Aktuelles IPEV Special Valuation Guideline Update im Hinblick auf Covid-19

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veröffentlicht am 30. April 2020 | Lesedauer ca. 6 Minuten

  

Die aktuelle wirtschaftliche Lage und die unsichere Zukunft haben das IPEV Board dazu veranlasst, die „Valuation Guidelines“ vom 1. Januar 2019 zu ergänzen. Die Ergänzungen, datiert auf den 31. März 2020, sind bei der Bewertung aller Anlageformen und Branchen sowie während aller Investitionsphasen für den Bewertungsstichtag 31. März 2020 zu berücksichtigen. Im Folgenden werden insbesondere die Hinweise des IPEV Board zu Equity Investments dargestellt und von uns gewürdigt. Darüber hinaus werden Auswirkungen der derzeitigen Krise auf die beliebte Price of a Recent Investment-Methode, kurz PORI-Methode, diskutiert.
 

  

  

Allgemeine Hinweise des IPEV zur Anwendung der Bewertungsrichtlinien

Sowohl Bundes- als auch Landesregierungen haben – im Verbund mit verschiedenen Institutionen – bereits umfangreiche Fördermittel für Unternehmen in Aussicht gestellt. Bei der Bewertung eines Unternehmens spielen diese Fördergelder selbstverständlich eine oftmals nicht unerhebliche Rolle. Bei der Bewertung ist besonderes Augenmerk auf den Bewertungsstichtag, bspw. den 31. März 2020, zu legen. Fördermittel dürfen erst in der Bewertung berücksichtigt werden, wenn sie zum Stichtag bereits konkretisiert waren und das Portfolio-Unternehmen die erforderlichen Kriterien für die Zuteilung zum Bewertungsstichtag erfüllt.

Auch bei der Anwendung der gängigen Bewertungsmethoden ist Vorsicht geboten. 

Bei der DCF-Methode und bei Multiple-Ansätzen ist auf die Vermeidung von „double dips“ zu achten. Sollten die geplanten Cashflows bereits um Kriseneinflüsse angepasst sein, sind niedrigere Kapitalkosten im Vergleich zu nichtaktualisierten Planungen anzusetzen. Jedoch könnten unabhängig davon – entsprechend der Einschätzung des IPEV – aufgrund der gestiegenen Unsicherheiten seit Beginn der Krise, erhöhte geforderte Renditen der Marktteilnehmer anzusetzen sein, die zu niedrigeren Unternehmenswerten führen. Ein Indiz dafür ist nach unserer Einschätzung die deutlich gestiegene Volatilität an den Aktienmärkten, die sich bspw. anhand des VDAX-New bemisst.

Bei der Bewertung mit Multiples ist zu analysieren, ob die abgebildete wirtschaftliche Lage, bspw. in Form von Analystenschätzungen für börsennotierte Vergleichsunternehmen, mit der des Targets übereinstimmt. Die Bewertung eines Targets, in dessen Planung bereits Umsatz- und Ergebniseinbußen aufgrund der Krise abgebildet sind, mit Multiples von Vergleichsunternehmen, deren Performancekennziffern noch nicht angepasst wurden, führt zu einer unsachgemäßen Bewertung mit der Folge von i.d.R. zu niedrigen Multiples (niedrigere Marktkapitalisierungen bei nicht aktualisierten Analystenschätzungen). Nach unseren Beobachtungen sind die Marktkapitalisierungen vieler Unternehmen seit Ende Februar 2020 eingebrochen. Spätestens seit Anfang März ist eine detaillierte Analyse der Entwicklung der Analystenschätzungen erforderlich, um Fehlbewertungen zu vermeiden. Auch sollten aus unserer Sicht wegen der inhärenten Unsicherheiten mit der Folge von Schätzungenauigkeiten der Analysten insbesondere im Hinblick auf kurzfristige Zeiträume, wie das Basisjahr 2020, oder im Hinblick auf Next Twelve Month Multiples eher auf spätere Basisjahre, bspw. 2021, abgestellt werden. In Ergänzung hierzu kann – auf Basis unserer Erfahrungen mit derzeitigen Bewertungen – auch auf Multiples vergleichbarer börsennotierter Unternehmen vor der Covid-19-Krise umgestellt werden, d.h. bis max. Mitte Februar 2020. Entsprechende negative Einflüsse können, soweit noch nicht in der Bezugsgröße des Multiples (bspw. EBITDA) dargestellt, in einem wertmindernden Sonderwert bei der Ermittlung des Fair Values abgebildet werden.

Neben den dargestellten allgemeinen Bewertungsratschlägen sieht das IPEV folgende Hinweise im Bereich Equity Investments vor.


