Mit der Regelenergievermarktung Zusatzerlöse generieren

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Eigene Erzeugungskapazitäten bieten neben Autarkie und Kostensenkungspotenzial auch die Möglichkeit, durch die Vermarktung von Regelenergie zusätzliche Erlöse zu generieren.
 
In der zunehmend von dezentraler, volatiler Erzeugung wie Photovoltaik und Windkraft geprägten Energielandschaft ist zur Erhaltung der Netzfrequenz die Verfügbarkeit von ausreichender Regelenergiekapazität unverzichtbar. Die deutschen Übertragungsnetzbetreiber müssen hierfür positive (zuschaltbare Erzeuger bzw. abschaltbare Verbraucher) und negative (zuschaltbare Verbraucher bzw. abschaltbare Erzeuger) Regelenergiekapazitäten mit unterschiedlicher Reaktionsgeschwindigkeit vorhalten. Um dieser Anforderung nachzukommen, beschaffen die Übertragungsnetzbetreiber für die sogenannte Primärregelreserve, die Sekundärregelreserve und die Minutenreserve benötigte Kapazitäten über regelmäßige Ausschreibungen.
 
Quelle: Studie Regelleistungskonzepte/-markt CONSENTEC 2014
 
Unternehmen, die über regelbare Erzeugungsanlagen, etwa Notstromaggregate, Blockheizkraftwerke oder Speicher verfügen, können durch das Zurverfügungstellen dieser Leistung einen Erlös generieren. Die Vermarktung der Regelenergie erfolgt in der Praxis regelmäßig über Energieversorger oder entsprechend spezialisierte Dienstleister, die einen Pool aus mehreren schaltbaren Anlagen verwalten und die Regelleistung im Wege der Auktion im Markt anbieten.
 
Will man mit seinem Unternehmen an der Regelenergievermarktung teilnehmen, so ist hierfür in einem ersten Schritt die so genannte Präqualifikation der angebotenen Kapazität erforderlich. In einem standardisierten Verfahren müssen die Anbieter nach einem erfolgten Abruf in der vorgegebenen Zeit die angebotene Leistung zur Verfügung stellen und aufrechterhalten. Es muss sichergestellt sein, dass die Leistung verlässlich abrufbar ist und nicht weitere Betriebsvorgaben, wie zum Beispiel der eigene Energiebedarf, dem entgegenstehen.
 

Primärregelenergieleistung

Die primäre Regelenergie wird hier nur der Vollständigkeit halber kurz erwähnt, da der Bedarf relativ gering ist und darüber hinaus hohe Anforderungen an die Reaktionszeiten und die Präqualifikation bestehen. In diesem Segment bieten in der Regel die Betreiber größerer Kraftwerke oder Großbatteriespeicher Leistungen an – für andere Unternehmen ist die Teilnahme an diesem Marktsegment in der Realität kaum umsetzbar.
 

Sekundärregelleistung

Die Sekundärregelleistung dient der Stabilisierung des Netzes und löst die primäre Regelenergie zeitlich ab. Der Sekundärregelleistungsmarkt ist als einseitige Auktion mit einem Pay-as-Bid-Mechanismus ausgestaltet. Das heißt, der Bieter gibt ein Angebot mit festem Preis ab und erhält bei Zuschlag eben diesen ausgezahlt. In den vergangenen Jahren lag der durchschnittliche mittlere Leistungspreis zwischen 10 und 15 EUR/MW/h für die Bereitstellung negativer Regelenergie und ca. 5 bis 10 EUR/MW/h für die Bereitstellung positiver Regelenergie. Gerade für Unternehmen, die über flexibel steuerbare BHKW-Anlagen verfügen, kann dies ein interessantes Betätigungsfeld darstellen.
 

