Gasmangellage 2023/24 – Wie die Bundesnetzagentur bei Unternehmen eingreifen kann

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​​​veröffentlicht am 27. Juli 2023

 

Im vergangenen Winter konnte die Gasversorgung ohne Unterbrechungen und Abschaltungen aufrechterhalten werden. Die Gefahr von Versorgungsengpässen ist aber nicht gebannt: Die Alarmstufe des Notfallplans Gas gilt unverändert fort. Die Bundesnetzagentur hat jetzt auch darüber informiert, wie steuernde Eingriffe durch Verfügungen im Falle einer Gasmangellage konkret aussehen würden. Für Unternehmen mit entsprechendem Gasverbrauch gibt es die Möglichkeit eines Poolings, mit dem Nachteile bei einer verfügten Verbrauchsreduzierung verringert werden können.

 

Die Zahlen stimmen positiv: Laut BNetzA sind die Gasflüsse nach Deutschland stabil und ausgeglichen. Um die Gasversorgung für den kommenden Winter 2023/24 zu sichern, muss bis zum 01.09. ein Speicherfüllstand von 75 % erreicht werden. Das Speicherziel wurde bereits im Juni erreicht. Bei Redaktionsschluss betrug der mitgeteilte Speicherfüllstand rund 84,8 %. Der Gasverbrauch lag in der 28. Kalenderwoche 25,2 % unter dem durchschnittlichen Verbrauch der Jahre 2018 bis 2021.

 

Dennoch ist die Gefahr noch längst nicht vorbei. Die BNetzA bezeichnet die Vorbereitung auf den Winter 2023/2024 als eine „zentrale Herausforderung". Die Alarmstufe des Notfallplans Gas gilt seit Juni 2022 unverändert fort. Was Unternehmen bei Eintritt der Notfallstufe – der höchsten Stufe – konkret passieren kann, ist in den vergangenen Wochen deutlicher geworden.

Kommt es zur Notfallstufe, kann der „Bundeslastverteiler" (die BNetzA) verschiedene Maßnahmen abwägen, um eine Engpasszone im Gasnetz aufzulösen. Die jeweiligen Entscheidungen werden in Form von Verfügungen gegenüber unterschiedlichen Zielgruppen erlassen. So können beispielsweise Letztverbraucher oder Bilanzkreisverantwortliche von solchen Notfallmaßnahmen betroffen sein. Auch ein Nebeneinander verschiedener Verfügungen ist möglich.

 

Eine zentrale Rolle spielen dabei Individualverfügungen, die sich an einzelne Endverbraucher richten. Die BNetzA ist mit Hilfe der Sicherheitsplattform Gas zu einer einzelnen Betrachtung der auf der Plattform mit einer Marktlokation registrierten Endverbraucher in der Lage.

Gegenstand dieser „ratierlichen" Individualverfügungen ist es,  den Gasbezug an einer konkreten Marktlokation für einen konkreten Gastag auf einen bestimmten Leistungswert in MWh/h zu reduzieren. Hierzu wird in der Verfügung eine Begrenzung des Gasbezugs auf einen Tagesmittelwert in MWh/h festgelegt. Diese Verpflichtung kann zudem durch verschiedene Sonderregelungen ergänzt werden.

 

Betroffen von ratierlichen Individualverfügungen können nur Endverbraucher (insbesondere Unternehmen) sein, die mit einer entsprechenden Marktlokation auf der Sicherheitsplattform Gas registriert sind. Endverbraucher sind Anschlussnutzer von Marktlokationen mit einer technischen Anschlusskapazität in Höhe von mindestens 10 Megawattstunden pro Stunde. Von der ratierlichen Individualverfügung in jedem Fall nicht betroffen sind daher Verbraucher mit standardisierten Lastprofilen (SLP-Kunden). Zudem werden Marktlokationen, über die Haushaltskunden versorgt werden, insoweit nicht zu einer Gasbezugsreduktion verpflichtet.

 

Aus Sicht von Unternehmen kann zur Vermeidung von Nachteilen ein unternehmensinternes Pooling sinnvoll sein. Dazu können sich Endverbraucher auf der Sicherheitsplattform Gas mit Marktlokationen registrieren, die eine geringere technische Anschlusskapazität als 10 Megawattstunden pro Stunde aufweisen. Voraussetzung ist, dass diese Endverbraucher bereits mindestens eine Marktlokation mit einer technischen Anschlusskapazität in Höhe von mindestens 10 Megawattstunden pro Stunde auf der Plattform registriert haben. Sodann können mehrere Marktlokationen eines Endverbrauchers bezüglich der zu reduzierenden Gasmenge gemeinsam betrachtet – also gepoolt – werden. Über die Sicherheitsplattform Gas kann der Endverbraucher dann die von ihm präferierte Reduzierungsreihenfolge auswählen. Im Fall eines regional begrenzten Engpasses wird das Pooling nur für Ausspeisepunkte an Marktlokationen in der physischen Engpasszone erlaubt. Ein überregionales Pooling ist nicht vorgesehen.

 

Marktlokationen, die sog. besonders schützenswerte Produktionsbereiche mit Gas versorgen, sind generell von einer Reduktionspflicht ausgenommen. Dies sind nach jetzigem Stand 36 Produktionsbereiche, die in Anlage 2 des Entwurfs der Ratierlichen Allgemeinverfügung vom 23.06.2023 genannt sind. Zu diesen zählen u.a. Energieversorgung und verbundene Dienstleistungen, IT-Dienstleistungen, Präzisionsinstrumente, Mineralölverarbeitung, Molkereiprodukte und Zuckererzeugung.

 

Sofern eine ratierliche Individualverfügung erlassen wird, ist sie sofort vollziehbar und gilt mit der Absendung als bekanntgegeben. Bei Nichtbefolgung kann ein Zwangsgeld durch Zustellung per E-Mail angedroht werden. Zuwiderhandlungen können gemäß § 15 Energiesicherungsgesetz (EnSiG) mit einer Geldbuße oder, in Fällen beharrlicher oder schwerwiegender Zuwiderhandlungen, mit Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe geahndet werden.

 

Mittlerweile hat sich also seitens der BNetzA bei der Planung von „Drosselungsverfügungen" oder „Abschaltverfügungen" viel getan. Gerade weil die Alarmstufe unverändert fortbesteht, sollten Unternehmen die Zeit im Sommer nutzen, sich mit drohenden Maßnahmen im Winter und Möglichkeiten der Risikoverminderung vertraut zu machen.

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Lukas Kostrach

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