Ist das Marktelement (§ 24 Abs. 4 S. 1 AVBFernwärmeV) im Jahr 2024 noch zeitgemäß?

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​​​​​​​veröffentlicht am 21. August 2024

Bereits am 16. November 2023 wurde bekannt, dass das Bundeskartellamt gegen insgesamt sechs Fernwärmeversorgungsunternehmen in vier verschiedenen Bundesländern Verfahren wegen des Verdachts auf missbräuchlich überhöhte Preissteigerungen im Zeitraum von Januar 2021 bis September 2023 eröffnet hat1. Die Verfahren des Bundeskartellamts wurden flankiert durch weitere Verfahren landesrechtlicher Kartellbehörden und Verbraucherschutzzentralen. Neben der konkreten Umsetzung des Kostenelements stand dabei insbesondere die Gewichtung des Marktelements in der Kritik (wir berichteten). Prüfungsmaßstab war jeweils die Vorschrift des § 24 Abs. 4 S. 1 AVBFernwärmeV.


Die fortwährende Diskussion und insbesondere die bei zahlreichen Fernwärmeversorgungsunternehmen bestehenden Rechtsunsicherheiten im Hinblick auf die konkrete Umsetzung der Vorgaben des § 24 Abs. 4 S. 1 AVBFernwärmeV, führen zu der berechtigten Frage, ob das Marktelement im Jahr 2024 noch als zeitgemäß erachtet werden kann. Dies insbesondere vor dem Hintergrund der nunmehr anstehenden Novellierung der AVBFernwärmeV und der fortschreitenden Dekarbonisierung der Wärmeversorgung in Deutschland. Der Beitrag soll einen Überblick über die Frage geben, ob zukünftig auf die Abbildung eines Marktelements in Preisänderungsklauseln verzichtet werden sollte.

Ausgestaltung von Pre​isänderungsklauseln

Ausgehend von der Vorschrift des § 24 Abs. 4 S. 1 AVBFernwärmeV dürfen Preisänderungsklauseln nur so ausgestaltet sein, dass sie sowohl die Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch das Unternehmen (sog. Kostenelement) als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt (sog. Marktelement) angemessen berücksichtigen. An dieser Grundkonzeption zur Ausgestaltung von Preisänderungsklauseln will der Verordnungsgeber, jedenfalls ausweislich des erst kürzlich bekannt gewordenen Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz zur Änderung der AVBFernwärmeV und zur Aufhebung der FFVAV vom 25.07.2024, grundsätzlich festhalten, vgl. § 24 Abs. 1 S. 1 AVBFernwärmeV (Entwurf).

Begrüßenswert erscheint dabei zunächst, dass sich der Verordnungsgeber in den § 24 und 24a AVBFernwärmeV (Entwurf) bewusst für eine Konkretisierung der Anforderungen an die Ausgestaltung von Kosten- und Marktelement entschieden hat. So ist insbesondere festzustellen, dass gemäß § 24 Abs. 1 S. 4 AVBFernwärmeV (Entwurf) das Marktelement in einer Preisänderungsklausel in der Regel durch die Bezugnahme auf den vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Wärmepreisindex (Code CC13-77) angemessen berücksichtigt ist.

Der konkrete Verweis des Verordnungsgebers auf den Wärmepreisindex als Sondergliederung des Verbraucherpreisindex, abrufbar unter GENESIS-Onl​ine Datenbank​, Code CC13-77, erscheint als Novum, wenngleich die Verwendung des Wärmepreisindex als Marktelement bereits heute dem Vorgehen zahlreicher Fernwärmeversorgungsunternehmen entspricht.

Wärmepreisindex als M​arktelement

Mit dem Verbraucherpreisindex misst das Statistische Bundesamt die durchschnittliche Preisentwicklung aller Waren und Dienstleistungen, die private Haushalte für Konsumzwecke kaufen. Zur Berechnung des Verbraucherpreisindex werden die Güter des Warenkorbs zunächst in rund 700 Güterarten eingeteilt. In einem zweiten Schritt wird dann die durchschnittliche Preisentwicklung gegenüber dem Basisjahr für eine Güterart jeweils mit dem Ausgabenanteil gewichtet, welchen die privaten Haushalte in Deutschland für diese Güterart ausgeben. Das Gesamtergebnis ist ein gewichteter Mittelwert für die Preisentwicklung in Deutschland nach Steuern.

Der Warenkorb des Wärmepreisindex als Sondergliederung des Verbraucherpreisindex setzt sich zusammen aus den Positionen „Betriebskosten für Gaszentralheizung“, „Betriebskosten für Ölzentralheizung“ und „Fernwärme“. Dabei entspricht der Warenkorb des Wärmepreisindex den tatsächlichen Verhältnissen auf dem Wärmemarkt in ganz Deutschland.

