Anschluss an das öffentliche Versorgungsnetz als begünstigte Handwerkerleistungen gem. § 35 a Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 1 EStG

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Autoren: Thomas Wust und Susanne Richter

 

Der Anschluss an das öffentliche Versorgungsnetz kann eine begünstigte Handwerkerleistung gemäß § 35 a Abs. 3 S. 1 und Abs. 4 S. 1 EStG sein. Nach aktuell geltendem Recht ist eine Ermäßigung – um 20 Prozent, höchstens jedoch bis 1.200,00 Euro – auf Antrag bei der tariflichen Einkommensteuer für in Anspruch genommene Handwerkerleistungen Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen möglich. Diese Maßnahmen müssen im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden. Das Tatbestandsmerkmal „im Haushalt” bestimmt die sachliche Begrenzung der begünstigten Maßnahmen. Handwerkerleistungen sind nur begünstigt, wenn sie im räumlichen Bereich eines vorhandenen Haushalts oder auf dem dazugehörigen Grund und Boden erbracht werden.

 

Das BFH-Urteil vom 20.03.2014 (VI R 56/12) und das Urteil in einem vergleichbaren Sachverhalt vom FG Sachsen (12.11.2015, 8 K 194/15) gehen mit ihren Entscheidungen auf die Fragen ein, unter welchen Voraussetzungen Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremden, z. B. öffentlichen Grund erbracht werden, begünstigt sein können.

 

Durch die Entscheidung des BFH können hingegen der Ausführungen des BMF-Schreibens vom 10. Januar 2014 auch Handwerkerleistungen, die außerhalb der Grundstücksgrenze auf fremden, beispielsweise öffentlichen Grund erbracht werden, begünstigt sein. Hier muss jedoch ein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang zum Haushalt bestehen, um solche Leistungen anzuerkennen. Das liegt gem. BFH-Urteil vom 20.03.2014 (VI R 56/12) insbesondere dann vor, wenn der Haushalt des Steuerpflichtigen an das öffentliche Versorgungsnetz angeschlossen wird. Das Urteil wurde veröffentlicht und wird in einem solchen Sachverhalt von der Finanzverwaltung anerkannt. Andere Fälle, die ähnlich sind, werden bisher nicht anerkannt oder bis zur Überarbeitung des BMF-Schreibens vom 10.01.2014 zurückgestellt.

 

Ein vergleichbarer Sachverhalt wurde vom FG Sachsen mit Urteil vom 12.11.2015 (8 K 194/15) entschieden. Die Beteiligten stritten über die Berücksichtigung eines als „Baukostenzuschuss” bezeichneten Rechnungsbetrages für die „Herstellung der Mischwasserleitung”. Dieser Betrag war in Höhe von 60 Prozent als Handwerkerleistung nach § 35 a EStG als Bestandteil der Anschlusskosten für das Grundstück der Kläger an die öffentliche Abwasserentsorgungsanlage in der Steuererklärung angegeben worden. Ursprünglich wurde das Abwasser des Haushalts über eine Sickergrube entsorgt, anschließend durch den Abwasserzweckverband zusammen mit benachbarten Grundstücken an das öffentliche Abwassernetz angeschlossen. Der Vorgang umfasste im Vorfeld Arbeiten, wie die Erneuerung des bestehenden öffentlichen Mischwasserkanals, die Erweiterung einer Mischwasserleitung einschließlich des den Klägern zugeordnete Grundstücks sowie weitere Tätigkeiten, welche das Grundstück der Kläger betrafen. Der Abwasserzweckverband stellte für die Herstellung der Mischwasserleitung als Bestandteil des Hausanschlusses an die zentrale Abwasserentsorgungsanlage einen Baukostenzuschuss in Höhe von 3.896,60 Euro in Rechnung, hiervon entfielen 60 Prozent in Höhe von 2.338,00 Euro auf Arbeitskosten.

 

Das Finanzamt vertritt die Meinung, dass die Steuerermäßigung aus mehren Gründen nicht möglich ist. Es handele sich einerseits um eine Neubaumaßnahme und andererseits sei gemäß der vorliegenden Rechnung zu erkennen, dass für den Bau Fördermittel zu berücksichtigen sind. Dies schließt einen Ansatz nach § 35 a EStG aus. Zudem handele es sich bei den geltend gemachten Aufwendungen nicht um Kosten für den Anschluss an Trink- und Abwasserentsorgung und damit nicht um Kosten für den Haushalt des Klägers, sondern um Kosten für die Neuverlegung eines Mischwasserkanals.

 

Das FG Sachsen entschied zugunsten des Klägers, dass eine Begünstigung gemäß § 35 a Abs. 3 EStG möglich ist. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung handele es sich bei der Herstellung des Mischwasserkanals nicht um Maßnahmen der erstmaligen Herstellung (Neubau), begründet wird dies damit, dass das Abwasser auf dem Grundstück zuvor über eine Sickergrube entsorgt wurde. Die Herstellung ist zudem nicht isoliert zu betrachten, sondern als Teil der gesamten Maßnahme anzusehen, die für den Anschluss des Grundstücks an die öffentliche Abwasserentsorgungsanlage notwendig waren. Auch der in Rechnung gestellte Baukostenzuschuss stelle Aufwendungen der Kläger für den Hausanschluss an das öffentliche Versorgungsnetz dar.

 

§ 35 a Abs. 3 S. 2 EStG schließt einen Abzug aus, wenn für öffentlich geförderte Maßnahmen zinsverbilligte Darlehen oder steuerfreie Zuschüsse in Anspruch genommen werden wodurch eine Doppelförderung vorliegen würde. Jedoch muss hierbei der Empfänger der öffentlichen Fördermittel der Steuerpflichtige selbst sein. Das sei nach dem Finanzgericht in diesem Sachverhalt nicht der Fall, da die Kläger keine Fördermittel für den Anschluss ihres Grundstücks an das öffentliche Entsorgungsnetz in Anspruch genommen haben. Hier hat der Abwasserzweckverband selbst öffentliche Förderungen erhalten und diese bei der Berechnung des anteiligen Baukostenzuschuss in Abzug gebracht wodurch keine Doppelförderung des Steuerpflichtigen vorliegt. Revision vor dem BFH (VI R 18/16) gegen die Entscheidung des FG Sachsens wurde zugelassen. Bei vergleichbaren Fällen wird empfohlen, Einspruch bis zum Ergehen eines BFH-Entscheides einzulegen.

 

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Thomas Wust

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