Transaktionsmanagement in der Immobilienwirtschaft mit SAP S/4HANA RE-FX

PrintMailRate-it

Unsere Erfahrungswerte aus der Praxis: Das erste Jahr nach dem Besitz-Nutzen-Lasten-Übergang

Das jährliche Transaktionsvolumen auf dem deutschen Immobilienmarkt für Gewebeimmobilien und Wohnportfolien beträgt durchschnittlich ca. 86 Mrd. Euro pro Jahr; exklusiv exogenen Schocks (wie z. B. Zinsanstieg, COVID-19-Pandemie, usw.). Ein Großteil der Käufer und Verkäufer sind Bestandshalter oder institutionelle Anleger. Bedingt durch die Situation, dass eine Immobilientransaktion meinst unterjährig zum Kalenderjahr und zu einem abweichenden Wirtschaftsjahr stattfindet, ist eine blitzsaubere Berechnung, Abgrenzung, Auflösung und Abrechnung der Bewegungsdaten meist nur mit einem großen personellen und administrativen Aufwand möglich. Als Orientierung zur Aufarbeitung dieser Daten bietet Ihnen SAP S/4HANA RE-FX die Setup-Strukturen des Systems an, da diese als Grundlage für die Erfassung der Daten herangezogen werden müssen.  

Wunsch und Wirklichkeit

Im optimalen Fall wird das bisherige Immobilienmanagement beibehalten, sodass sich nur der (rechtliche oder wirtschaftliche) Eigentümer ändert. Im Zweifel ist dies jedoch die „Ausnahme die Regel“. Die neuen Eigentümer und deren Immobilienmanager treffen eine Vielzahl von Entscheidungen während der ersten Jahre. Die daraus resultierenden Tätigkeiten sind meist nur bedingt systemgestützt durchführbar, da korrekte Stamm- und Bewegungsdaten eine „Mangelware“ darstellen. 

Im ersten Jahr findet meist unterjährig der Besitz-Nutzen-Lastenübergang statt, welcher i. d. R. steuerliche Motivationen aufweist. Im zweiten Jahr liegt erfahrungsgemäß die erste vollständige und selbsterstellte Buchhaltung vor. Diese ist meist nur nach dem aktuellen Wissensstand gebucht, sodass diese zwar handels-/steuerrechtlich korrekt, jedoch größtenteils zu undetailliert für die Eigentümer-/ Nebenkostenabrechnung ist. Frühestens im dritten Jahr findet der User ein routiniertes, systemtechnisch sauber abgebildetes und organisatorisch eingespieltes Objekt in seinem ERP-System wieder. 

Dieser Erfahrungswert wird durch die Bedingungen bestätigt, dass die Eigentümerabrechnung zwischen Verkäufer und Käufer meist erst im zweiten Jahr abschließend geklärt und ausgeglichen wurde. Es gibt immer wieder streitgegenständliche Vertragsbestandteile, u. a. zu Flächen, Mietgarantien oder Beschaffenheiten der baulichen Substanz oder technischen Anlagen. Die Einsprüche für die erste selbsterstellte Nebenkostenabrechnung erhält der neue Eigentümer erst im zweiten oder dritten Jahr, da binnen von 12 Monaten nach Abschluss des Abrechnungszeitraumes abgerechnet werden muss und der Mieter i. d. R. 12 Monate Zeit für einen Einspruch hat. Des Weiteren hat man erfahrungsgemäß erst im dritten bzw. vierten Jahr alle turnusmäßigen Wartungen, Prüfungen und Sachverständigenbegutachtungen durchgeführt. Aus diesem Grund entfaltet die ERP-gestützte Immobilienverwaltung erst ab diesem Zeitpunkt ihren vollen Wirkungsgrad und weist erst danach einen abnehmenden Grenznutzen auf. 
 

Quelle: praktische Erfahrungswerte   

Insbesondere professionelle Anleger sind aufgrund der heterogenen Eigenschaften der Liegenschaften, der wachsenden Regulatorik (u. a. AIFMD-Meldung, ESG bzw. § 289b-c HGB, usw.) und der Vielzahl an Geschäftspartnern und unterschiedlichen Arten von Verträgen (Vermietung u. a. Wohnen, Gewerbe, Retail, Erbbaurechtsverträge, Bruchteilsgemeinschaften, usw.) vor enorme Herausforderungen gestellt. Im optimalen Fall erhält der neue Property Manager vom vorherigen „Manager“ eine Kopie der bisherigen Daten und kann auf dessen Stammdaten und Bewegungsdaten aufsetzen. 