Auffällig erscheint, dass die Positionen „erneuerbare Energien“ oder auch „unvermeidbare Abwärme“, bisweilen eine – wenn überhaupt – nur sehr unterrepräsentative Rolle einnehmen. Dies, obwohl sie bei der zukünftigen Umsetzung der angestrebten Dekarbonisierung der Wärmenetze bis spätestens zum Jahr 2045 eine entscheidende Rolle einnehmen werden. Die fehlende Berücksichtigung der Positionen „erneuerbare Energien“ oder „unvermeidbare Abwärme“ im aktuellen Warenkorb des Wärmepreisindex begründet sich auf dem Umstand, dass auch im Jahr 2024 ein noch ganz überwiegender Anteil der Wärmeversorgung in Deutschland auf dem Einsatz fossiler Brennstoffe, mithin auf dem Einsatz von Öl und Gas, beruht.

Muster zur Abbildung einer Preisänderungsklausel zum Arbeitspreis
Neben den textlichen Bestimmungen der §§ 24 und 24a AVBFernwärmeV (Entwurf), enthält der Referentenentwurf vom 25.07.2024 auch ein Muster zur Abbildung einer Preisänderungsklausel zum Arbeitspreis. Das Muster ist im Hinblick auf die tatsächliche Erzeugungs- und Beschaffungsstruktur des Fernwärmeversorgungsunternehmens zu konkretisieren und auszufüllen. Wenngleich die Abbildung einer Muster-Preisänderungsklausel grundsätzlich begrüßenswert erscheint, muss sich das im aktuellen Referentenentwurf enthaltene Muster doch einige Kritikpunkte entgegenhalten lassen.

Dies betrifft insbesondere die in der Muster-Preisänderungsklausel vorgenommene 50:50 Gewichtung zwischen Kosten- und Marktelement.

Verhältnis z​​wischen Kosten- und Marktelement

Indem der Wortlaut des § 24 Abs. 4 S. 1 AVBFernwärmeV keine bestimmte Gewichtung zwischen Kosten- und Marktelement vorgibt, geht die ständige Rechtsprechung im Grundsatz von einem Gleichrangverhältnis aus. Abstufungen sind nur im Rahmen der Angemessenheit zulässig (BGH, Urteil vom 27.09.2023 - VIII ZR 263/22; BGH, Urteil vom 06.04. 2011 - VIII ZR 273/09; BGH, Urteil vom 18.12.2019 - VIII ZR 209/18; BGH, Urteil vom 19.7.2017 - VIII ZR 268/15; BGH, Urteil vom 25.06.2014 - VIII ZR 344/13). Gerichtlich wurde bisher nicht entschieden, welche untere Grenze für diese Abstufung noch als angemessen erscheint.

Verfehlt – und in der Muster-Preisänderungsklausel damit augenscheinlich verkannt – wäre es jedoch anzunehmen, dass – ausgehend vom Grundsatz des Gleichrangverhältnisses – eine „50:50“ Gewichtung zwischen Kosten- und Marktelement stets als angemessen und damit als rechtssicher erscheint.

Erforderlich und geboten ist vielmehr eine Entscheidung unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Einzelfalls, insbesondere der vorliegenden Versorgungsstruktur. So hat auch das Kammergericht Berlin (KG, Urteil vom 23.05.2023 - 9 U 19/20), welches im konkreten Fall eine jeweils hälftige Gewichtung zwischen Kosten- und Marktelement als angemessen im Sinne des § 24 Abs. 4 S. 1 AVBFernwärmeV erachtet hat, ausdrücklich festgestellt, dass im konkret vorliegenden Fall weder seitens der Parteien vorgetragene noch sonst ersichtlich greifbare Einwendungen gegen die Angemessenheit einer hälftigen Berücksichtigung von Kosten- und Marktelement bestanden. Die explizite Erwähnung dieser nicht vorgetragenen oder ersichtlichen Einwendungen gegen die angenommene hälftige Gewichtung zwischen Kosten- und Marktelement zeigt gerade auf, dass die Entscheidung des Gerichts nicht ohne weiteres als „allgemein rechtsicheres“ Verhältnis zwischen Kosten- und Marktelement verstanden werden kann.