Minutenreserven

Die Minutenreserve löst die Sekundärregelleistung ab und trägt so ebenfalls dazu bei, die Frequenz im Stromnetz konstant zu halten. Der Markt für Minutenreserven ist wie auch der Markt für die Sekundärregelenergie als einseitige Auktion aufgebaut. Die Auktion findet jeweils am Vortag statt. Da für die Teilnahme eine Mindestleistung von 5 MW erforderlich ist, müssen Anlagen, die einzeln diese Kapazität nicht erreichen, zu einem virtuellen Kraftwerk zusammengefasst werden, um so trotzdem am Markt teilnehmen zu können. Da die in Unternehmen zum Einsatz kommenden Blockheizkraftwerke und Notstromaggregate die erforderliche Größe in der Regel nicht erreichen, bietet sich eine Vermarktung der Minutenreservekapazitäten über einen entsprechenden Dienstleister unter Einbindung in dessen virtuelles Kraftwerk an. Durchschnittlich konnte im Jahr 2013 für die positive Minutenreserve 1 EUR/MW/h erlöst werden, für die negative Minutenreserve ca. 6 EUR/MW/h.
 
​Marktsegment ​Produkt ​Vergütung Handelszeit-raum vor Beginn Markt­struktur Vermarktetes Produkt ​Zeitraum für den verläss­liche Daten vorliegen müssen ​Prozess-aufwand
Sekundärregel­leistung​ Wochenbase, Wochenpeak
pos./neg.
Leistungspreis
Arbeitspreis
​ca. 5 Tage ​einseitige Auktion ​Flexibilität ​ca. 12 Tage in die Zukunft ​niedrig
​Minuten­reserve ​4-h-Bandprodukt Leistungspreis
Arbeitspreis
​38 Stunden ​einseitige Auktion ​Energie ​ca. 2 Tage ​mittel
 

Abschaltbare Lasten

Im Einzelfall besteht darüber hinaus, insbesondere für Unternehmen mit hohem Energiebedarf, die Möglichkeit, als Anbieter von Abschaltleistung nach der Verordnung über Vereinbarungen zu abschaltbaren Lasten (AbLaV) aufzutreten. Abschaltbare Lasten im Sinne der AbLaV sind große Verbrauchseinheiten, die am Hoch- und Höchstspannungsnetz angeschlossen sind, mit großer Leistung (50 MW bis 200 MW) nahezu rund um die Uhr Strom abnehmen und aufgrund der Besonderheiten ihres Produktionsprozesses kurzfristig auf Abruf für eine bestimmte Zeit ihre Verbrauchsleistung reduzieren können. Auch hier führen die Übertragungsnetzbetreiber über die gemeinsame Ausschreibungsplattform Auktionen hinsichtlich der Produkte „Sofort abschaltbare Last” und „Schnell abschaltbare Last” durch. Nach der AbLaV erhalten die Anbieter eine Vergütung für die Bereitstellung der Abschaltleistung für den vereinbarten Monat (Leistungspreis; 2.500 EUR/MW) sowie für jeden Abruf der Abschaltleistung (Arbeitspreis; mindestens 100 EUR/MWh und höchstens 400 EUR/MWh; aktuell ca. 395 EUR/MWh). Potenzielle Anbieter müssen auch hier für die Teilnahme am Vermarktungsprozess eine entsprechende Präqualifikation durchlaufen.
 

Fazit

Mit der Teilnahme am Regelenergiemarkt kann ein nicht unerheblicher Zusatzerlös erwirtschaftet werden. Zu beachten sind jedoch auch die Kosten für die Implementierung entsprechender Steuerungsgeräte und einer Fernwirkeinheit. Die Zusatzerlöse werden beim aktuellen Preisniveau in der Regel ab 100 kW(el) interessant, da dann die Kosten der Nach- bzw. Umrüstung in kurzer Zeit refinanziert werden können.
 
Auch für große schaltbare Verbraucher bietet der Regelenergiemarkt interessante Erlöschancen, hierbei muss jedoch sichergestellt werden, dass durch die Abschaltung keine übermäßigen Zusatzkosten, beispielsweise durch ein erforderliches Wiederanfahren des Produktionsprozesses, auftreten.
 
zuletzt aktualisiert am 11.03.2015

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Benjamin Hufnagel

Wirtschaftsingenieur (B.Eng.), M.A. Europäische Energiewirtschaft

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