Vorsteuerabzug trotz unvollständiger Rechnung?

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Autoren: Marcel Reinke und Nicole Maußhammer

 

Der EuGH ermöglicht in seiner Rechtsprechung im Fall „Barlis” einen Vorsteuerabzug trotz einer nicht ordnungsgemäßen Rechnung. Der Vorsteuerabzug kann auch dann gewährt werden, wenn nur die materiellen Voraussetzungen vorliegen. Eine Missachtung der formellen Voraussetzung darf nicht ohne Weiteres zur Versagung des Vorsteuerabzugs führen. Maßgebend ist insoweit, dass eine Rechnung vorliegt, welche sich durch zusätzliche vom Steuerpflichtigen beigebrachte Informationen ergänzen lässt.

 

​Um in den Genuss des Vorsteuerabzugs zu gelangen, muss der Steuerpflichtige über eine ordnungsgemäße Rechnung im Sinne der §§ 14, 14a UStG verfügen. Ohne eine solche ordnungsgemäße Rechnung schließt die Finanzverwaltung den Vorsteuerabzug grundsätzlich aus. Problematisch in diesem Zusammenhang ist jedoch, wenn der Rechnungsaussteller seine Leistungen unzureichend beschreibt, den Leistungszeitraum nicht klar eingrenzt oder gar bestimmte Angaben unterlässt. In solchen Fällen hat spätestens die Betriebsprüfung den Vorsteuerabzug aus diesen Rechnungen versagt, so dass der Steuerpflichtige vom Rechnungsaussteller eine entsprechende geänderte Rechnung einfordern musste.

 

Offen war indes, inwieweit weitergehende Angaben des Steuerpflichtigen in diesem Bereich berücksichtigt werden müssen und die Ausstellung einer geänderten Rechnung unterbleiben konnte. Mit dieser Frage hat sich nunmehr der EuGH zu befassen gehabt. In seiner Entscheidung Barlis (Az. C-516/14) hat der EuGH entschieden, dass die Angaben innerhalb der Rechnung es der Finanzverwaltung ermöglichen müssen, zu kontrollieren, ob die geschuldete Steuer entrichtet wurde und ob ein Vorsteuerabzugsrecht besteht. Gemäß Art. 226 Nr. 6 MwStSystRL muss die Rechnung Art und Umfang der erbrachten Dienstleistung präzisieren. Auf eine erschöpfende Beschreibung der Leistung kann jedoch verzichtet werden. Entscheidend soll sein, dass erkennbar ist um welche Leistungen es sich handelt und wann der entsprechende Umsatzsteuertatbestand erfüllt worden ist.

 

Sofern die entsprechende Rechnung diesen Voraussetzungen nicht gerecht werden sollte, so hindert dies nach Auffassung des EuGH den Vorsteuerabzug dann nicht, wenn die materiellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs gegeben sind. Dies ist insofern ungewöhnlich, da der EuGH selbst betont, dass gem. Art. 226 Nr. 6 und 7 MwStSystRL eine den Anforderungen des Art. 226 Nr. 6 MwStSystRL gerecht werdende Rechnung Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist. Seine abweichende Sichtweise begründet der EuGH gleichwohl zutreffend damit, dass gemäß Art. 219 MwStSystRL einer Rechnung jedes Dokument und jede Mitteilung gleichgestellt ist, das oder die die ursprüngliche Rechnung ändert und spezifisch und eindeutig auf diese bezogen ist. Eine Beschränkung der Prüfung der Ordnungsgemäßheit der Rechnung für die Frage des Vorsteuerabzugs ist daher nicht zulässig. Vielmehr ist die Finanzverwaltung daran gebunden, sämtliche weitergehende Informationen des Steuerpflichtigen miteinzubeziehen um dann auf dieser Basis feststellen zu können, ob und wann der entsprechende Umsatzsteuertatbestand erfüllt wurde.

 

Der EuGH weist an dieser Stelle zwar auch darauf hin, dass die Mitgliedsstaaten gem. Art. 273 MwStSystRL berechtigt sind Maßnahmen zu erlassen um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und um eine Steuerhinterziehung zu vermeiden. Jedoch dürfen diese Maßnahmen nicht dazu führen, dass nur das Vorliegen einer nicht den Anforderungen der Art. 226 Nr. 6 und 7 MwStSystRL entsprechenden Rechnung zu einem Ausschluss des Vorsteuerabzugs führt.

 

Sofern daher im Rahmen einer Betriebsprüfung der Vorsteuerabzug aufgrund des Vorliegens einer nicht ordnungsgemäßen Rechnung verwehrt werden soll, sollte versucht werden der Finanzverwaltung durch weitere Dokumente oder Auskünfte die Erfüllung des jeweiligen Umsatzsteuertatbestandes nachzuweisen.

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