Marktelement im Spannungsverhält​nis zum kartellrechtlichen Konditionenmissbrauch

Bereits im Jahr 1980 erkannte der Verordnungsgeber, dass die Fernwärmeversorgung ähnliche wirtschaftlich-technische Voraussetzungen hat, wie die Strom- und Gasversorgung. Auch bei der Fernwärmeversorgung bestand – jedenfalls in der Vergangenheit – die Gefahr einer rechtlichen, zumindest aber faktischen Monopolstellung der Unternehmen gegenüber ihren Kunden und zugleich ein besonderes öffentliches Interesse an einer möglichst kostengünstigen, zu weitgehend gleichen Bedingungen erfolgenden Versorgung (BT Drucksache 90/80, S. 32). Vor diesem Hintergrund schreibt die Vorschrift des § 24 Abs. 4 S. 1 AVBFernwärmeV die Kriterien vor, die bei der Ausgestaltung von Preisänderungsklauseln berücksichtigt werden müssen. Sie tragen sowohl der Zielsetzung kostenorientierter Fernwärmepreise als auch dem Umstand Rechnung, dass sich die Fernwärmepreisgestaltung nicht losgelöst von den Preisverhältnissen am Wärmemarkt vollziehen kann.

Die politische Entscheidung der Bindung der Fernwärmepreisgestaltung an die Preisentwicklung des übrigen Wärmemarkts begründete sich u.a. anhand des Umstandes einer zum damaligen Zeitpunkt nicht gewünschten Bevorteilung der effizienteren Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen gegenüber den herkömmlichen Erzeugungsanlagen. Wohingegen bei der Kraft-Wärme-Kopplung steigende Kosten bei der Brennstoffbeschaffung durch die in der Regel im Gleichlauf gestiegenen Stromerlöse ausgeglichen werden konnten (sog. Quersubvention), war dieses bei den herkömmlichen, auf fossilen Brennstoffen beruhenden Erzeugungsanlagen nicht der Fall. Vor diesem Hintergrund führte die Kopplung der Fernwärmepreisgestaltung an die Preisentwicklung des übrigen Wärmemarkts zur Aufhebung des Konkurrenzverhältnisses zwischen den einzelnen Erzeugungsanlagen. Eine getrennte Betrachtung und damit ein Wettbewerb der unterschiedlichen Erzeugungsanlagen war politisch nicht gewünscht. Dies insbesondere auch, da sowohl die Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen als auch die herkömmlichen Erzeugungsanlagen in der Regel im selben Unternehmensverbund bestanden.

Nach dem Willen des Verordnungsgebers sollte im Rahmen der kartellbehördlichen Aufsicht darauf geachtet werden, dass Fernwärmeversorgungsunternehmen Preisgestaltungsspielräume nicht missbräuchlich ausschöpfen (BT Drucksache 90/80, S. 56). So ist es einem Fernwärmeversorgungsunternehmen auf einem Markt, auf welchem es eine marktbeherrschende Stellung einnimmt, untersagt, diese Stellung missbräuchlich auszunutzen, indem es Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die ungünstiger sind als diejenigen anderer Versorgungsunternehmen oder von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten. Etwas anderes gilt nur, wenn das Fernwärmeversorgungsunternehmen nachweist, dass die vorgenommene Abweichung – z. B. aufgrund der tatsächlich nicht vergleichbaren Versorgungs- und Erzeugungsstruktur – sachlich gerechtfertigt ist, § 29 Nr. 1 GWB.

Wärmeplanungsgesetz (WPG), Gebä​​udeenergiegesetz (GEG)

Mit dem Inkrafttreten des Wärmeplanungsgesetzes sowie der Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes zum 01. Januar 2024 strebt der Gesetzgeber die Erreichung einer treibhausgasneutralen Wärmeversorgung in Deutschland bis spätestens zum Jahr 2045 an (Zieljahr).
Zur Erreichung dieses Ziels sind die Länder seit dem 01. Januar 2024 verpflichtet sicherzustellen, dass auf ihrem Hoheitsgebiet bis zum Ablauf des 30. Juni 2026 bzw. 30. Juni 2028 flächendeckend Wärmpläne erstellt werden. Zugleich müssen Wärmeversorgungsunternehmen dafür Sorge tragen, dass ab dem 01. Januar 2030 die jährliche Nettowärmeerzeugung jedes bestehenden Wärmenetzes zu einem Anteil von mindestens 30 Prozent und ab dem 01. Januar 2040 zu einem Anteil von mindestens 80 Prozent aus erneuerbaren Energien, unvermeidbarer Abwärme oder einer Kombination hieraus gespeist wird. Ergänzend muss jedes neue Wärmenetz bereits ab dem 01. März 2025 zu einem Anteil von mindestens 65 Prozent der jährlichen Nettowärmeerzeugung mit Wärme aus erneuerbaren Energien, unvermeidbarer Abwärme oder einer Kombination hieraus gespeist werden.

