Die Gaspreisbremse für Unternehmen

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​veröffentlicht am 26. Januar 2023

 

Die Energiekrise und ihre gravierenden Auswirkungen sind nach wie vor präsent. Nicht nur die privaten Haushalte haben mit diesen zu kämpfen, sondern vor allem die energieintensive Industrie. Um Privathaushalte und Unternehmen von den stark gestiegenen Energiekosten zu entlasten, sind am 24. Dezember 2022 das Gesetz zur Einführung von Preisbremsen für leitungsgebundenes Erdgas und Wärme und zur Änderung weiterer Vorschriften (Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz – EWPBG) (BGBl. I 2022 S. 2560) sowie das Gesetz zur Einführung einer Strompreisbremse (StromPBG) in Kraft getreten. Die Gaspreisbremse wirkt zum 01. Januar 2023 und bis mindestens zum 31. Dezember 2023. Wir geben einen ersten Überblick zu den neuen Regelungen und was akut zu tun ist.

 

I. Kategorien von Letztverbrauchern


Das EWPBG definiert verschiedene Kategorien des Letztverbrauchers. Insbesondere wird bei den Entlastungen zwischen zwei Gruppen differenziert – Letztverbrauchern mit begrenztem Verbrauch, Wohnraumvermietung und sozialen Einrichtungen (Gruppe 1) sowie solchen mit hohem Verbrauch (Gruppe 2).


1. Gruppe 1: Private Haushalte und KMU

 

  • Kleine und mittlere Unternehmen mit einem jährlichen Verbrauch von weniger als 1,5 Mio. kWh Gas bzw. Wärme an ihrer Entnahmestelle oder
  • leitungsgebundenes Erdgas weit überwiegend im Zusammenhang mit der Vermietung von Wohnraum bezieht oder
  •  eine zugelassene Pflege-, Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (nicht aber zugelassenes Krankenhaus) oder eine staatliche, staatlich anerkannte oder gemeinnützige Einrichtung des Bildungs-, Wissenschafts- und Forschungsbereichs.


Private Haushalte und KMU erhalten für 80 % ihres im September 2022 prognostizierten Jahresverbrauchs einen festen Brutto-Arbeitspreis von 12 ct/kWh für Gas bzw. 9,5 ct/kWh für Wärme, inklusive aller staatlich induzierten Preisbestandteile und Steuern. Für jegliche Verbrauchsmengen oberhalb dieses Basiskontingents gilt der vertraglich vereinbarte Arbeitspreis.


2. Gruppe 2: Industrie- / Grosskunden

 

  • Großverbraucher, die im Wege einer registrierenden Leistungsmessung beliefert werden und deren Jahresverbrauch pro Entnahmestelle bei mehr als 1,5 Mio. kWh liegt,
  • sowie zugelassene Krankenhäuser.


Industrie-/ Großkunden erhalten für 70 % ihres historischen Gas- oder Wärmeverbrauchs von 2021 einen festen Preis von 7 ct/kWh bei Gas bzw. von 7,5 ct/kWh bei Wärme. Allerdings gilt dabei ein Netto-Arbeitspreis vor den staatlich veranlassten Preisbestandteilen.

 

II. Entlastungssumme und Höchstgrenzen


Für Unternehmen bestehen bestimmte absolute und relative Höchstgrenzen der Entlastungssumme, die nicht überschritten werden dürfen. Die Systematik aus absoluten und relativen Höchstgrenzen ergibt sich aus den Anforderungen des europäischen Beihilferechts.


Ist ein Unternehmen besonders von den hohen Energiepreisen betroffen, einer bestimmten Branche zugeordnet und energieintensiv, kann es – je nach Abstufung – eine Entlastungssumme bis zur absoluten Höchstgrenze von 150 Mio. Euro, 100 Mio. Euro oder 50 Mio. Euro in Anspruch nehmen. Die absolute Entlastungssumme darf jedoch 80 Prozent, 40 Prozent oder 65 Prozent der nachgewiesenen krisenbedingten Mehrkosten nicht übersteigen. Die krisenbedingten Energiemehrkosten gemäß § 2 Nr. 6 EWPBG sind von dem Unternehmen zur Bestimmung der Höchstgrenze zu ermitteln.


Neben der krisenbedingten Energiemehrkosten hat das Unternehmen bei der Geltendmachung der Entlastungssumme ihr EBITDA (definiert in § 18 Absatz 7 EWPBG) zu beachten und nachzuweisen.
Die absoluten Höchstgrenzen gelten dabei konzernbezogen – für das letztverbrauchende Unternehmen also inklusive sämtlicher verbundener Unternehmen. Hinsichtlich des Begriffs „verbundenes Unternehmen“ verweist § 2 Nr. 16 EWPBG dabei auf die Definition aus EU-Beihilferecht. Insoweit sind Unternehmen in der Pflicht, sorgfältig zu prüfen, ob ihnen Entlastungssummen von anderen Konzerngesellschaften zuzurechnen sind.


Weitestgehend „voraussetzungslos“ haben Unternehmen die Möglichkeit 50 Prozent ihrer krisenbedingten Energiemehrkosten bis zur absoluten Höhe von 4 Mio. Euro oder bis zu 100 Prozent ihrer krisenbedingten Energiemehrkosten bis zur Höhe von 2 Mio. Euro als Entlastungssumme zu erhalten.


Hinweis: Mit der Geltendmachung der vorgenannten Höchstgrenzen sind zum Teil erweiterte Nachweis- und Mitteilungspflichten sowie Testierpflichten verbunden.

