Regierungswechsel – Fokus Fernwärme: Welche Weichen sind für die nächste Legislaturperiode gestellt?

PrintMailRate-it

​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 14. April 2025


Die Wärmewende ist eine der zentralen Transformationen auf dem Weg zur Klimaneutralität in Deutschland. Der Fernwärme kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu. In der Vergangenheit wurden hierfür hilfreiche Rahmenbedingungen geschaffen, sowohl für Anschlussnehmer als auch für Fernwärmeversorger und Kommunen. Neben der Transformation der Erzeugung und den steigenden Anforderungen an die Effizienz geht mit der Erneuerung und Erweiterung der Fernwärmeinfrastruktur ein hoher Investitions- und damit Finanzierungsbedarf einher.

Im Zuge des Regierungswechsels wurde und wird laufend spekuliert, wie der gesetzliche und förderrechtliche Rahmen des Fernwärmeausbaus sich hinsichtlich der hohen Anforderungen verändern wird. Die zentralen Forderungen der Branche an die zukünftige Regierung sind in einer in Branchenkreisen durchgeführten Umfrage klar formuliert. Auf Basis unserer Marktkenntnisse fassen wir die wichtigsten Punkte im Folgenden zusammen.

  • ​Beibehaltung, Optimierung und Verstetigung der Fördermittellandschaft:

    Zentrale Förderungsinstrumente für Fernwärmeprojekte sind unbedingt langfristig finanziell auszustatten und zu erweitern. Dazu gehört auch, Fördermöglichkeiten für Wärmeerzeugung durch regionale Energieträger wie industrielle Abwärme oder Tiefengeothermie zu erweitern, um ungenutzte Potenziale unvermeidbarer Abwärme sowie weitere CO₂-neutrale Technologien optimal zu nutzen.
  • Aktualisierung und langfristige Festlegung der Rahmenbedingungen für Fernwärme:

    Dies beinhaltet vor allem die Novellierung bereits existierender Gesetze und Verordnungen durch die Anpassung an die heutigen Rahmenbedingungen und Vorgaben zur Dekarbonisierung (u. a. AVBFernwärmeV, WärmeLV). So können Verbraucherschutz- und Versorgerinteressen in Einklang gebracht werden. Die Investitionssicherheit und damit auch die Investitionsbereitschaft von Versorgern und Kommunen in Fernwärmeprojekte wird mit einer Überarbeitung des rechtlichen Rahmens ebenfalls verbessert.
  • Bürokratieabbau in Planung, Genehmigung und Bau:

    Überkomplizierte Planungs- und langwierige Genehmigungsverfahren verlangsamen und verhindern teilweise den Ausbau der Fernwärme in Deutschland. Eine Vereinfachung der gesetzlichen Anforderungen an Versorger und Kommunen ist essenziell für eine höhere Investitionsbereitschaft sowohl in Netze als auch Erzeugungsanlagen. Die Verabschiedung des Gesetzes zur Privilegierung von Geothermie im planungsrechtlichen Außenbereich gemäß § 35 Baugesetzbuch würde eine notwendige Erleichterung für die Durchführung von Geothermieprojekten bedeuten.
  • Sicherstellung einer konsistenten Gesetzgebung zur Erreichung des Ziels der Klimaneutralität bis 2045:

    Diskussionen über ein Aufweichen der Ausbauziele erneuerbarer Energien und der Klimaneutralitätsziele oder über eine weitgehende Rücknahme des GEG verunsichern die Branche und die Verbraucher. Hierbei sollte sowohl in der Gesetzgebung als auch in der Kommunikation politischer Konsens herrschen. Dies wird die Akzeptanz „neuer“ Technologien bei Verbrauchern steigern und die Investitionsbereitschaft von Versorgern und Kommunen erhöhen. Nur durch langfristige Planungssicherheit und Verstetigung der Rahmenbedingungen kann die Transformation der Wärmewirtschaft gelingen.
  • Reduzierung und Stabilisierung ​​der Stromkosten zur besseren Einbindung von Wärmepumpen und Power-to-Heat Anlagen in Wärmenetze:

    ​Eine hohe Abhängigkeit von Gas in der Fernwärme stellt insbesondere im Hinblick auf die geopolitische Lage und inzwischen auch weltwirtschaftliche Lage ein Risiko dar. Zur Einbindung erneuerbarer Wärmeerzeugungstechnologien ist es unerlässlich, die Integration von Wärmepumpen und Power-to-Heat-Anlagen zu erleichtern. Die Stabilisierung der Strompreise kommt nicht nur der Industrie zugute, sondern auch Fernwärmeversorgern, deren betriebswirtschaftliche Planung dadurch einfacher und belastbarer wird.

Ankündigungen im Koalitionsvertrag zum Thema Wä​rmewirtschaft

Aufschluss darüber, ob die Forderungen der Branche in der zukünftigen Legislaturperiode berücksichtigt werden, gibt der kürzlich veröffentlichte Koalitionsvertrag vom 09.04.2025. So plant die künftige Regierung – bestehend aus Union und SPD – die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze gesetzlich zu regeln und aufzustocken. Diese Ankündigung lässt die Fernwärmeversorgungswirtschaft aufatmen und stärkt die Investitionssicherheit, sofern die BEW-Mittel zukünftig nicht mehr am Haushaltsvorbehalt hängen.

Ebenso sollen die WärmeLV und AVBFernwärmeV novelliert werden und dabei „die Interessen des Verbraucherschutzes und der Versorgungswirtschaft ausgewogen berücksichtigt werden“. Dies wäre wünschenswert, da bisher der Verbraucherschutz eher im Fokus der Novellierungsentwürfe stand. Damit waren die Unsicherheiten der Versorger hoch: Fehlende Rechtssicherheit bei der Anpassung der Wärmepreise aufgrund von Dekarbonisierungsmaßnahmen und bei der Gestaltung von Preisgleitklauseln gefährdet auch die Finanzierung der Investitionen von Fernwärmeversorgern. Das Thema Preistransparenz wird aufgegriffen, hierfür soll sowohl die Preisaufsicht gestärkt als auch eine „unbürokratische Schlichtungsstelle“ ins Leben gerufen werden. Es bleibt abzuwarten, welche neuen praktischen Konsequenzen sich hieraus ergeben.

Förderungen für Sanierungen und neue Heizungen bleiben weiter bestehen. Diese Maßnahmen werden von der Branche positiv gesehen. Erfreulicherweise wurden auch hinsichtlich der (Tiefen-)Geothermie relevante Passagen ausformuliert. So soll ein „verbessertes Geothermie-Beschleunigungsgesetz“ initiiert werden. Zusätzlich wurde die Einführung geeigneter Instrumente zur Fündigkeitsabsicherung angekündigt und die Notwendigkeit einer vollständigen Absicherung von Schadensfällen betont. Zur Abwärmenutzung bekennt man sich insofern, als man sicherstellen möchte, dass unvermeidbare Abwärme „diskriminierungsfrei“ genutzt werden und deren „Einspeisung in Fernwärmenetze erleichtert“ werden soll.

Die geplante Abschaffung und Neuausrichtung des „Heizungsgesetzes“ hingegen wird trotz der angekündigten einfacheren Verzahnung von GEG und KWP wieder zur Verunsicherung von Verbrauchern und Kommunen führen. Das sogenannte „Heizungsgesetz“ gibt es in dem Sinne nicht, der Begriff wird häufig synonym mit dem GEG verwendet. Aus der darauffolgenden Formulierung wird deutlich, dass es auch nach wie vor ein Gebäudeenergiegesetz geben wird. Dieses „neue“ GEG soll „technologieoffener, flexibler und einfacher“ werden. Welche Anforderungen aus dem bisherigen Gesetz damit also konkret zurückgenommen werden ist unklar, da der Entwurf zumindest anerkennt, dass dies nur im Rahmen der Einhaltung der Europäischen Gebäuderichtline (EPBD) möglich ist. Die neue Regierung möchte jedoch in Zukunft mehr auf die CO₂-Vermeidung als zentrale Steuerungsgröße setzen. Die Ankündigung wird dazu führen, dass Versorger, Kommunen sowie Endverbraucher und Endverbraucherinnen Ihre Entscheidungen und damit auch weitere Umsetzungsmaßnahmen bis zur rechtlichen Klarstellung verschieben werden. 

Das Wärmeplanungsgesetz (WPG), welches ebenfalls seit 01.01.2024 in Kraft ist und die Fristen zur Umsetzung von Wärmeplänen und Transformationsbedingungen regelt, bleibt jedoch unerwähnt. Auf Seite 115 heißt es, dass die Wärmeplanung „von Beginn an die Umsetzung berücksichtigen“ muss. Es wird anerkannt, dass sich die Investitionen über Jahrzehnte verteilen und Kommunen und Energieversorger „Planungssicherheit und einen attraktiven Investitionsrahmen“ benötigen. Dies spiegelt die Forderungen der Branche sehr gut wider. Wie dies konkret politisch oder rechtlich verankert werden soll, bleibt jedoch im Koalitionsvertrag unklar.
Ohne eine zügige Klarstellung, welche Anpassungen am GEG vorgesehen sind, wird die Transformation der Wärmeversorgung weiter verzögert.

Die eingangs bereits erwähnte, von Rödl & Partner durchgeführte Branchenumfrage und die dazu veröffentlichte Kurzstudie zur Bundestagswahl 2025 führt die Erwartungen an die Politik weiter aus und ordnet die Positionen der Parteien des Bundestags zur Fernwärme ein.


FOLGEN SIE UNS!

LinkedIn Banner

AUS DEM NEWSLETTER

Kontakt

Contact Person Picture

Katja Rösch

M.Sc. Management and Technology

Partner

+49 89 9287 803 52

Anfrage senden

Contact Person Picture

Christian Marthol

Rechtsanwalt

Partner

+49 911 9193 3555

Anfrage senden

Profil

WIR BERATEN SIE GERN!

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu