversorgung. Die Nachfrage nach Elektrizität wird in den nächsten Jahren also weiter steigen und es ist zu erwarten, dass der Bedarf allein in den nächsten zwölf Jahren um das Zweieinhalbfache zunimmt. Indien hat das Potenzial, bis zum Jahr 2035 der weltweit größte Verbraucher von elektrischer Energie zu werden.
 
Momentan ist Indien einer der größten Importeure von Kohle. Zudem decken Importe von Rohöl und Gas mehr als 25 Prozent des primären Energiebedarfs. Auf der anderen Seite sind die in dem riesigen Land verfügbaren Quellen an Erneuerbaren Energien noch vielfach ungenutzt. Schon allein deswegen hat Indien hinsichtlich Erneuerbarer Energien noch erhebliches Potenzial.
 
Nach den Zahlen, die die Unionsregierung in Delhi im Dezember 2014 vorgestellt hat, entfallen von der momentan in Indien installierten Gesamtleistung von 271 GW lediglich etwa 33 GW auf die Erneuerbaren Energien. Am weitesten entwickelt ist die Windkraft ist mit fast 23 GW installierter Kapazität, gefolgt von sog. „kleiner Wasserkraft”, Bagasse (meist KWK) und Solarenergie. Die Solarenergie hat sich in den letzten Jahren am dynamischsten entwickelt und legte von wenigen MW im Jahr 2010 auf über 3,7 GW im Jahr 2013 zu.
 



Vor einigen Monaten hat die Regierung sogar die Zielvorgabe von 100 GW Solarstrom ausgerufen. Im Vergleich mit anderen Ländern wird der erhebliche Nachholbedarf deutlich: In Deutschland sind inzwischen Windenergieanlagen an Land und auf See mit einer Leistung von über 34 GW am Netz, in China sind es mittlerweile über 114 GW. Bei der Solarenergie wuchs die neu installierte Kapazität in Deutschland alleine im Jahr 2013 trotz Markteinbruch um rund 3,5 GW.
 

Der indische Markt

Windenergie, sog. „kleine Wasserkraft”, Biomasse und Solarenergie sind bereits vielerorts mit den Endkundenpreisen für Strom wettbewerbsfähig. Obwohl sich gerade die Preise für Solarstrom deutlich verringert haben, bleibt die Solarenergie mit 9 Rupien pro Kilowattstunde weiterhin die teuerste Energiequelle (etwa 0,13 €/kWh). Daher sind die staatlichen Förderungen bei der Solarenergie noch am höchsten. Erneuerbare Energien haben besonders in Gegenden, die bisher keinen Netzanschluss aufweisen oder in denen die Stromversorgung aus dem Netz sehr unzuverlässig ist, einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Strom aus großen Kohle-, Gas-, Kern- oder Wasserkraftwerken.
 
Bis die Erneuerbaren Energien mit Kohlestrom wettbewerbsfähig sind, wird es sicher noch einige Jahre dauern. Da jedoch der indische Energiemarkt an einer chronischen Unterversorgung leidet, die die Regierung mit dem Ausbau aller Energiequellen (erneuerbar, thermisch und nuklear) in den Griff zu bekommen versucht, ist der beste Vergleichswert nicht der durchschnittlich 3 Rupien pro Kilowattstunde (0,04 €/kWh) günstige Kohlestrom, sondern der dezentral produzierte Strom aus Dieselgeneratoren mit einem Preis von 15 Rupien pro Kilowattstunde (0,20 €/kWh). Im Lichte dieser Rahmenbedingungen und auch der Tatsache, dass die Unionsregierung von Premierminister Modi die bestehenden Subventionen für Strom und Diesel allmählich abbaut, ist von einer zunehmenden Wettbewerbsfähigkeit der Erneuerbaren Energien in Indien auszugehen.
 
Mittelfristig ist daher zu erwarten, dass sich Indien von einem regulierten Markt für Erneuerbare Energien, der von Subventionen abhängt, zu einem freien Markt entwickelt, der von der Nachfrage nach Energie zu wettbewerbsfähigen Preisen lebt. Indien ist auf dem Weg, sich zum weltweit größten Markt für Erneuerbare Energien zu entwickeln.
 

