Fernwärmepreise im öffentlichen Fokus – Fernwärme Benchmarking unterstützt bei der Vorbereitung auf Abhilfeklagen und kartellrechtliche Untersuchungen

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veröffentlicht am 06. März 2024


Die Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) richtet aktuell Abhilfeklagen gegen zwei Fernwärmeversorger bezüglich nach dem Jahr 2020 vorgenommener Preissteigerungen. Zusätzlich prüft das Kartellamt derzeit die Preisgleitformeln bei insgesamt sechs Stadtwerken und Fernwärmeversorgern. Im Kompass Artikel vom 24. Januar 2024 berichteten wir bereits zu dem steigenden Druck auf die Preisgestaltung von Fernwärmeversorgern und die Notwendigkeit der Vorbereitung auf mögliche kartellrechtliche Untersuchungen. Diese Situation hat sich entsprechend weiter verschärft.

 

 

Rödl & Partner bietet seit dem Jahr 2017 ein Fernwärme Benchmarking für Fernwärmeversorger an. Das Benchmarking kann Fernwärmeversorger bei der Begründung der Preishöhe und dem Nachweis der Angemessenheit der Preisgleitklauseln unterstützen und dient somit auch zur Vorbereitung auf Klagen und kartellrechtliche Untersuchungen. Es beinhaltet folgende Komponenten:

 

Vergleichsmarktanalyse der Wärmepreise

Im ersten Schritt des Benchmarkings erhalten Sie für Ihren regionalen Markt einen Überblick aus dem Endkundenfokus, ob aktuell ein erhöhtes Risiko besteht, bei einer Abfrage des Kartellamtes auffällig zu werden. Der Vergleich der Fernwärmepreise mit Versorgern aus Ihrer Region erfolgt anhand von drei Standardabnahmefällen.

 

Im nachfolgenden Beispiel wurden sechs Unternehmen identifiziert, die auf Grund vergleichsweise hoher Preise besonders gefährdet sind, im Falle einer Marktpreisuntersuchung in den Fokus der Kartellbehörde zu geraten. Sobald ein Unternehmen deutlich über dem Mittelwert der Vergleichsgruppe liegt, kann das Kartellamt aktiv werden.

 

 

Abbildung 1: Beispielhafte Marktpreisanalyse (Abnahmefall 15 kW, 27 MWh), Stand 01.10.2023

 

Preisgleitformelanalyse

Als weitere Komponente beinhaltet das Benchmarking eine individuelle Analyse der Preisgleitformeln hinsichtlich der Ausgestaltung und Anwendung der Preisänderungsklauseln gemäß §24 Abs. 4 S. 1 AVB FernwärmeV. Hierbei können Risiken in Bezug auf kartellrechtliche Klagen hinsichtlich fehlerhafter Ausgestaltung der verwendeten Preisgleitformeln identifiziert werden. Seit diesem Jahr erfolgt eine ergänzende Überprüfung im Rahmen der Wärme-Preisbremsen.

 

Das Kartellamt prüft insbesondere, ob die verwendeten Preisanpassungsklauseln gegen rechtliche Vorgaben verstoßen und so zu höheren Preisen für Verbraucherinnen und Verbraucher geführt haben. Hierbei wird ein besonderes Augenmerk auf „Kostenorientierung“ und die „Berücksichtigung der Verhältnisse auf dem Wärmemarkt“ gelegt.

 

Dem Prinzip der „Kostenorientierung“ wird Rechnung getragen, wenn die Preisgleitformeln die maßgeblichen Kostenfaktoren des Fernwärme-Kerngeschäftes aufgreifen. Bei einer Reihe von Fernwärmeversorgern wurde im Zuge der Preisgleitformelanalyse des Benchmarkings beispielsweise festgestellt, dass in der Preisgleitformel zur Wärmeversorgung die Preisentwicklung von genutzter Abwärme nicht abgebildet wurde.