Neben fachlichen Kompetenzen des Personals, u. a. in der Auslegung von Verträgen, benötigt die Organisation in der Regel ebenso ein leistungsfähiges und multivariables Informations- / ERP-System, um den exotischsten Standard an vertraglichen Konstellationen abzubilden. Hierzu sind neben den Beispielen der Eigentümer- und Nebenkostenabrechnung ein paar weitere Beispiele aus der Praxis zu nennen: u. a. wie die Abbildung von Generalmietverträgen für Business-Center-Konzepte: 
  • mit/ohne Durchgriff 
  • mit Mietgarantievereinbarungen für Brutto-/Nettomieten 
  • mit und/ohne Nebenkostenpauschalen/-vorauszahlungen 
  • mit/ohne Untervermietungsrechten.  

Grundlage für all diese Prozesse bildet hierzu ein effizientes und effektives systemgestütztes Flächen-management, u. a. für die o. g. Abrechnungen oder ebenso für die Berichtigung des Vorsteuerabzuges nach § 15 a UStG. Diese Verpflichtung ist ab dem 1. Januar 2025 nun ebenso für Körperschaften des öffentlichen Rechts und Gebietskörperschaften gemäß § 2 b UStG verpflichtend. 


Flächenmanagement - die maßgebliche Grundsatzentscheidung

Im Rahmen der Anlage eines Objektes ist stets zwischen den Konzepten der Voll- und Teilabbildung zu unterscheiden. Beide Konzepte haben ihre Vor- und Nachteile: 
  • Soll ein Objekt je Vertrag pro Geschoss und Bauteil abgebildet werden oder sehr zweckmäßig nach dem Nutzen der Daten, z. B. für das Investorenreporting oder für die Nebenkostenabrechnung? 
  • Soll der Leerstand zusammengefasst werden oder muss er für die Eigentümerabrechnung aufgedröselt werden? 
Diese und weitere Entscheidungen obliegen dem Eigentümer. Dieser kann i. d. R. jedoch ebenfalls nicht in die Zukunft sehen. Wie wird sich die Nutzung des Objektes verändern? Welche Sachverhalte haben Einfluss auf die Nutzungsänderung (z. B. Umsatzsteuerliche Vermietung in bisher umsatzsteuerfreien Mietflächen, usw.)? Aus diesem Grund ist Flexibilität in Bezug auf die Stammdaten das „Gebot der Stunde“. Hierzu bietet SAP neben Mieteinheiten auch sogenannte Flächenpools an, welche eine flexible Zerschneidung von Flächen ermöglichen. Standardmäßig ist ebenfalls die Pflege von unterschiedlichen Bemessungsarten in unterschiedlichen Zeitscheibenintervallen möglich. Denn Fläche ist nicht gleich Fläche, wenn man die DIN 277 einmal gelesen hat. Dass diese Fläche wiederrum nicht der Wohnflächenverordnung oder gar der Mietfläche aus dem Mietvertrag entspricht, ist i. d. R. gelebte Praxis. Auch wenn es nur um zwei Nachkommastellen geht, welche jedoch wieder Einfluss auf die Gesamtfläche je Zeitscheibe haben. 


Funktionsvielfalt – Chancen im Standard 

An diesen Punkten setzt SAP S/4HANA RE-FX an und bietet bedingt durch ein granulares und stamm-datenorientiertes System die benötigte Flexibilität. Dies gepaart mit Know-how und der Erfahrung der Firma Planon, als strategischer Partner für SAP S/4HANA RE-FX, kann unter Umständen dieses Know-how der „Erfolgsfaktor“ in Zeiten steigender Kosten und sinkender Erträge sein. Vorausgesetzt, die Organisation kann die Potenziale der Software ausnutzen und die Aufbau-/Ablauforganisation ist entsprechend ausgestaltet. 

Im SAP werden hierzu z. B. Stammdatenobjekte angelegt, die i. d. R. ein definiertes Zeitscheibenintervall mit einer oder mehrerer Mengenbemessung aufweisen. Durch diese granulare Abbildung von Stamm- und Bewegungsdaten und der prozessorientierten Bearbeitung von Tätigkeiten, z. B. Sollstellung, Konditionsanpassung, Abgrenzung, Nebenkostenabrechnung, Optionssatzermittlung, Vorsteueraufteilung und -berichtigung (vgl. § 15 a UStG) ist ein massenhaftes Bearbeiten von Daten über Simulations-, Echt- und Stornierungsläufen erst möglich.     

