EU: Neue Vergaberegeln für Großaufträge seit 12. Juli 2023

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​veröffentlicht am 1. August 2023


Die Verordnung (EU) 2022/2560 v. 14.12.2022 (ABl.EU L 330, 1) über den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen („Foreign Subsidies Regulation”) gilt auch für Vergabeverfahren. Die entsprechende Durchführungsverordnung (EU) 2023/1441 v. 10.7.2023 (ABl.EU L 177, 1) ist am 13.7.2023 in Kraft getreten.

 

  • Die Verordnung (EU) 2022/2560 (kurz: VO) ist für Vergabeverfahren relevant, deren geschätzter Auftragswert mindestes 250 Mio. EUR (Lose: 125 Mio. EUR) beträgt. Zudem müssen dem Unternehmen mindestens 4 Mio. EUR pro Drittstaat in den drei Jahren vor der Meldung (s.u.) gewährt worden sein (Art. 28 Abs. 1 VO). Die Vergaberegeln sind am 12.7.2023 in Kraft getreten (Art. 54 Abs. 2 VO).
  • Öffentliche Auftraggeber müssen bei solchen Großaufträgen in der Auftragsbekanntmachung oder – wenn keine Bekanntmachung erfolgt – in den Vergabeunterlagen die Unternehmen auf ihre Meldepflicht gemäß Art. 29 VO hinweisen (Art. 28 Abs. 6 Satz 1 VO). Nach dieser Vorschrift müssen sie dem öffentlichen Auftraggeber alle drittstaatlichen finanziellen Zuwendungen melden, sofern sie maßgebliche finanzielle Zuwendungen (mindestens 4 Mio. EUR pro Drittstaat) in den drei Jahren vor der Meldung erhalten haben (Art. 29 Abs. 1 Satz 1 VO). Wenn dies nicht zutrifft, dann ist eine entsprechende Erklärung abzugeben (Art. 29 Abs. 1 Satz 2 VO). Meldungen oder Erklärungen durch Unternehmen müssen ab 12.10.2023 erfolgen (Art. 54 Abs. 4 VO).
  • Die Meldung oder Erklärung ist vom Unternehmen im offenen Verfahren mit dem Angebot abzugeben (Art. 29 Abs. 1 Satz 3 VO). Bei Teilnahmewettbewerben ist die Meldung oder Erklärung zunächst mit dem Teilnahmeantrag und nochmals aktualisiert mit dem (endgültigen) Angebot abzugeben (Art. 29 Abs. 1 Satz 4 VO). Meldungen und Erklärungen sind vom öffentlichen Auftraggeber unverzüglich an die EU-Kommission (kurz: KOM) auf digitalem Weg (Art. 26 Abs. 1 Durchführungsverordnung (EU) 2023/1441; kurz: DVO) weiterzuleiten (Art. 29 Abs. 2 VO). Die öffentlichen Auftraggeber sind gegenüber der KOM über prüfungsrelevante Informationen zudem auskunftsverpflichtet (Art. 11 DVO).
  • Wird die geforderte oder ggf. („kann”) nachgeforderte (Frist: zehn Arbeitstage) Meldung oder Erklärung nicht abgegeben, ist das Angebot oder der Teilnahmeantrag zwingend auszuschließen (Art. 29 Abs. 3 VO). Der öffentliche Auftraggeber muss die KOM über den Ausschluss informieren (Art. 29 Abs. 3 Satz 3 VO). Arbeitstage sind Montage bis Freitage mit Ausnahme der Feiertage der KOM (Art. 2 Nr. 4 DVO).
  • Ist die Meldung oder Erklärung nach Ansicht der KOM unvollständig, fordert sie den öffentlichen Auftraggeber auf, das Angebot oder den Teilnahmeantrag auszuschließen (Art. 29 Abs. 4 Satz 4 VO).
  • Ist die Meldung hingegen vollständig, hat die KOM 20 Arbeitstage Zeit, eine Vorprüfung durchzuführen (Art. 30 Abs. 2 Satz 1 VO). Innerhalb dieser Frist kann sie beschließen, eine eingehende Prüfung binnen 110 Arbeitstagen vorzunehmen (Art. 30 Abs. 3, Abs. 5 Satz 1 VO).
  • Kommt die KOM in der eingehenden Prüfung zu dem Ergebnis, dass das Unternehmen von den Binnenmarkt verzerrenden drittstaatlichen Subventionen profitiert und kann die Verzerrung nicht vollständig und wirksam beseitigt werden, fasst die EU-Kommission einen an den öffentlichen Auftraggeber gerichteten Beschluss, den Zuschlag an das betroffene Unternehmen zu untersagen (Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VO).
  • Während einer Vorprüfung und eingehenden Prüfung kann das Vergabeverfahren fortgesetzt werden, mit Ausnahme der Zuschlagserteilung (Art. 32 Abs. 1 VO); ergeht binnen der Fristen kein Beschluss der KOM, darf der Zuschlag erteilt werden (Art. 32 Abs. 2 Satz 2 VO).
  • Wurde das wirtschaftlich günstigste Angebot von einem Unternehmen abgegeben, das eine Erklärung (und keine Meldung) eingereicht hat, kann der Zuschlag erteilt werden, ohne dass die Prüfung anderer Meldungen abgewartet werden müsste (Art. 32 Abs. 3 VO).
  • Der öffentliche Auftraggeber muss die KOM unverzüglich über die Aufhebung des Vergabeverfahrens, den Ausschluss und die Angebotsabgabe/n des betroffenen Unternehmens sowie die Zuschlagserteilung unterrichten (Art. 32 Abs. 6 VO).

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