Weiterhin fordert mit Blick auf die Gebäudeeigentümer die Vorschrift des § 71 Abs. 1 GEG, dass eine Heizungsanlage zum Zweck der Inbetriebnahme in einem Gebäude nur noch eingebaut oder aufgestellt werden darf, wenn sie mindestens 65 Prozent der mit der Anlage bereitgestellten Wärme mit erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme erzeugt. Für Bestandsgebäude gilt die Übergangsfrist des § 71 Abs. 8 GEG, wobei die Anforderungen des § 71 Abs. 1 GEG unter den Voraussetzungen des § 71b GEG auch durch den Anschluss an ein Fernwärmenetz erfüllt sein können.

Zielkonfl​​ikt zwischen Kosten- und Marktelement, insbesondere im Kontext auf erneuerbarer Energien basierender Fernwärmeversorgungssysteme

Das gesetzgeberische Ziel der Dekarbonisierung der Wärmeversorgung in Deutschland bis zum Jahr 2045, der Umstand eines im Jahr 2024 noch weitgehend auf fossilen Brennstoffen beruhenden Wärmemarkts und zugleich der zu erwartende Ausbau einer auf erneuerbaren Energien und unvermeidbarer Abwärme basierenden Fernwärmeversorgung, führt im Kontext des § 24 Abs. 4 S. 1 AVBFernwärmeV zum Zielkonflikt zwischen Kosten- und Marktelement.

Ausgehend von der aktuellen Fassung des Referentenentwurfs des § 24 Abs. 1 S. 1 AVBFernwärmeV (Entwurf) dürfen Preisänderungsklauseln auch zukünftig nur so ausgestaltet sein, dass sie sowohl die Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch das Unternehmen als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen. Im Zuge der Dekarbonisierung der Wärmenetze führt dieses zum dahingehenden Zielkonflikt, dass in Fernwärmeversorgungssystemen, welche bereits zeitnah auf eine ausschließlich oder überwiegend auf erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme basierende Erzeugungsstruktur umstellen, bei der Anwendung der gemäß § 24 Abs. 1 S. 1 AVBFernwärmeV (Entwurf) ausgestalteten Preisänderungsklausel trotz des tatsächlich nicht oder kaum vorhandenen Anteils fossiler Erzeugungsstrukturen, diese im Wege des Marktelements berücksichtigt werden müssen.
Wohingegen die durch die Berücksichtigung des Marktelements erreichte Verfälschung des rechnerisch ermittelten Kostenelements in der Vergangenheit bei überwiegend auf fossilen Brennstoffen beruhenden Fernwärmeversorgungssystemen hinnehmbar erschien, erscheint dieses in heutigen Fernwärmeversorgungssystemen, welche jedenfalls zukünftig zunehmend auf erneuerbare Energien oder unvermeidbare Abwärme setzen, nicht mehr vertretbar.

Insbesondere aus der Perspektive eines Kunden, welcher sich – nicht zuletzt unter Erfüllung der Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 i.V.m. § 71b Abs. 3 GEG – bewusst für den Anschluss an ein auf erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme basierendes Fernwärmeversorgungssystem entscheidet, erscheint es schlichtweg nicht hinnehmbar, dass Schwankungen der fossilen Brennstoffmärkte, wie zuletzt im Jahr 2022, einen erheblichen Einfluss auf seine in tatsächlicher Hinsicht von diesen Märkten vollkommen losgelöste Wärmeversorgung nehmen. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber durch die Teilnahme am europäischen CO2-Handel (TEHG) und die Einführung des nationalen Brennstoffemissionshandels (BEHG) nachweislich eine Verteuerung der fossilen Energieträger anstrebt. Eine Auswirkung dieser Verteuerung auch auf diejenigen Kunden, welche in rein tatsächlicher Hinsicht nur bedingt vom europäischen oder nationalen CO₂-Handel betroffen wären, erscheint durch die angestrebte Aufrechterhaltung der Koppelung der Fernwärmepreisgestaltung an den übrigen, nach wie vor überwiegend fossilen Wärmemarkt unumgänglich.

Auch besteht – gerade vor dem Hintergrund steigender Brennstoffkosten – die konkrete Gefahr von „Übergewinnen“. Diese sind weder seitens der Fernwärmeversorgungsunternehmen noch aus Sicht des Verbraucherschutzes oder des Kartellrechts wünschenswert. Vielmehr beabsichtigte der Verordnungsgeber bereits im Jahr 1980 die Sicherstellung einer möglichst kostengünstigen Fernwärmeversorgung (BT Drucksache 90/80, S. 32). Dieses gesetzgeberische Ziel steht im Jahr 2024 im Widerspruch zur Aufrechterhaltung des Marktelements im Sinne des § 24 Abs. 1 S. 1 AVBFernwärmeV (Entwurf).

F​​azit

Im Fazit ist damit festzustellen, dass das Marktelement – jedenfalls in seiner aktuellen im Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz zur Änderung der AVBFernwärmeV und zur Aufhebung der FFVAV vom 25.07.2024 vorgesehenen Gestalt – im Jahr 2024 nicht mehr als zeitgemäß erachtet werden kann.

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der bis zum Jahr 2045 angestrebten Dekarbonisierung der Wärmeversorgung in Deutschland und dem damit einhergehenden Wunsch des Gesetzgebers nach einer steigenden Akzeptanz des Einsatzes erneuerbarer Energien in der Bevölkerung, erscheint es geradezu wünschenswert, dass sich die Fernwärmepreise – jedenfalls in auf erneuerbaren Energien und unvermeidbarer Abwärme basierenden Fernwärmesystemen – losgelöst von den zunächst fortbestehenden, fossilen Verhältnissen auf dem Wärmemarkt entwickeln.

Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund des § 24 Abs. 1 S. 4 AVBFernwärmeV (Entwurf), wonach die Berechnungsformel zur Ermittlung der Höhe der jeweiligen Preisänderung in einer allgemein verständlicher Form gefasst sein muss, die alle Berechnungsfaktoren vollständig und nachvollziehbar ausweist. Jedenfalls in den auf erneuerbaren Energien und unvermeidbarer Abwärme basierenden Fernwärmesystemen erscheint es aus Sicht des Kunden gerade nicht mehr nachvollziehbar, aus welchem Grund die Ermittlung der Höhe der jeweiligen Preisänderung durch einen fossilen Versorgungsmarkt beeinflusst werden soll. Vorzugswürdiger und im Sinne des Verbraucherschutzes vielmehr wünschenswert erscheint es hingegen, die Höhe der jeweiligen Preisänderung ausschließlich an den tatsächlichen Kosten bei der Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme zu orientieren.

Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass der bloße Verzicht auf das Marktelement im Sinne des § 24 Abs. 4 S. 1 AVBFernwärmeV automatisch zu einer unmittelbaren und kartellrechtlich missbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung eines Fernwärmeversorgungsunternehmens führen würde. Bereits zum jetzigen Zeitpunkt fordert der Verordnungsgeber, dass sich das Kostenelement an der tatsächlichen Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme orientiert, wobei die Anforderungen an das Kostenelement im Zuge der angestrebten Novellierung der AVBFernwärmeV weiter konkretisiert werden sollen. Wie der Verordnungsgeber bereits im Jahr 1980 ausführte, obliegt es im Übrigen der kartellrechtlichen Aufsicht darauf zu achten, dass Fernwärmeversorgungsunternehmen Preisgestaltungsspielräume nicht missbräuchlich ausschöpfen (BT Drucksache 90/80, S. 56). Einer zusätzlichen Koppelung der Preisentwicklung an einen von der Kostenentwicklung der tatsächlichen Erzeugungsstruktur abweichenden Wärmemarkt bedarf es hierfür grundsätzlich nicht.

Novellierung der AVBFernwärmeV, Hinweis​ zum Webinar

Neben den Fragestellungen zum Marktelement im Sinne des § 24 Abs. 4 S. 1 AVBFernwärmeV, enthält der Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz vom 25.07.2024 weitere, zahlreiche Fragestellungen und Änderungen zur künftigen Wärmeversorgung, auf welche Sie sich als Versorger einstellen sollten (wir berichteten).

Im Hinblick auf das aktuelle Gesetzgebungsverfahren läuft zum jetzigen Zeitpunkt die Verbändeanhörung. Wir gehen grundsätzlich davon aus, dass das Verfahren zur Novellierung der AVBFernwärmeV bis zum Ende des Jahres 2024 abgeschlossen und damit auch mit einem alsbaldigen Inkrafttreten der Novellierung zu rechnen sein könnte.

Gerne laden wir Sie in diesem Zusammenhang zu unserem Webinar „Die Novelle der AVBFernwärmeV: Ein Kurzüberblick für Wärmeversorger” am 04.09.2024 ein. Im Webinar möchten wir Ihnen nicht nur die wesentlichen Änderungen und Folgen der Novellierung präsentieren, sondern auch mit Ihnen diskutieren und Ihre Fragen aus der Praxis beantworten. Weitere Information zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier​.

Quelle:

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