Due Diligence und Carve-Out: Mög­liche Hürden bzw. Anforderungen

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zuletzt aktualisiert am 23. September 2020 | Lesedauer ca. 3 Minuten
von Stefan Ruff, Christoph Max
 

Wird bei einer Übernahme eine unselbstständige Einheit aus einem Unternehmen herausgelöst (Carve Out), ist eine Due Diligence mit gewissen Anforderungen erforder­lich. Speziell die rechtlichen, steuerlichen, organisatorischen und finanziellen Anfor­de­rungen sollten dabei genau im Auge behalten werden.

 


Ein Carve Out ist eine besondere Situation für ein Unternehmen bzw. Transaktionsobjekt, aber auch eine spezielle Herausforderung für alle Beteiligten. „Carve Out” bedeutet übersetzt „das Herauslösen” einer unselbstständigen Einheit aus einer Gesamteinheit, meist im Zusammenhang mit einem Verkaufsprozess. Für den herausgelösten Teilbereich eines Unternehmens existieren oftmals keine eigenständigen organisatorischen Strukturen. Für die Vorbereitung einer solchen Transaktion und folglich für die verschiedenen Due Diligence-Bereiche im Kontext eines solchen Prozesses gelten somit besondere Anforderungen.


Rechtliche Anforderungen

Häufig bestehen starke rechtliche Abhängigkeiten zwischen dem herausgelösten Carve Out-Bereich und dem restlichen Gesamtunternehmen. Daher sind gesellschaftsrechtliche Strukturierungs-Möglichkeiten der Übertragung eines solchen herausgelösten Teilbereichs sehr genau zu untersuchen bzw. deren Voraus­setzungen auch sehr frühzeitig zu schaffen. Es kommen verschiedene Möglichkeiten für die Durchführung solch einer Carve Out-Transaktion in Betracht:

Z.B. bei einem Asset oder  Share Deal. Letzterer kann bspw. als eine Abspaltung oder als eine Ausgliederung ausgestaltet werden. Je nach beteiligten Rechtsformen müssen u.a. entsprechende gesellschaftsrechtliche Beschlusslagen vorab geschaffen werden. Daneben sind weitere Überlegungen anzustellen und deren Voraussetzungen und eventuelle Konsequenzen früh zu berücksichtigen – § 613a BGB „Rechte und Pflichten bei Betriebsübergang” sei nur als ein übergeordneter Leitfaden genannt.


Steuerliche Anforderungen

Die Ausgestaltung bzw. Strukturierung der Carve Out-Transaktion hat meist erhebliche Auswirkungen auf die steuerliche Beurteilung des Carve Out-Bereichs. Ein rechtlich unselbstständiger Teilbetrieb war in der Vergangenheit aus Sicht des Finanzamtes kein selbstständiges Steuersubjekt. Durch die Transaktion sind steuerliche Implikationen sowohl auf den Käufer als auch auf den Verkäufer zu erwarten. Sie können unterschiedlich ausfallen und z.T. erhebliche monetäre Konsequenzen mit sich bringen. Eine zentrale Frage in dem Zusammenhang ist bspw., ob ein Betrieb aus steuerlicher Sicht mit oder ohne alle wesentlichen Betriebsgrundlagen übertragen wird.


Organisatorische Anforderungen

Bei einem Carve Out kann mit komplexen organisatorischen und finanziellen Verflechtungen zu rechnen sein. Die Erfassung der Verflechtungen dient nicht nur der vollständigen Analyse und einer daraus abgeleiteten Bewertung des Transaktionsobjektes, sondern ist auch zwingende Voraussetzung für eine reibungslose Fortführung der Geschäfte außerhalb des bisherigen Unternehmensverbundes. Übergangslösungen hinsichtlich der Nutzung (bislang) gemeinsam genutzter Ressourcen auch nach der Transaktion können der Schlüssel dazu sein, dass der Carve Out die Geschäftstätigkeit des Unternehmensbereichs nicht stört, sondern er nach wie vor effizient und effektiv wirtschaften kann (Schlagwort: TSA – Transitional Service Agreement).
Aus organisatorischer Sicht müssen bislang im Unternehmensverbund gemeinschaftlich genutzte Zentral­bereiche wie IT (z.B. gemeinsam genutzte Serverlandschaften oder Software), Finanzwesen (z.B. Factoring, Finanzierungsformen), Einkauf und Vertrieb (ggf. bestanden bislang Personalidentitäten zwischen übertra­gendem und zurückbleibenden Geschäftsbereichen) auf „eigene Füße” gestellt werden. Dazu müssen vertragliche Grundlagen geschaffen werden und Arbeitsprozesse (wie Risikomanagement, Controlling oder Treasury) eventuell neu strukturiert werden. Ein sehr wesentlicher Bereich betrifft die damit verbundenen personellen Strukturen und Ressourcen. Je nach Ausgestaltung des zu übertragenden Bereichs sind sie neu zu schaffen.