 

III. Selbsterklärung bis zum 31. März 2023


Übersteigt der Entlastungsbetrag an sämtlichen Entnahmestellen eines Unternehmens 150.000 Euro in einem Monat, so hat das Unternehmen gemäß § 22 Absatz 1 EWPBG bis zum 31. März 2023 eine Mitteilung gegenüber dem Gaslieferanten hinsichtlich der voraussichtlich anwendbaren Höchstgrenzen abzugeben. Als Frist zur Mitteilung der tatsächlich einschlägigen Höchstgrenzen wurde im ursprünglichen Gesetzentwurf der 31. Dezember 2024 genannt. Diese Frist wurde nunmehr vorverlegt auf den 31. Mai 2024.
Die tatsächlich einschlägigen Höchstgrenzen werden mittels eines Antragsverfahrens festgestellt. Die Einzelheiten zu diesem Antragsverfahren werden in einer Verordnung geregelt sein, die die Bundesregierung bis März 2023 vorlegen soll.


Ein Verstoß gegen die Mitteilungspflichten gemäß § 22 Absatz 1 S. 1 Nr. 2 EWPBG stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Je nach Verstoß droht nach Maßgabe des § 38 EWPBG eine empfindliche Geldbuße in Höhe von bis zu 500 TEUR oder von bis zu 4 Prozent des Gesamtumsatzes.


Hinweis: Unternehmen sollten sich unverzüglich mit den Höchstgrenzen vertraut machen, da sie großen Einfluss auf die zustehende Entlastungssumme haben. Zudem sind - je nach Entlastungsbetrag pro Monat und gesamt - kurzfristig zu erfüllende Meldepflichten und Auflagen verbunden.

 

IV. Arbeitsplatzerhaltungspflicht


Sofern Unternehmen auf der Grundlage des EWPBG Entlastungen von insgesamt über 2 Mio. Euro beziehen, ist die Entlastung an einen Arbeitsplatzerhalt bis zum 30. April 2025 gekoppelt gemäß § 29 Absatz 1 EWPBG. Unternehmen, die eine solche Arbeitsplatzerhaltungspflicht nicht eingehen möchten, können nach dem EWPBG nur eine Entlastung von maximal 2 Mio. Euro beanspruchen. Bei verbundenen Unternehmen gilt die Obergrenze jeweils für die einzelnen Unternehmen (BT-Drs. 20/4683, S. 92). Abweichend von den anderen Vorschriften des Gesetzes erfolgt keine Konzernbetrachtung. Es wird also jedes Konzernunternehmen mit bis zu 2 Mio. Euro gefördert, auch wenn keines der Konzernunternehmen sich zum Arbeitsplatzerhalt verpflichtet.


Unternehmen müssen der Prüfbehörde ihre Verpflichtung zur Arbeitsplatzerhaltung – unabhängig davon, ob über Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder die verpflichtende Selbsterklärung – bis zum 15. Juli 2023 vorlegen (vgl. § 29 Absatz 2 EWPBG). Sofern sie keinen Nachweis erbringen, können sie höchstens eine Entlastung von bis zu 2 Mio. Euro erhalten.


Sollten Unternehmen bis Juli 2023 höhere Entlastungsbeiträge erhalten, ohne den erforderlichen Nachweis zu erbringen, sind sie zur Rückzahlung der zu viel erhaltenen Entlastung (Summe über 2 Mio. Euro) verpflichtet.

 

V. Boni- und Dividendenverbot


Erhält ein Unternehmen Entlastungen bzw. Förderungen über 25 Mio. Euro, so ist damit nach § 29a EWPBG das Verbot verbunden, den Geschäftsführern im Zeitraum vom 1. Dezember 2022 bis zum 31. Dezember 2023 zusätzliche Boni zu gewähren. Ab einer Entlastungssumme von 50 Mio. Euro dürfen gar keine Boni und auch keine Dividenden oder sonstigen Gewinnausschüttungen geleistet werden. Unternehmen steht es frei zu erklären, dass sie keine Förderung über 25 Mio. Euro in Anspruch nehmen werden. Dann sind sie von dem Bonus- und Dividendenverbot befreit.


Dabei betrifft das Boni-Verbot sowohl die Mitglieder der Geschäftsleitung als auch die Mitglieder von gesellschaftsrechtlichen Aufsichtsorganen (Aufsichtsrat).

 

VI. Deckelung der Grundvergütung der Geschäftsführer


Weiterhin wird die Grundvergütung der Geschäftsführer nach § 29a Absatz 3 EWPBG auf den Stand vor dem 01. Dezember 2022 eingefroren und darf nicht erhöht werden, es sei denn zum Inflationsausgleich. Bei nach dem 01. Dezember 2022 neu eingestellten Geschäftsführern darf die Grundvergütung vergleichbarer Geschäftsführer nicht überschritten werden.


Unternehmen sind nun gefragt, sorgfältig zu rechnen und abzuwägen, welche Kosten für Erdgas anfallen und welche Förderungen möglich sind. Weiterhin ist der akute Handlungsbedarf zu ermitteln, erweiterte Mitteilungs- und Nachweispflichten sind fristgerecht zu erfüllen.


Wir unterstützen Sie umfassend bei Ihrem Beratungsbedarf im Zusammenhang mit der Gaspreisbremse. Insbesondere können wir Sie bei dem Verfahren zur Feststellung der Entlastungssummen und Höchstgrenzen interdisziplinär begleiten.


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Lukas Kostrach

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