Arbeitnehmerentsendung von der Europäischen Union ins Vereinigte Königreich: Wieder komplizierter

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veröffentlicht am 9. Februar 2021 | Lesedauer ca. 3 Minuten

  

​Grenzüberschreitender Personaleinsatz: Der EU-Austritt Großbritanniens hat Aus­wirkungen auf die bisherige Praxis der Arbeitnehmerentsendung von der Euro­pä­ischen Union ins Vereinigte König­reich.

  

     
 

  • Sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen »

  • Aufenthaltsrecht »

  • Sponsoring und Visasystem »

  • Fazit »

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    Am 31. Januar 2020 ist Großbritannien aus der Euro­pä­ischen Union ausgetreten. Um einen geord­neten Über­gang sicherzustellen, wurde zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich (VK) ein Übergangs­zeitraum bis zum 31. Dezember 2020 vereinbart, in dem unter anderem auch die bis­herigen Rege­lungen im Hin­blick auf den grenz­über­schreitenden Personal­einsatz beibehalten wurden. Mit Ablauf des Über­gangs­zeit­raums müssen sich Unter­nehmen mit den weit­reichen­den Aus­wirkungen des Brexits auf Ent­sendungen beschäf­tigen. Eine ge­wich­­tige Rolle spielt hierbei das am 24. Dezember 2020 ge­schlos­sene Handels- und Koopera­tions­ab­kommen zwi­schen der EU und dem VK (Partnerschaftsvertrag), das nach der Zu­stimmung des Euro­pä­ischen Parlaments fortan die recht­lichen Grund­lagen der Partner­schaft neu regeln wird.
      

    Sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen

    Während des Übergangszeitraums fand hinsichtlich der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung ent­sandter Mitarbeiter innerhalb der EU und Groß­britanniens weiterhin die EU- Verordnung VO (EG) 883/2004 vom 1. Mai 2010 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit Anwendung; die Sozial­ver­sicherungs­beiträge konnten also in bestimmten Fällen auch weiter­hin im Her­kunfts­staat ge­leistet werden, wenn die be­trof­fene Person in einem anderen Staat arbeitete. Seit dem 1. Januar 2021 kommen die bis­herigen Rege­lungen, mit denen die Systeme der sozialen Sicher­heit ko­ordi­niert wurden, nur noch in dem im Aus­tritts­ab­kommen fest­­gelegten Rahmen weiter zur An­wen­dung. Dabei handelt es sich um Be­stands­fälle, also Sach­ver­halte, die be­reits vor dem 31. Dezember 2020 einen grenz­über­schreiten­den Bezug zwischen der EU und Groß­britannien hatten. Für grenz­über­schreitende Mit­arbeiter­ein­sätze, die ab dem 1. Januar 2021 be­gin­nen, richtet sich die sozial­ver­sicherungs­rechtliche Be­hand­lung nach dem neuen Handels- und Ko­operations­abkom­men zwischen der EU und dem VK (Partner­schafts­vertrag). Die Rege­lungen des neuen Ab­kom­mens beruhen im Kern auf den Bestim­mungen der bis­herigen Ver­ord­nung. Im Ergebnis sind somit keine rele­vanten Än­derungen für die bis­­herige Praxis der sozial­ver­sicherungs­recht­lichen Be­handlung von ent­sandten Mit­arbeitern zu er­warten. Wie die neuen Rege­lungen in der behörd­lichen Praxis um­gesetzt werden und wie die Aus­legung – auf deutscher Seite durch den GKV Spitz­en­verband DVKA, im VK durch den briti­schen Träger HM Revenue & Customs – er­folgen wird, ist noch offen. Zu­letzt hat sich ge­zeigt, dass sich die Ver­fahren auf­grund der aktuel­len Corona-Situation sowie der Un­sicher­heiten, die durch den Brexit hervor­gerufen wurden, in der Praxis ver­zögert haben und Be­­scheide nur noch be­fristet er­teilt wurden. Hier ist eine Nor­ma­lis­ierung in den zuk­ünftigen Be­zieh­ungen zwi­schen der EU und dem VK zu er­warten, sobald sich die neuen Rege­lungen eta­bliert haben.
     

    Aufenthaltsrecht

    Die Rechte und der jeweilige Status von EU-, EW- und Schweizer Bürgern, die derzeit im VK leben und ar­bei­ten, bleiben bis zum 30. Juni 2021 unverändert. EU-­Bür­ger, die bis zum 30. Juni 2021 erfolg­reich einen An­trag beim EU Settlement Scheme stel­len, kön­nen auch nach dem 30. Juni 2021 weiter in Groß­britan­nien leben und ar­bei­ten. Im Rahmen des EU Settlement Scheme wird auf Grund­lage der Dauer des bis­herigen Wohn­sitzes im VK ent­weder der Settled-Status oder der Pre-settled-Status ver­liehen. Der Settled-Status, der einer un­befristeten Aufent­halts­erlaub­nis ent­spricht, wird in den Fällen ge­währt, in denen eine Person bis ein­schließlich 31. Dezem­ber 2020 für einen un­unter­brochenen Zeit­raum von fünf Jahren ihren Wohn­sitz im VK oder auf den Kanal­inseln hatte. Ist die Dauer von fünf Jahren noch nicht er­reicht, wird der Pre-settled-Status ver­liehen, der einem be­­schränk­ten Aufent­halts­recht von fünf Jahren ent­spricht und nach Ablauf des ent­sprechenden Zeit­raums in einen perma­nenten Aufent­halts­titel um­gewandelt werden kann. Der Nach­weis des Wohn­sitzes erfolgt dabei auf der Grund­lage von Steuer­unterla­gen sowie in Zweifels­fällen anhand sonstiger Nach­weise. Mit dem Brexit endet die EU-Arbeit­nehmer­freizügig­keit und damit die bis­herige Praxis, dass im Rahmen einer Ent­sendung keine Auf­enthalts- und Arbeits­erlaubnis erforder­lich ist. Ent­sprechend soll ab dem 1. Januar 2021 das briti­sche Post-Brexit-Ein­wanderungs­system für alle EU-Bürger, die vor dem 1. Januar 2021 nicht im VK gelebt haben, zur An­wendung kommen.

     

    Sponsoring und Visasystem

    Das neue Einwanderungssystem setzt dabei wesent­lich auf ein Zusammenspiel aus Sponsoring und punkte­­basiertem Visa­system. Britische Unter­nehmen, die Arbeit­nehmer von außer­halb des briti­schen Arbeits­markts be­schäftigen wollen, müssen sich für das UK Visa Sponsor­ship registrie­ren und er­halten eine ent­sprechen­de Li­zenz. Ein Sponsoring garan­tiert je­doch noch keine Arbeits- und Aufent­halts­erlaubnis für das VK, die Be­wer­­ber müssen gleich­zeitig ein Visum bean­tragen. Die Visa­ver­gabe basiert auf einem Punkte­system, im Rahmen dessen die Auf­ent­halts- und Arbeits­erlaubnis an­hand einer bestim­mten Reihe von An­forderungen ver­geben wird, die Unter­nehmen auch bei der Schaf­fung einer Stelle berück­sichtigen sollten. Um­ge­kehrt müssen Arbeit­­nehmer im Hin­blick auf eine Ent­sendung nach Groß­britan­nien sicher­stellen, dass sie be­stimmte Kri­terien erfül­len, für die sie Punkte er­halten.
     

    Fazit

    Für die Ent­sendung deutscher Arbeitnehmer nach Groß­britannien wird ein entsprechend vorgeschalteter Auf­ent­halts- und Arbeits­erlaubnis Prozess no­twendig sein. Unter­nehmen und Arbeit­nehmer, die einen Per­sonal­­einsatz im VK planen, müssen diese Neuerungen auf­merk­sam beo­bachten und in ihr be­stehendes Ent­sende­management im­ple­mentie­ren.
     
     

Erschienen im DATEV magazin (Ausgabe 02/2021)
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