Neue Chance für Eigenversorgung und Bürgerenergie – nationaler Umsetzungsbedarf aus der novellierten EE-Richtlinie?

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​Die im Rahmen des Clean-Energy-Package vom Parlament und Europäischen Rat beschlossene Novellierung der EE-Richtlinie (COM (2016)0767) setzt mit Vorgaben zur Eigenversorgung, dezentraler Energiegewinnung und Bürgerenergiegesellschaften neue Vorgaben für den nationalen Gesetzgeber. Dabei ist zur Zeit noch offen, ob sich aus den Auslegungsspielräumen der Richtlinie eher neue Chancen oder weitere Restriktionen für die regenerative Eigenversorgung, Mieterstrommodelle und Bürgerenergiegesellschaften ergeben. 

 

Mit der neuen Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (EE-Richtlinie – Renewable Energy Direktive II - RED II) bahnen sich neben dem kurz vor der Verabschiedung stehenden Energiesammelgesetz weitere Neuerungen im Energiesektor an. Bereits Mitte November beschloss das EU-Parlament die Neufassung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie, die den europäischen Rahmen für den Ausbau erneuerbarer Technologien im kommenden Jahrzehnt abstecken soll. Anfang Dezember haben die EU-Mitgliedstaaten nun der EE-Richtlinie als zentralen Baustein des sog. Clean-Energy-Package der EU-Kommission zugestimmt. Die Richtlinie tritt am dritten Tag nach der Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft.

 

Zentraler Ausrichtungspunkt für die nationale Umsetzung der Richtlinie, die anders als eine EU-Verordnung keine unmittelbare Rechtswirkung in den Mitgliedsländern entfaltet, ist das Ziel, bis 2030 einen Anteil Erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch von 32 % zu erreichen, was zumindest wesentlich ambitionierter als der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission von 27 % erscheint, dessen Erreichen jedoch mangels verbindlicher nationaler Ziele für die einzelnen Mitgliedstaaten nach Ansicht der Umwelt- und Erneuerbare-Energien-Verbände unzureichend  ist.

 

Wesentliche Vorgaben der EE-Richtlinie betreffen insbesondere die Eigenversorgung mit Strom aus EE-Anlagen. Nach der aktuellen Gesetzeslage ist Eigenstrom nur bei neuen Stromerzeugungsanlagen mit einer installierter Leistung von bis zu 10 kW und auch nur bis zu einer Strommenge von 10 MWh komplett von der EEG-Umlage befreit (§ 61a EEG 2017). Für die Eigenversorgung aus neuen, regenerativen oder hocheffizienten größeren Anlagen oder bei Strommengen, die über die 10 MWh-Grenze hinaus verbraucht werden, fällt gemäß § 61b EEG 2017 eine 40 prozentige Umlage an.

 

Erste Stellungnahmen und Gutachten zur Richtlinie deuten darauf hin, dass dies Bestimmungen nach den Vorgaben des nun verabschiedete EU-Recht anpassungsbedürftig sind. Art. 21 EE-Richtlinie regelt die neuen europarechtlichen Vorgaben für Eigenversorger und garantiert damit  Verbrauchern europaweit einen Anspruch auf Eigenversorgung. In Art. Abs. 2 lit a) EE-Richtlinie wird der Grundsatz eines diskriminierungsfreien und verhältnismäßigen Verfahrens für die Eigenversorgung und der Befreiung von jeglichen Abgaben, Umlagen und Gebühren festgelegt. Die in Art. 21 Abs. 3 EE-Richtlinie aufgeführten Ausnahmen werden teilweise dahingehend ausgelegt, dass für Anlagen mit einer installierten Leistung von weniger als 30 kW keine Umlagen erhoben werden dürfen (vgl. Art. 21 Abs. 3 Buchst. c) EE-Richtlinie). Danach setzt vor allem die Solarbranche große Hoffnung in eine Ausweitung des EEG-Eigenstromprivilegs.

 

Allerdings sieht die Richtlinie auch Möglichkeiten zur Beschränkung der mittelbaren Förderung von Eigenstromanlagen durch abgaben- und netzentgeltrechtliche Eigenstromprivilegien vor. So könnte die Richtlinie die Möglichkeit zur Erhebung erhöhter Netznutzungsentgelte für Eigenstrom-Anschlüsse eröffnen, da das aufgrund der witterungsabhängigen Eigenerzeugung kaum zu prognostizierende Reserve- und Spitzenlastprofil für den Bezug aus dem Netz zu erhöhten Netzkosten führt (vgl. Art. 21 Abs. 2 Buchst. a) i) EE-Richtlinie). Selbst die Eigenstromprivilegierung regenerativer Kleinanlagen bis 30 kW könnte ab Dezember 2026 nach den Vorgaben der EE-Richtlinie wieder revidiert werden, sobald der Anteil der Eigenversorgungsanlagen an der gesamten installierten Kapazität 8 % übersteigt (vgl. Art. 21 Abs. 3 Buchst. b) EE-Richtlinie). Diese Bestimmungen stehen deshalb nach Ansicht mehrerer Verbände mit der aktuellen Befreiungsregelung im Widerspruch, sodass eine entsprechende Nachjustierung vonseiten des nationalen Gesetzgebers unumgänglich sei.

 

Auch der Mieterstrom wird von einer Neuregelung in Abs. 4 des Art. 21 EE-Richtlinie beeinflusst. Beispielsweise darf Mieterstrom nicht grundlos eine andere Behandlung erfahren als die Eigenversorgung, wobei nicht nur hier der Interpretationsspielraum der gewählten Formulierungen für die Auswirkungen auf die aktuelle Gesetzeslage noch ungeklärt ist. Gleichwohl hoffen auch hier die Befürworter von Mieterstrommodellen auf europarechtlichen Rückenwind, mit dem die bestehende gesetzgeberische Blockade – zuletzt wurde die Mieterstromförderung für PV-Anlagen mit dem Energiesammelgesetz sogar verschlechtert – aufzubrechen.

 

Vonseiten der Bundesregierung gab es bislang keine Stellungnahmen zur Auffassung der geänderten Rechtslage, jedoch ist eine Klärung der genaueren rechtlichen Interpretation der neuen Richtlinie nicht nur für private Anlagenbetreiber, sondern auch für die Erreichung der im EEG auf nationaler Basis und nun auch der EU-weiten Zielvorgaben von besonderer Bedeutung. Die EE-Richtlinie ist bis Mitte 2021 umzusetzen, sodass ohnehin nicht mit einer Umsetzung vor der nächsten Bundestagswahl zu rechnen ist.

 

Nach der bisherigen restriktiven Energiepolitik der Bundesregierung zu Mieterstrom und Eigenversorgungsprivilegien müsste damit gerechnet werden, dass der Gesetzgeber eher eine einschränkende Auslegung der EE-Richtlinie vornehmen wird. Insofern hängt die nationale Umsetzung der EE-Richtlinie wohl wesentlich davon ab, ob es bei der nächsten Bundestagswahl zu einem energiepolitischen Kurswechsel kommt oder die aktuelle Energiepolitik fortgesetzt wird.

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