Finanzielle Anforderungen

Schließlich sind für eine ökonomische Beurteilung des zu übertragenden Teilbereichs aussagekräftige finanz­wirtschaftliche Analysen notwendig. Das gilt umso mehr, als für den betroffenen Teilbereich der Carve Out-Transaktion i.d.R. keine vollständigen und eigenständigen Finanzdaten zur Verfügung stehen. Für den häufigsten Fall eines unselbstständigen Geschäftsbereichs sollte davon ausgegangen werden, dass kein integriertes Rechenwerk (Gewinn- und Verlustrechnung + Bilanz + Cash Flow), geschweige denn erstellte oder geprüfte Jahresabschlüsse vorliegen.

Idealerweise ermöglichen geschäftsbereichsspezifische Wirtschaftlichkeitsrechnungen (bspw. Profit Center-Betrachtungen, Kostenstellenrechnungen) eine Analyse des zu untersuchenden Teilbereichs. Derartige interne Bereichsrechnungen sind jedoch oft auch kritisch zu hinterfragen. Sie sind i.d.R. nicht geprüft und können entsprechende Gestaltungspotenziale beinhalten: Oft werden die Ergebnisse von Geschäftsbereichen mittels Umlagen (z.B. für Zentralfunktionen) zwischen verschiedenen Unternehmensbereichen gezielt beeinflusst und gemäß den Vorstellungen des Managements gestaltet.

U.U. liegen finanzwirtschaftliche Informationen über Teilbereiche originär überhaupt nicht vor. Dann sind fundierte und tiefgreifende Analysen anzufertigen, um ein ausreichend detailliertes/aussagekräftiges Bild über die historische finanzielle Situation des Transaktionsobjektes vor dem Hintergrund einer bestehenden Organisationsstruktur zu erhalten. Insofern rückt die Financial Due Diligence (noch) näher als sonst an die Schnittstelle zur operativen Unternehmensanalyse.

Historische und künftige Finanzdaten des zu übertragenden Geschäftsbereichs müssen ermittelt werden (pro forma Betrachtungen des Teilbereichs). Dazu sind insbesondere Kosten und Erträge des Carve Out-Bereichs, die in der Vergangenheit nicht angefallen sind oder nicht erfasst wurden, neu zu ermitteln. Das betrifft z.B. Kosten der Zentralbereiche eines Unternehmens. Auch der Wegfall von Skaleneffekten (bspw. Durch sinkende Einkaufsmacht bei Lieferanten und daraus resultierenden höheren Materialaufwendungen) sollte analysiert werden.


Vorgehen bei finanzieller Analysen/Due Diligence

Um im Falle kaum verfügbarer Informationen über die Historie (zwecks anschließender Plausibilisierung der Planung) eines (Teil-)Geschäftsbereiches fundierte Daten zu erheben, kommen verschiedene Wege in Betracht: Wenn ein verhältnismäßig kleiner Geschäftsbereich in derjenigen Einheit zurückbleiben soll, auf deren Ebene Finanzzahlen verfügbar sind, kann mittels einer einfachen „Minusrechnung” (Herausrechnen des zurückblei­benden Geschäftsbereichs) die Carve Out-Einheit separiert werden. Nur explizit (und nachweislich) zurückbleibende Kosten werden aus den vorhandenen Finanzzahlen der kleinsten übergeordneten Einheit herausgerechnet. Ein solches Vorgehen verhindert, dass Kosten, die im Zusammenhang mit dem Carve Out-Bereich stehen, beim Abbilden des Teilbereichs vergessen werden.

Alternativ kann ein „Bottom-Up”-Szenario erstellt werden, in dem Erträge und Kosten des Carve Out-Bereichs einzeln rekonstruiert und zusammengefasst werden. Das ist insbesondere dann sinnvoll, wenn der Carve Out-Bereich verhältnismäßig unbedeutend ist verglichen mit der Einheit, auf deren Ebene historische Finanzzahlen vorliegen. Diese Methode verhindert, Kosten und Erträge, die nicht Teil des Zielgeschäftsbereiches sind, in unzutreffender Weise zu erfassen.


Fazit

Wer sich den mehrschichtigen Anforderungen eines Carve Out bewusst ist und sie frühzeitig in Angriff nimmt, wird mit einem effizienten und reibungslosen Ausgliederungs- und Transaktionsprozess belohnt.

Kontakt

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Peter Längle

Diplom-Ökonom, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Wirtschaftsmediator

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