Steilvorlage für den Energievertrieb? – Bayern schließt sich doch noch der Riege der PV-Pflicht-Bundesländer an

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veröffentlicht am 23. November 2021

 

Verkehrte Welt in Bayern: Die CSU-geführte bayerische Landesregierung kann sich im Ringen um eine unbeschränkte Solarpflicht nicht gegen den kleineren Regierungskoalitionär durchsetzen. Dennoch ist die Solarpflicht für neue Gewerbeimmobilien in Bayern wie in 7 weiteren Bundesländern eine Steilvorlage für Stadtwerke, Energiedienstleistungs- und Erneuerbare-Energien-Unternehmen, mit innovativen Produktideen in den PV-Stromvertrieb einzusteigen oder diesen auszubauen.

 

Bayern reiht sich in Solar-Pflicht-Riege ein

Am 15. November 2021 hat sich die Bayerische Landesregierung nach Presseberichten auf einen Kompromiss zum lange schwelenden Streit über eine PV-Pflicht geeinigt. Dabei wurden die sonst in der Energieumweltpolitik bestehende Positionierungen der politischen Lager zur Solarpflicht in Bayern auf den Kopf gestellt: Die CSU konnte sich mit ihrem Vorschlag einer generellen Solardachpflicht nicht gegen ihren kleineren Regierungskoalitionspartner, die Freien Wähler, durchsetzen. Die Photovoltaik-Pflicht wird es in Bayern deshalb kurzfristig nur auf gewerblichen Gebäuden geben. Damit hinkt die bayerische Klimaschutzpolitik dem Gesetzgebungsauftrag des Bundesverfassungsgerichts im Vergleich zu anderen Bundesländern eher hinterher. Immerhin soll mit der Novellierung des bayerischen Landesklimaschutzgesetzes der Bau von Solaranlagen entlang von Autobahnen verstärkt werden. Der Freistaat will mehr staatliche Dächer für Solaranlagen freigeben, und es wird einen Solarkataster geben, in dem alle Dachflächen in Bayern erfasst sind, die sich für Solaranlagen eignen.


Damit reiht sich Bayern in eine immer länger werdende Liste von bisher immerhin schon 8 von 16 Bundesländern ein, die in unterschiedlichem Umfang eine Solarpflicht eingeführt haben.

 

 

solarpflicht 

 

Uneinheitliche Landespolitik macht bundesweite Regelung erforderlich

Dabei bestehen zwischen den Bundesländern im Detail große Unterschiede:
So greift beispielsweise die Solarpflicht in Baden-Württemberg bereits ab dem Jahr 2022 für Neubauten (Wohn- sowie Nichtwohngebäude) mit einer Größe ab 35 Stellplätzen und bei grundlegenden Dachsanierungen von Bestandsgebäuden. Nordrhein-Westfalen sieht ebenfalls eine solche Pflicht ab dem kommenden Jahr 2022, allerdings nur für Parkplätze von Gewerbeflächen mit einer Anzahl von mindestens 35 Stellplätzen vor. Damit regelt das Gesetz nicht nur eine PV-Pflicht, sondern faktisch eine Überdachungspflicht der Parkplätze.


Sofern gewerblich genutzte Neubauten eine Nutzfläche von über 100 m2 aufweisen, besteht in Rheinland-Pfalz die Verpflichtung zur Installation einer Solaranlage, welche mindestens 60 Prozent der Dachfläche abdeckt. Gleiches gilt für neu errichtete Parkplätze mit mindestens 50 Stellplätzen. Berlin hingegen nimmt die Eigentümer von sämtlichen Neubauten, egal ob es sich um Wohngebäude oder gewerblich genutzte Gebäude handelt, in die Pflicht, wenn die Nutzfläche mehr als 50 m2 beträgt. Genauso besteht diese Pflicht in Berlin bei Dachumbauten. Hier müssen mindestens 30 Prozent der Dachfläche abgedeckt werden.
Die uneinheitliche landesrechtliche Gesetzeslage provoziert den Ruf nach einer Vereinheitlichung durch eine bundesgesetzliche Solarpflicht. Immerhin hatten die Grünen bereits in der letzten Legislaturperiode den Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung des Ausbaus von Solaranlagen zur Stromerzeugung auf Gebäuden (SolarBeschlG) vorgelegt und die Solarpflicht für gewerbliche Neubauten haben bereits in den Sondierungsgesprächen der Ampelkoalitionsverhandler Konsens gefunden. Damit ist es sehr wahrscheinlich, dass eine entsprechende Regelung eines der ersten Gesetzgebungsvorhaben der neuen Bundesregierung sein wird.

 

Vertriebssteilvorlage für Stadtwerke und Energiedienstleistungsunternehmen

Wie die PV-Pflicht umgesetzt wird, ist den hiervon Betroffenen in allen Landesgesetzen freigestellt. Die Solaranlage kann entweder selbst installiert und betrieben oder die Verpflichtung durch einen Dritten erfüllt werden. Mit der politisch beschlossenen, durch das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) bereits eingeleiteten Senkung der EEG-Umlage, die darüber hinaus in der nächsten Legislaturperiode voraussichtlich ohnehin ganz abgeschafft werden soll, wird PV-Eigenstrommodellen der wirtschaftliche Anreiz entzogen. Insofern eine Steilvorlage für Stadtwerke, Energiedienstleistungs- und Erneuerbare-Energien-Unternehmen, mit Fremdbetreibermodellen Immobilienentwicklern und -Eigentümern eine lästige und finanzielle Mittel bindende Pflicht abzunehmen. Nur Unternehmen, die neben den klassischen Dachmiet- oder -pachtmodellen neuere Vertriebsansätze, wie zum Beispiel PV-spezifische Direktvermarktungs-, Mieterstrom- oder PPA-Modelle anbieten, werden im von intensiven Wettbewerb geprägten PV-Strommarkt bestehen können. Deshalb sollten auch innovative Vertriebsansätze wie PV-Allgemeinstromvertrieb und PV-Wärmecontracting in der Produktentwicklung geprüft werden. Rödl & Partner bietet Musterverträge für die PV-Direktstromvermarktung, PV-Dachmietverträge und alle gängigen PV-Betreibermodelle an. Gerne beraten wir Sie zu PV-Betreibermodellen und begleiten die Entwicklung neuer Energieprodukt- und Vertriebsideen mit unserer rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Expertise.

 

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