Ausgewählte Förderinstrumente

Indien verfügt über eine beinahe unüberschaubare Vielzahl von Förderinstrumenten, die die Unionsregierung in Delhi wie auch einzelne Bundesstaaten anbieten. Die öffentliche Hand in Indien versucht primär die Nachfrageseite des Marktes zu stärken. Zusätzlich existieren aber auch Einspeisetarife und direkte Subventionen. Eine kleine Auswahl:
 
​Maßnahme ​Beschreibung Förderer​ ​Geförderter Bereich​
„Renewable Purchase Obligations” (RPO) ​Verpflichtung der Netzbetreiber zum Kauf von Energie aus erneuerbaren Quellen (dies soll die Nachfrage stärken und so den Marktpreis anheben) ​Union, Karnataka Kerala, West Bengal, Tamil Nadu ​Alle – in Tamil Nadu nur Solar
​„Renewable Energy Certificates” (REC) Erzeuger von erneuerbarem Strom erhalten RECs, die dann frei gehandelt und zur Erfüllung der RPOs eingesetzt werden können​ ​Union, Rajasthan u.a. Alle – teilweise auch spezifische Anforderungen an Solarstrom​
Einspeisetarife​ ​Staatliche Garantie der Abnahmepreise, z.T. mit jährlicher Steigerung über öffentlich zugängliche PPAs ​Tamil Nadu, Gujarat ​Solar
Beschleunigte Abschreibung ​ ​Bis zu 80%ige Abschreibung der Investitionsgüter ​Union ​Solar, Wind
Befreiung von der Einkommensteuer​ Zehnjährige Einkommensteuerbefreiung für Projektentwickler​ ​Union, Maharashtra Solar, Wind (geplant)​
Direkte Zuschüsse​ 30%iger Zuschuss im Hinblick auf Errichtungskosten von Kleinanlagen (vor allem „Off-Grid”-Bereich)​ Union​ Solar, Wasser​
Subventionierte Darlehen Verbilligte Darlehen (verzinst mit 5 bis 7%) für die Errichtung von Solarparks​ Union​ Solar​
 

Chancen für deutsche Unternehmen

Chancen für deutsche Unternehmen liegen vor allem in der Größe des indischen Marktes und der Tatsache, dass die Erneuerbaren Energien in Indien noch eine vergleichbar junge Branche bilden. Vielfach verfügen einheimische Unternehmen (noch) nicht über ausgereiftes technisches Know-how, das für die effiziente Errichtung und den zuverlässigen Betrieb von Anlagen erforderlich ist. Gegenwärtig steht insbesondere die Solarbranche im Rampenlicht, nachdem die Unionsregierung vor wenigen Monaten die Zielvorgabe „100 GW Zubau bis 2022” ausgerufen hat.
 
Zugleich lässt sich nicht verbergen, dass Indien kein ganz einfacher Markt ist. Das ist eine allgemeingültige Feststellung und beschränkt sich nicht auf die Branche der Erneuerbaren Energien. Eine gute Vorbereitung des Markteintritts ist daher kein Luxus, sondern eine grundlegende Voraussetzung. Sie beinhaltet neben der Zusammenstellung der einschlägigen Förderinstrumente auch die Auseinandersetzung mit praktischen Fragestellungen wie:
  • Identifizierung von Standorten mit existierenden Projekten (die örtliche Verwaltung wird mit den einschlägigen Genehmigungsverfahren vertraut sein),
  • mögliche Auswahl eines indischen Partners (wird möglicherweise den Umgang mit der „indischen Realität” erleichtern),
  • Beauftragung eines Beraters, der sowohl die gesetzlichen Rahmenbedingungen als auch die indische Praxis kennt.
 
Gut vorbereitete Investoren, die die genannten Voraussetzungen beachten, finden im indischen Markt eine sehr interessante Alternative.
 
zuletzt aktualisiert am 24.09.2015

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