Unterstützt wird das System dabei durch über ca. 130 Standardberichte, 592 Transkationen und die leistungsfähige ALV (SAP List Viewer) Grid Control. Dieses flexible Werkzeug zur Listendarstellung bietet typische Listenoperationen als generische Funktionen an und ist um eigene Funktionen erweiterbar. Innerhalb der ALV–Listen ist eine einheitliche Darstellung von nicht-hierarchischen Listen möglich, welche durch Selektionsvarianten gesichert und damit wiederverwendet werden können. Einmal zusammengestellt, ist das Layout dauerhaft nutzbar, sodass dieses nur einmal definiert werden muss. Hierdurch sind komplexe Sortier-, Filter- und Summenhierarchien, ähnlich einer Pivot-Tabelle, möglich und auf unterschiedliche Listen mit denselben Hierarchieelementen anwendbar. Der Vorteil gegenüber Microsoft Excel ist dabei, dass ich stets mit Echtdaten aus der HANA-Datenbank arbeiten kann und keine Performance-Probleme habe. Das einheitliche Farbkonzept dieser Listen (gelb für Summenwert, hellgelb für Zwischensummen, hellblau für Werte) vereinfacht eine schnelle Orientierung innerhalb der Listen. Dies wirkt sich, bei richtiger Nutzung der Software, unmittelbar positiv auf die UI/UX-Erfahrungen der User aus. Ergänzt wir dies um die Report-Report-Schnittstellen, welche einen Absprung in andere Berichte oder gar auf die Stammdatenobjekte ermöglicht. Der Export in Excel, inkl. Übernahme der Gruppierungen, ist dabei nur eines von zahl- und hilfreichen Features. 


Unsere Erfahrungswerte in der Praxis  

Wir raten unseren Kunden aufgrund der Komplexität und den Möglichkeiten des Systems stets einen einfachen Ansatz zu verwenden, damit die Komplexität im stressigen Alltag noch händelbar ist. So empfehlen wir ihm soweit wie möglich im Standard zu bleiben, Stammdatenobjekte nach dem Verwendungszweck anzulegen und Objektzuordnungen und Regeln einheitlich abzubilden. Anderseits sind individuelle Kündigungs-, Verlängerungs- und Anpassungsregeln, z. B. bei einer Indexierungsklausel ebenso möglich, wie „Dummy-Regeln“, welche später einfach durch die richtigen Regeln ersetzt werden. Vorhandene Werte sollten gepflegt und mit rechtlich gültigen Zeitscheiben versehen werden. Denn nur so ist eine genaue, prozessorientierte und maschinelle Berechnung, Abgrenzung, Auflösung, Stornierung und Korrekturbuchung von Bewegungsdaten möglich. 

Da für manche Kunden diese Datenpflege zu aufwendig ist, haben wir z. B. in einem Kundenprojekt eine automatisierte Importschnittstelle für 200 strukturierte Datenfelder mit fachlichen Regelsets implementiert, welche neben technischen Konventionen ebenso fachliche Regeln mit prüft. Die Anlage der Stamm- und Vertragsdaten kann dabei händisch durch den User und/oder maschinell durch die Software erfolgen.


Fazit

SAP stellt zwar für die meisten User und Unternehmen am Anfang eine Herausforderung dar; mit fortschreitender Komplexität wird der User die prozessorientierte und stammdatengetriebene Arbeitsweise sehr zu schätzen wissen. Denn der S/4HANA-Datenbank ist es egal, ob Sie einen oder 100.000 Datensätze verarbeiten. Einzig die Rechenkapazität bildet die physischen Grenzen der Datenbank, neben der Qualität der Daten und Prozesse. Aus diesem Grund und aufgrund des Wunsches nach einer kontinuierlich steigenden Datenqualität, sollte bei der Eingabe von Daten das Vier-Augen-Prinzip (Eingabe und Prüfung/Freigabe) angewendet werden. 

​​​In der Konzeptionsphase sollte auf die korrekte und vollständige Definition sowie auf eine Funktionstrennung (Vorgabe und Entscheidung) geachtet werden. Sie haben die Möglichkeit den Nutzen dieser Software zu heben. Dazu stehen wir Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite.   


Ausblick
Im Rahmen der nächsten Artikel werden wir auf weitere interessante Punkte, wie die Eigentümerabrechnung und die Nebenkostenabrechnung eingehen und weitere Erfahrungen aus der Praxis teilen, um Ihnen Tipps und Tricks mit auf den Weg zu geben. 

Kontakt

Contact Person Picture

Marcel Schuchardt

Senior Consultant SAP Finance

+49 6864 8906 659 65

Anfrage senden

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu