EEG-Novelle 2014 nimmt mit Arbeitsentwurf Gestalt an

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Keine 4 Wochen nach dem Beschluss der Bundesregierung zu den Eckpunkten für die Reform des Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG) hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) den ersten Arbeitsentwurf (EEG-AE) für die Novelle des EEG vorgelegt. Das neue EEG soll danach zum 01. August 2014 in Kraft treten. Zwar lässt der Arbeitsentwurf die angekündigten Regelungen zur Einschränkung des Härtefallausgleichs und des Eigenstromprivilegs noch weitgehend offen. Dagegen lässt sich mit der Konkretisierung der vorrangigen Direktvermarktung und den neuen Vergütungsvorschriften der künftige Rechtsrahmen bereits erstmals abschätzen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen für die Windkraft an Land, vor allem an den ertragsärmeren süddeutschen Standorten, sowie kleinere Photovoltaik-Aufdachanlagen (bis 10 kWp) sind nicht so stark wie zunächst erwartet. So können gerade Binnenlandwindvorhaben definitiv mit guter Wirtschaftlichkeit weiterentwickelt werden. Wenn hier die Anlagenbauer auch weiterhin die spezifischen Kosten reduzieren können, ist der Ausbaukorridor entsprechend zu halten. Die Nord- Bundesländer werden sicherlich weiterhin noch versuchen die die Höhe des Ausbaukorridors durch Berücksichtigung der Repowering zu beeinflussen.

 

Trotz der weitgehenden Einschnitte der Biomasseförderung bietet der vereinfachte Kapazitätszuschlag auch neue Chancen. Projekte, die von Anfang an in Ihrer Konzeption auf Flexibilität ausgerichtet sind,  werden selbst hier Aussicht auf Erfolg haben.
Die Photovoltaik wird in Ihrer Förderung grundsätzlich wie bis dato fortgesetzt. Allerdings sind die Regelungen zum Eigenstromprivileg nur dem Eckpunktepapier zu entnehmen. Es besteht viel Hoffnung in der Branche, dass der PV als Effizienztechnologie und direkter Eigenerzeugung nicht die wirtschaftliche Basis entzogen wird.

 

Die kurzfristige Vorlage des Arbeitsentwurfs ist ein wichtiges Zeichen, dass es der Bundesregierung mit ihrem ambitionierten Zeitplan ernst ist. Danach besteht berechtigte Hoffnung, dass das Gesetzgebungsverfahren in einer Rekordzeit abgeschlossen und damit die  für Investitionen erforderliche Rechtssicherheit hergestellt sein wird.

 

Der Vertrauensschutz ist somit auch einer der wichtigsten Kriterien, den die Bundesregierung weiterhin pflegen sollte. Denn sollte das Vertrauen schwinden, werden höhere Kapitalkosten die Erneuerbaren Energien weiter verteuern.

 

 

1. Neue Ausbauziele und technologiespezifische Ausbauhöchstgrenzen

Mit dem Arbeitsentwurf werden neben dem bestehenden Zubaukorridor für Photovoltaik weitere technologiespezifische jährliche Zubauhöchstgrenzen für Windkraft an Land (2.500 MW), Windkraft off-shore (1.250 MW – 1.500 MW), Photovoltaik (2.500 MW) und Biomasse (100 MW) zur Erreichung der Ausbauziele von 40 – 45 % bis zum Jahr 2025, 55 – 60 % bis zum Jahr 2035 und letztendlich mindestens 80 % des Bruttostromverbrauchs bis 2050 festgesetzt.
 

These 1: Die am bisherigen Zuwachs orientierten neuen Zubaukorridore und EE-Ausbauziele sind mit der Verschlechterung der Investitionsbedingungen (verpflichtende Direktvermarktung, Anheben der Degressionsstufen) durch das EEG 2014 voraussichtlich nicht erreichbar. Das Grundproblem hoher EEG-Kosten durch niedrige Strommarktpreise bleibt unberührt.

 
 

2. Geförderte Direktvermarktung als Regelförderung

Das bisherige Regel-Ausnahmeprinzip wird mit der nun vorrangigen Direktvermarktung umgekehrt. Damit wird die geförderte Direktvermarktung zur Regel und die direkte Einspeisevergütung  zur Ausnahme für Kleinanlagen. Der Arbeitsentwurf vereinfacht die Direktvermarktung durch verkürzte Fristen für die Rückkehr zur Einspeisevergütung und den Wechsel des Direktvermarktungsunternehmens. Die anteilige Direktvermarktung wird nicht fortgeführt. Nach wie vor können die Mindererlöse der Vermarktung gegenüber der Einspeisevergütung durch die Marktprämie ausgeglichen werden. Dabei ist die Managementprämie als Aufschlag für den zusätzlichen Vermarktungsaufwand und die Vermarktungsrisiken nicht mehr Teil der Marktprämie, sondern soll durch eine um 0,4 ct/kW (Wind/PV) bzw. 0,2 ct ct/kWh (Steuerbare) erhöhte EEG-Vergütung berücksichtigt werden. Dies entspricht einer Senkung der Managementprämie um 0,2 bzw. 0,025 ct/kWh. Schließlich soll die Steuerungswirkung der Direktvermarktung zur Anreizung einer bedarfsorientierten Erzeugung durch die Fernsteuerbarkeit der Anlagen als Fördervoraussetzung gestärkt werden.
 

These 2: Die geförderte Direktvermarktung setzt für volatile EEG-Erzeugung, insbesondere für Kleinanlagen, keine ausreichenden Anreize für eine bessere Marktintegration und erhöht die Systemkosten. Es sollte vielmehr eine Förderung von Technologie zum Ausgleich der volatilen Einspeisung (z.B. Speicher, Power-to-heat, Power-to-gas, etc.) erfolgen.

 
 

3. Einschränkung der Biomasse-Förderung

Zwar wurden die Vergütungen für Wasserkraft, Deponie-, Klär- und Grubengas, Biomasse sowie Geothermie unter Berücksichtigung der bisherigen Degression und des Vermarktungsaufschlags von 0,2 ct/kW unverändert gelassen.
Die Biomasse ist aber durch den Wegfall der zusätzlichen einsatzstoffbezogenen Vergütung dennoch der Verlierer der Novellierung. Neben dem auf nur 100 MW/a begrenzten Ausbaukorridor werden die Anlagen durch eine Begrenzung der Förderung auf 50 % der installierten Leistung zur Flexibilisierung der Einspeisung gezwungen. Diese wird durch einen Kapazitätszuschlag von 40 €/kW*a gefördert. Durch die Einführung eines regenerativen Inbetriebnahmebegriffs wurde sichergestellt, dass dieses restriktive Förderregime nicht durch die Umstellung gebrauchter KWK-Anlagen auf Biomethan umgangen werden kann. Dabei ist das KWK-Erfordernis für Biogasanlagen (nicht Biomethan-Anlagen) weggefallen.
 

These 3: Diese drastische Reduzierung der Förderung trifft insbesondere hocheffiziente KWK – Biomasseprojekte, welche mit Nahwärmenetzen wesentlich zur regenerativen Wärmenutzung beigetragen haben und steht damit im Widerspruch zu den Ausbauzielen des EEWärmeG.

 
 

4. Geothermie

Auch die Vergütungen für Geothermie unter Berücksichtigung der bisherigen Degression um 5 % ab 2018 und des Vermarktungsaufschlags von 0,2 ct/kW unverändert gelassen. Die Förderung der innovativen petrothermale Technologie wurde ersatzlos gestrichen.
 

These 4: Wie keine andere Technologie benötigt die Tiefengeothermie verlässliche und langfristig sichere Rahmenbedingungen. Dieser Anforderung wird das neue EEG nicht gerecht. Insbesondere die Auktionspflicht neuer Anlagen ab 2018 würde in der vorliegenden Form dafür sorgen, dass keine neuen Projekte mehr auf Basis des EEG entwickelt werden.

 
 

5. Einschränkung der norddeutschen Onshore-Windkraft-Förderung

Für die Windkraft an Land wurde das Referenzertrag-Vergütungssystem durch eine zweite Stufe ergänzt und die Parameter so angepasst, dass Starkwind-Standorte zukünftig geringer, Schwachwind-Standorte dagegen stärker gefördert werden. Hierdurch soll die bisher teilweise bestehende Überförderung ertragsstarker Standorte beseitigt werden, ohne den Zubau vor allem der in der Regel im Binnenland ertragsschwachen Standorten abzuwürgen. Auch die Einbeziehung von den vor allem in Norddeutschland relevanten Repowering-Maßnahmen in die Ausbauhöchstgrenze von maximal 2.500 MW brutto ist danach als Niederlage der norddeutschen Windkraftstandorte zu werten.
 

These 5: Das EEG schafft hier weiterhin die Grundvoraussetzungen für Windparks im Binnenland. Allerdings nur soweit planungsrechtliche Hürden zur Ausweisung von Windkraftstandorten im Binnenland beseitigt werden, wird der geplante Ausbau erreicht werden können.

 
 

6. Zusätzliche Anforderungen für Photovoltaikanlagen

Der Eigenverbrauch von Photovoltaikanlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 10 kW soll mit der EEG-Umlage belastet werden. Zudem müssen nunmehr auch kleine Anlage ab 800 Watt mit technischen Einrichtungen zur Netzsteuerung ausgerüstet werden. Damit Dachanlagen bis zu einer Größe von einem MW mit einem Eigenverbrauchspflichtanteil von mindestens zehn Prozent noch wirtschaftlich zu betreiben sind, soll die Zusatzbelastung des Eigenverbrauchs für diese Anlagen jedoch durch einen Vergütungszuschlag von 0,4 Cent/kWh kompensiert werden. Die Anlagen mit einer Leistung von mehr als 1 MWp sind von jeglicher Kompensation ausgenommen.
 

These 6: Dies ist ein herber Rückschlag für die bereits stark gebeutelte PV – Industrie. Gerade die Einführung der EEG-Umlage auf eigenerzeugten und -verbrauchten Strom nimmt den letzten Vertriebsmodellen, die PV als Effizienztechnologie am Markt platzieren wollen, die Grundlage.

 
 

7. Ausschreibungen für PV Freiflächenanlagen geplant

Spätestens 2017 soll die Förderhöhe von EEG-Strom grundsätzlich über Ausschreibungen ermittelt werden. Dazu sollen erste Erfahrungen durch entsprechende Ausschreibungsverfahren für PV-Freiflächenanlagen gesammelt werden.
 

These 7: Ausschreibungen engen den Markt deutlich ein und grenzen die pluralistische Beteiligung durch dezentrale Strukturen aus. Es werden auf Grund der Skaleneffekte und der deutlich höheren Planungs- und Vorlaufarbeiten sowie Transaktionskosten hierbei nur noch große Unternehmen eine Chance haben.

 
 

8. Einschränkung des Eigenstrom- und Grünstromprivilegs

Zwar ist der Umfang der angekündigten Einschränkungen des Eigenstromprivilegs im Arbeitsentwurf noch offen gelassen worden. Durch eine Vermutungsregelung zur Bilanzkreisbelieferung und einen Auskunftsanspruch zu den bei BAFA und Finanzbehörden regelmäßig vorliegenden Erzeugungsdaten typischer Arealnetzanlagen wurden die Grundlagen für die Verfolgung von Verstößen gegen die EEG-Umlagepflicht bei unechten Eigenstromlieferungen (z.B. in Arealnetzen oder bei Konzernbelieferungen) verbessert.
Neben der nun angekündigten Beschränkung des Eigenstromprivilegs ist das Grünstromprivileg des § 39 EEG 2012 im Arbeitsentwurf bereits ersatzlos gestrichen worden. Damit werden die einzigen Instrumente, die bisher einen wesentlichen Anreiz für die bedarfsgerechte Erzeugung gesetzt haben und durch Verzicht auf die EEG-Einspeisevergütung das Gesamtvergütungsaufkommen entlastet haben, im Widerspruch zu den Zielen der Novelle beseitigt. Darüber hinaus wird die verfassungsrechtliche Erforderlichkeit der beiden Instrumente zur Rechtfertigung des Eingriffs in die Rechte von Eigenstrom-Kraftwerksbetreibern und Grünstromverbrauchern durch die EEG-Umlage verkannt.
 

These 8: Die Einschränkung des Eigenstrom- und Grünstromprivilegs sind vermutlich verfassungsrechtswidrig.

 
 

9. Einschränkung des Härtefallausgleichs für Schienenbahnen

Auch die angekündigte Begrenzung des Härtefallausgleichs wurde unter Verweis auf das laufende Beihilfeverfahren der EU-Kommission weitgehend offen gelassen. Immerhin wurde der Härtefallausgleich für Schienenbahnen einerseits durch eine Absenkung des Schwellenwerts auf 3 GWh auf für Wettbewerber der Deutschen Bahn AG geöffnet, andererseits durch eine stufenweise Erhöhung der zu tragenden Mindestbelastung auf 15 % (2015) –  30 % (2018) eingeschränkt.
 

These 9: Die Einschränkung des Härtefallausgleichs für Schienenbahnen führt lediglich zur Erhöhung der Lebenshaltungskosten und entlastet die Verbraucher nicht.

 
 

10. Komplexes Übergangsregelungsregime

Das EEG 2014 soll zum  01. September 2014 in Kraft treten. Die neuen Regelungen sollen grundsätzlich auch für Bestandsanlagen gelten, wobei zur Wahrung des Bestandsschutzes insbesondere für die Vergütung Ausnahmen geregelt werden. Dieser Regelungsansatz hatte schon im EEG 2000 – 2009 zu komplexen, kaum noch beherrschbaren Übergangsregelungen geführt, da mit jeder EEG-Fassung eine weitere, auf die jeweilige Bestandsanlagen anwendbare Übergangsvorschrift hinzukommt. Mit den 5 Paragraphen Übergangsregelungen des Arbeitsentwurfs hat der EEG-Regelungsaufwand deshalb einen neuen Höhepunkt erreicht.
 

These 10: Die zunehmende Komplexität des EEG ist ein Investitionshindernis, welches die Erreichung der Ausbauziele gefährden kann.

 

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