Equity Investment Richtlinien

Bei der Kommunikation der Net Asset Values an die Limited Partner sind Fonds dazu angehalten, die bisherigen Auswirkungen der Krise auf die Unternehmen, die im Portfolio gehalten werden, genauestens zu untersuchen und die ursprünglichen Prognosen und Risiken für das laufende Geschäftsjahr und darüber hinaus anzupassen. 

Bei der Anwendung von Multiplikator-Methoden für nicht börsennotierte Portfolio-Gesellschaften lässt sich die derzeitige Situation nach Einschätzung des IPEV Board näherungsweise als Alternative zu den oben genannten Ausführungen darstellen, in der ein üblicher Vorkrisenmultiple in dem Maß angepasst wird, wie sich die Marktkapitalisierung vergleichbarer börsennotierter Aktiengesellschaften prozentual ändert. Die prozentuale Änderung der Marktkapitalisierungen spiegelt die aktuellen Risiken und Unsicherheiten des Marktes. Es ist darauf zu achten, dass bei Entity-Multiples stattdessen die prozentuale Veränderung des Enterprise Value als Basis für die Multiple-Reduzierung herangezogen werden sollte.

Zudem stellt eine Anpassung des Multiples in Höhe des Abschlags der Marktkapitalisierung bzw. des Enterprise Value tendenziell nur dann einen geeigneten Schätzer dar, wenn das erwartete nachhaltige Ergebnisniveau nach der Krise in etwa dem Vorkrisenniveau entspricht, da ansonsten ein Teil der Reduzierung der Marktkapitalisierung bereits in der im Vergleich zum Vorkrisenzeitraum niedrigeren Bezugsgröße abgebildet ist. Darauf weist das IPEV Board ebenfalls hin. So soll nach IPEV die Höhe der Multiple-Anpassung davon abhängig sein, ob die Performance-Kennziffer des Target bereits um krisenbedingte Effekte angepasst (niedrigere oder keine Reduzierung des Multiple) oder noch nicht korrigiert wurde (höhere Reduzierung des Multiple). Außerdem sollten, gemäß IPEV, Anpassungen geringer ausfallen, wenn wie oben bereits beschrieben, Abwertungen am Aktienmarkt zu beobachten sind, jedoch die Analystenschätzungen für die Bezugsgrößen noch nicht aktualisiert wurden. Das trifft nach unseren Beobachtungen v.a. für März 2020 zu. Im April 2020 sind bereits eine Vielzahl der Analystenschätzungen aktualisiert worden. Für Bewertungsstichtage nach März 2020 könnte dann auf eine Anpassung des Multiples verzichtet werden, wenn die veränderten Rahmenbedingungen sowohl bei dem Portfoliounternehmen als auch bei den börsennotierten Vergleichsunternehmen in den geschätzten Bezugsgrößen in vergleichbarer Art und Weise reflektiert sind.

Des Weiteren lassen sich niedrigere Multiples im Vergleich zum Vorkrisenniveau  auch qualitativ durch die allgemein erhöhte Unsicherheit, dem damit verbundenen größeren Risiko und der damit gestiegenen Rendite-Erwartung für Investoren rechtfertigen. Insofern sind nach unserer Einschätzung, bspw. bei der Verwendung von Multiples vergleichbarer Transaktionen (Transaction Multiples) vor der Krise, krisenbedingte Abschläge u.a. aus kurzfristigen Cash Flow Anpassungen oder aus erhöhten Renditeforderungen der Market Participants zu prüfen. 

Daneben ist gemäß IPEV auch zu beachten, dass sich eine Multiple-Bewertung auf gewöhnliche oder nachhaltige Ergebnisgrößen stützen sollte, ohne den Einfluss eines einmaligen – negativen wie positiven – Ereignisses. Ungeachtet dessen beeinflusst die aktuelle Krise, auch wenn sie als einmaliges Ereignis bei der Ermittlung des Enterprise Value rausgerechnet wird, den geschätzten Fair Value oder Marktwert des Eigenkapitals des Targets. Die Liquidität des Targets verringert sich mehr oder weniger durch die schlechte wirtschaftliche Lage. Bei der Berechnung des Fair Value kann insofern die Auswirkung der Krise auf die Liquidität der Gesellschaft separat ermittelt und bei der Überleitung vom Enterprise Value zum Fair Value als negativer Wertbeitrag gesondert wertmindernd berücksichtigt werden. Bei einer solchen Vorgehensweise sollte jedoch aus unserer Sicht kritisch hinterfragt werden, ob dann noch zusätzlich die Verwendung eines niedrigeren Multiples, bspw. abgeleitet aus der prozentualen Änderung der Marktkapitalisierung börsennotierter Vergleichsunternehmen, sachgerecht ist. Die niedrigere Marktkapitalisierung ist einerseits ein Spiegelbild des kurz- und ggf. mittelfristig erwarteten erhöhten Kapitalbedarfs und andererseits  veränderte langfristiger Einschätzungen zum operativen Geschäft bzw. erhöhter Rendite-Erwartungen. Nur Letztere rechtfertigen einen zusätzlichen Abschlag auf den Vorkrisenmultiple, wenn die veränderten langfristigen Einschätzungen bereits in der Bezugsgröße abgebildet sind.