 

Die „Berücksichtigung der Verhältnisse auf dem Wärmemarkt“ soll verhindern, dass sich die Preise eines Versorgers und die des restlichen Marktes losgelöst voneinander entwickeln. Als Wärmemarkt im Sinne des § 24 Abs. 4 S. 1 AVBFernwärmeV wird jener Markt verstanden, auf dem die Wärmekunden ihre Wärme anstatt der bestehenden Fernwärmeversorgung alternativ beziehen könnten. Infolgedessen umfasst dieser Markt sowohl sämtliche Heizsysteme (Gas-, Öl-, Holzheizungen, Wärmepumpen usw.), mit denen der Abnehmer seine Wärme selbst erzeugen könnte, als auch andere Fernwärmeversorger und Contractoren. Hier ist in der aktuellen Benchmarkingrunde aufgefallen, dass in der Preisgleitformel einiger teilnehmender Versorger das erforderliche Marktelement nicht enthalten ist. Dies birgt ein immenses rechtliches Risiko.

 

Zur Problematik der Ausgestaltung und Gewichtung des Marktelements finden Sie detaillierte Ausführungen in unserem Artikel vom 13.12.2023.

 

Kennzahlenvergleich

Als dritte Komponente des Fernwärme Benchmarkings werden ca. 50 wirtschaftliche und technische Kennzahlen der teilnehmenden Versorger miteinander verglichen. Dieser Kennzahlenvergleich dient den teilnehmenden Versorgern als Controllinginstrument sowie zur Aufdeckung von Optimierungsmöglichkeiten und versteckter Risiken. Je nach Ausgangslage des Versorgers können hier auch Gründe identifiziert werden, warum beim jeweiligen Unternehmen die Preise unter Umständen höher sind als bei anderen Versorgern.

 

Das nachfolgende – anonymisierte – Beispiel aus der Benchmarkingrunde mit den Betriebsdaten des Jahres 2022 zeigt auf, dass der Wärmemischpreis des entsprechenden Versorgers (FVU) sich im obersten Quartil der Vergleichsgruppe befindet.

 

 

Abbildung 2: Beispiel aus aktueller Benchmarkingrunde (Daten von 2022): Wärmemischpreis

 

Die Anpassung der Fernwärmepreise erfolgt im Fall des beispielhaften Unternehmens quartalsweise. Ein Teil der Preissteigerung des Erdgases sollte damit in den gestiegenen Preisen abgebildet sein.

 

In Abbildung 3 ist zu sehen, dass die bereinigten Gesamtkosten der Wärmesparte deutlich höher als die der Vergleichsgruppe sind. Der gewählte Erdgasindex zur Anpassung der Wärmepreise mittels Preisgleitformel passt demnach augenscheinlich nicht zur Entwicklung der Beschaffungskosten.

 

Abbildung 3: Beispiel aus aktueller Benchmarkingrunde (Daten von 2022): Gesamtkosten der Wärmesparte

 

Die Folge daraus wird in Abbildung 4 offensichtlich. Das Beispielunternehmen erwirtschaftet trotz vergleichsweise hoher Wärmepreise ein Defizit.

 

 

 

Abbildung 4: Beispiel aus aktueller Benchmarkingrunde (Daten von 2022): Kostendeckungsgrad

 

Im Rahmen des Benchmarkingberichts erhält jeder Teilnehmer eine individuelle Auswertung seiner Stärken und Schwächen sowie konkrete Handlungsempfehlungen. Eine Handlungsempfehlung für das Unternehmen aus dem hier dargestellten Beispiel besteht darin, die Beschaffungsstruktur und den gewählten Erdgasindex in der Preisgleitformel besser aufeinander abzustimmen.

 

Abbildung 4 zum Kostendeckungsgrad zeigt außerdem die große Spannbreite an wirtschaftlichen Ergebnissen im Jahr 2022. In Folge des Ukraine-Kriegs stiegen die Gaspreise in hohem Tempo auf ein noch nie gesehenes Niveau. Je nach Preisgleitklausel und Erdgas-Beschaffungsstrategie variieren die wirtschaftlichen Ergebnisse in der Fernwärmebranche entsprechend in dieser Benchmarkingrunde außergewöhnlich stark.

 

Kommen Sie gerne auf uns zu, wenn Sie eine aktuelle Vergleichsmarktanalyse oder eine Preisgleitformelanalyse benötigen. Den Kennzahlenvergleich können wir für Sie aktuell zu den Betriebsdaten des Jahres 2022 durchführen. Im Juni startet die neue Benchmarkingrunde zu den Daten des Jahres 2023. Bitte wenden Sie sich gerne an uns für weitere Informationen.

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