Umsatzsteuerabsenkung 2020 bei Energielieferungen - Umsatzsteuerliche Besonderheiten für die Lieferung von Elektrizität, Gas, Wasser, Wärme und Kälte

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​veröffentlicht am 4. August 2020; zuletzt aktualisiert am 5. November 2020

 

Mittlerweile haben sich unter Anwendung der allgemeinen Rechtsgrundsätze sowie der vorliegenden Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) weitere Fragen im Zusammenhang mit Energielieferungen im Zeitraum der Absenkung der Umsatzsteuersätze ergeben, zu welchen wir gerne Stellung nehmen möchten.


Dies erfolgt in Ergänzung respektive auch stellenweiser Anpassung unseres Artikels „UPDATE - Konjunkturpaket: Umsatzsteuerliche Besonderheiten für die Lieferung von Elektrizität, Gas, Wasser, Wärme und Kälte” vom 4.6.2020 (zuletzt aktualisiert am 1.7.2020). 

Zu der Lieferung von Gas hatten wir dezidiert darauf hingewiesen, dass aufgrund der Besonderheit des Gaswirtschaftsjahres nach unserer Einschätzung ein umsatzsteuerliches Risiko besteht, da die Ablesung der Abnahmemenge für die Gaslieferung des Monats Dezember erst am 1.1.2021 um 06:00 Uhr erfolgt. Das Risiko besteht darin, dass bei der beabsichtigten Stichtagsabrechnung zum 31.12.2020 der Ablese-/ Abrechnungszeitraum folglich erst nach dem Stichtag für die Geltung der abgesenkten (Umsatz-)Steuersätze endet. Eine grundsätzlich zulässige Abrechnung des gesamten Ablese-/ Abrechnungszeitraums mit 16 Prozent Umsatzsteuer (USt) wäre somit nicht möglich und zöge bei entsprechender Abrechnung ein hohes umsatzsteuerliches Risiko für das Versorgungsunternehmen nach sich. Dieser Auffassung folgt definitiv die bayerische Finanzverwaltung.


Insofern keine Möglichkeit besteht, die Abrechnung im Jahr 2020 ausnahmsweise zum 30.11. vorzunehmen, kann nach den uns vorliegenden Informationen das Risiko unter Bezugnahme auf den Gastag auch dadurch umgangen werden, dass der Ablesezeitraum auf den 1.1.2020 bis zum 30.12.2020 begrenzt wird, die Ablesung der Abnahmemenge für die Gaslieferung des Monats Dezember gilt dann am 31.12.2020 um 06:00 Uhr als erfolgt. Alternativ dürfte auch eine Anpassung der AGB dahingehend, dass die Ablesung der Gaslieferung ausdrücklich zum 31.12., 24:00 Uhr erfolgt, das Risiko ausschließen.

Fraglich war vor dem Hintergrund der Verwendung der Begrifflichkeiten „Ablesezeitraum” und „[…]in der Regel entscheidend, wann die Ablesung erfolgt” durch das BMF, wie mit Fällen umzugehen ist, in welchen ausnahmsweise – bei beabsichtigter Stichtagsabrechnung zum 31.12.2020 – die tatsächliche Ablesung in Einzelfällen erst wenige Tage nach dem 31.12.2020 erfolgen kann. Hierbei kommt es nach den uns vorliegenden Informationen weniger auf den Ablesezeitpunkt, als auf den Abrechnungszeitraum an. Wird also auf der Rechnung bspw. der Ablese-/ Abrechnungszeitraum vom 1.1.2020 bis zum 31.12.2020 angegeben und der entsprechend nach diesem Zeitraum abgelesene Zählerstand (bspw. am 5.1.2021), wie üblich auf den 31.12.2020 zurückgerechnet, gilt die Lieferung als im Absenkungszeitraum ausgeführt und kann nach dem Stichtagsprinzip für den gesamten Ablese-/ Abrechnungszeitraum mit 16 Prozent USt abgerechnet werden.

Unklarheit besteht auch bei der Abrechnung der Netznutzung für SLP-Kunden zwischen Netzbetreibern und fremden Händlern sowie – bei rechtlich entflochtenen Unternehmen – zwischen der Netz- und der Vertriebsgesellschaft. Hier stellt sich die Frage, ob umsatzsteuerlich zwingend eine Aufteilung des Lieferzeitraums vorzunehmen ist oder ob analog der Energielieferungen nach dem Stichtagsprinzip der gesamte Ablese-/ Abrechnungszeitraum mit 16 Prozent USt abgerechnet werden kann. Zwar erfolgt hierbei üblicherweise eine monatliche Abschlagsmitteilung, aber die Ablesung und Abrechnung erfolgen jährlich.
Des Weiteren blieb offen, wie die Abschläge und Abrechnungen der EEG-Einspeiser und KWKG-Einspeiser als Lieferung von Energie an das Versorgungsunternehmen umsatzsteuerlich zu handhaben sind. Auch hier erfolgt im Regelfall eine jährliche Abrechnung mit sich daraus ergebender Abschlagsmitteilung für das Folgejahr im Gutschriftsverfahren.


In beiden Fällen sieht es die Finanzverwaltung nach den uns vorliegenden Informationen als zulässig an, umsatzsteuerrechtlich analog der Lieferung von Energie vorzugehen.


Entsprechend können – trotz Vorsteuerabzugsberechtigung im Bereich der Netzbetreiber und weitestgehend auch im Bereich der Einspeiser (abgesehen von Kleinunternehmern) - die Abschläge weiterhin mit 19 Prozent USt in Rechnung gestellt werden und – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – die Abrechnung des gesamten Ablese-/ Abrechnungszeitraums mit 16 Prozent USt erfolgen. Bei den EEG-Einspeisern und KWKG-Einspeisern ergibt sich so keine Notwendigkeit einer neuen Abschlagsmitteilung im Rahmen des Gutschriftsverfahrens und keine Anpassung der Brutto-Abschläge. Die Korrektur auf 16 Prozent USt kann somit auch hier mit der Jahresabrechnung erfolgen.


Nach den uns vorliegenden Informationen soll zumindest zu diesen beiden Sachverhalten – Netznutzung und EEG-Einspeisung – bereits ein klarstellendes BMF-Schreiben in Vorbereitung sein.

 

Mit Schreiben vom 4.11.2020 hat das BMF unter Rz. 11 die Anwendung des Stichtagsprinzip für Leistungen im Rahmen der EEG-Einspeisung und der Netznutzung bestätigt.


 
Der Themenkomplex „Verordnung für die Grundversorgung” könnte unter Umständen ebenfalls bei vielen Versorgungsunternehmen ein hohes umsatzsteuerliche Risikopotential bergen. Aus den Regelungen der jeweiligen Verordnung könnte abgeleitet werden, dass die sich aus der temporären Absenkung der Umsatzsteuer ergebende verbrauchsabhängige Preisänderung bei den Grund- und Ersatzversorgungstarifen auch umsatzsteuerrechtlich zwingend zeitanteilig zu berechnen ist. Demnach wäre nur eine Abrechnung unter Aufteilung des Ablese-/ Abrechnungszeitraums nach dem sog. Scheibenmodell zulässig.


Dieser Auffassung folgt unserer Kenntnis nach die Finanzverwaltung nicht.

 

Maßgeblich für die Zulässigkeit der Anwendung des Stichtagsmodells sind ausschließlich die umsatzsteuerlichen Regelungen zu der Lieferung von Energie. Diese umfassen – unabhängig von Tarifen und weiteren Verordnungen außerhalb der Sphäre des Steuerrechts – auch die Belieferung im Rahmen der Grund- und Ersatzversorgung. Eine Abrechnung für den gesamten Ablese-/ Abrechnungszeitraum mit 16 Prozent USt wird daher seitens der Finanzverwaltung für die Grund- und Ersatzversorgung nicht beanstandet.

Ein weiterer Themenbereich, für welchen wir eine Klärung herbeiführen konnten, ist der Ausweis von abgegrenzten Mengen auf der Jahresabrechnung. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist es für die Anwendung des Stichtagsprinzips schädlich, wenn aufgrund von Preisgleitklauseln die Mengen und Preise für bestimmte Zeiträume auf der (jährlichen) Abrechnung aufgeführt werden. Dies gilt auch dann, wenn gleichbleibende Abschläge erhoben werden und nur einmal jährlich eine tatsächliche Ablesung sowie Abrechnung erfolgt und der Abrechnungszeitraum entsprechend bspw. vom 1.1.2020 bis zum 31.12.2020 ausgewiesen wird. Aufgrund der Zuordnung von (gewichteten) Mengen und Preisen zu bestimmten Zeiträumen (bspw. quartalsweise) kann lt. Auffassung der Finanzverwaltung nicht mehr von einer jährlichen Ausführung der Lieferung, sondern muss von einer bspw. quartalsweisen Ausführung (Teilleistungen) ausgegangen werden. Dementsprechend ist der im Zeitpunkt der Ausführung der jeweiligen Lieferung (Ende des jeweiligen Abgrenzungszeitraums) geltende (Umsatz-)Steuersatz anzuwenden. Eine Abrechnung nach dem Stichtagsprinzip mit 16 Prozent USt für den gesamten Ablese-/ Abrechnungszeitraum sollte daher unterbleiben.


Für weiterführende Fragen und Unterstützungsleistungen stehen wir gerne zu Ihrer Verfügung und werden Sie zu dem Themenbereich weiterhin zeitnah informieren!

 

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