Große Aufmerksamkeit in Krisenzeiten müssen Investment Fonds letztlich auf die Liquidität der Portfolio-Unternehmen legen. Explizit sollten dabei gemäß der jüngsten IPEV Guideline folgende Fragen im Vordergrund stehen: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit von Covenant-Brüchen? Was sind die Auswirkungen eines nachhaltig geringeren Cash-Flows und welche Working-Capital-Quellen benötigt das Zielunternehmen für einen Neustart nach der Krise? Diese Fragestellungen bedürfen einer Szenario-Analyse. Sie sollte eine Krisendauer von 3-18 Monaten oder sogar darüber hinaus abdecken.


Kalibrierte PORI-Methode im Hinblick auf Covid-19 

Vorsicht ist insbesondere bei Heranziehung vergleichbarer Transaktionen, die vor Ausbruch der Pandemie datiert sind, geboten. Das IPEV Board steht solchen Wertindikatoren zu Zeiten von Covid-19 kritisch bzw. tendenziell ablehnend gegenüber. 

Bei der PORI-Methode (Price of a Recent Transaction) wird zur Ermittlung des Fair Value der Beteiligung der Wert der letzten Finanzierungsrunde herangezogen. Um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten muss die letzte Finanzierungsrunde in einem angemessenen Zeitrahmen, i.d.R. nicht älter als 12 Monate, liegen. Die zum 1. Januar 2019 vom IPEV veröffentlichten Valuation Guidelines, die die PORI-Methode nicht mehr als „Stand-Alone Bewertung“ zulassen und eine PORI-Bewertung nur in Verbindung mit einem „Milestone Approach“ als zulässig ansehen, sind in Hinblick auf die aktuelle Corona-Krise relevanter denn je. 

Die PORI-Methode wird als Ausgangspunkt für eine Fair-Value Bewertung angesehen und mit einem Soll-Ist-Vergleich von geplanten Meilensteinen kombiniert. Dabei wird der PORI bei Erreichen bzw. Nichterreichen der geplanten Meilensteine auf- oder abgewertet. Was für Meilensteine als sinnvoll gelten und wie hoch die Auf- bzw. Abwertung sein soll, muss je nach Unternehmen und Branche individuell festgelegt werden. 

Dabei kann die PORI-Methode kann dabei auch Szenario basiert und zukunftsgerichtet den erwarteten Fair Value eines Unternehmens schätzen. Im Hinblick auf die aktuelle wirtschaftliche Lage, v.a. bedingt durch die Corona-Krise, ist es ratsam in der Vergangenheit angefertigte Szenario-Analysen und Prognosen zu überarbeiten und die Modelle neu zu kalibrieren. Durch drohende Umsatzeinbußen und Liquiditätsprobleme wird das Verfehlen gesetzter Milestones für viele Firmen deutlich wahrscheinlicher. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit schlechter Szenarien mit einer potentiell niedrigeren Bewertung und führt somit zu einem geringeren Fair Value. 

Die Wahl der Parameter unterliegt selbstverständlich der subjektiven Einschätzung der Sachverständigen und kann – je nach Ansicht – zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen. Zur Abschätzung der Abschläge könnten dann nach unserer Auffassung, analog zu obigen Ausführungen, die prozentuale Änderung der Marktkapitalisierungen vergleichbarer börsennotierter Unternehmen herangezogen werden. Weitere Möglichkeiten in der Bestimmung von Abschlägen bestehen in der Abschätzung des kurz- und mittelfristig erforderlichen krisenbedingten Liquiditätsbedarfs, kombiniert mit Abschlägen aus veränderten nachhaltigen Ergebniserwartungen in der Zukunft im Vergleich zu Ergebniserwartungen zum Zeitpunkt der letzten Transaktion, die wiederum mit einem Multiplikator zu multiplizieren wären. 

Angesichts solcher erforderlichen Erweiterungen ist es ratsam eine weitere unabhängige Bewertungsmethode wie die Multiple Methode oder das DCF-Verfahren anzuwenden, um den ermittelten Wert abzusichern.

Fazit

Das aktuelle Update des IPEV-Boards dient in erster Linie dazu Fonds mit Best Practice- Ratschlägen bei der Anteilsbewertung in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zu unterstützen. Des Weiteren wurde gezeigt, warum Investoren bereits erstellte Szenario-Analysen, die auf der PORI-Methode basieren, im Hinblick auf die nahe Zukunft auf den Prüfstand stellen sollten.

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