Vereinbarkeit des sogenannten Sanierungserlasses mit dem EU-Beihilferecht?!

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Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat mit einer Meldung am 07.08.2014 verlauten lassen, dass das Bundesministerium für Finanzen (BMF) mit Schreiben vom 30.07.2014 noch einmal bestätigt hat, dass die EU-Kommission hinsichtlich des sogenannten Sanierungserlasses (BMF-Schreiben vom 27.03.2003, BStBl.I., S. 40) keine beihilferechtlichen Bedenken hat. Dies ergibt sich aus einem bislang nicht veröffentlichten Schreiben des BMF an die obersten Finanzbehörden der Länder vom 10.08.2012.
 

Ausgangssituation

Die EU-Kommission hat am 26. 1. 2011 die Unvereinbarkeit der deutschen Regelung zum Verlustvortrag angeschlagener Unternehmen in § 8c Ia KStG mit dem EU-Beihilferecht festgestellt. Hiergegen hatte die Bundesregierung ihrerseits Nichtigkeitsklage beim Gericht der Europäischen Union erhoben. Der Beschluss der EU-Kommission gab insoweit Anlass, die mit BMF-Schreiben vom 27. 3. 2003 veröffentlichte und als „Sanierungserlass“ bekannte Verwaltungsvorschrift zur ertragsteuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen auf ihre Vereinbarkeit mit Europäischem Recht zu untersuchen. Die Rechtmäßigkeit des Sanierungserlasses ist nach wie vor umstritten. Nach Ansicht des FG München (Urteil vom 12. 12. 2007 – 1 K 4487/06) fehle es wegen der eindeutigen Entscheidung des Gesetzgebers, Sanierungsgewinne steuerpflichtig zu behandeln, bereits an einer Rechtsgrundlage für Maßnahmen aus sachlichen Billigkeitsgründen der Verwaltung. Das FG Köln (Urteil vom 24.04.2008 – 6 K 2488/06) hingegen hat die Verwaltungspraxis für rechtmäßig erklärt. Der BFH (Urteil vom 14.07.2010 – X R 34/08) hat sodann entschieden, dass die im BMF-Schreiben geregelten ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften zu beachten sind und sich innerhalb der Grenzen, die das Grundgesetz und die Gesetze der Ausübung des Ermessens setzen, halten. Gleichwohl ist nach wie vor strittig, ob die steuerliche Sonderbehandlung gemäß dem Sanierungserlass eine nach Art. 107, 108 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vom 13. Dezember 2007 oder nach Art. 87, 88 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (Konsolidierte Fassung von 2006, Nizza konsolidierte Fassung von 2002) eine europarechtswidrige Beihilfe darstellt. Nach Art. 107 Abs. 1 AEUV (Art. 87 EGV) sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar, sofern sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen und sofern im Vertrag nicht etwas anderes bestimmt ist.
 

Status Quo

In dem bisher nicht veröffentlichten BMF-Schreiben vom 10.08.2012 (IV C 6-S 2140/11/10001/2012/0693011) teilt das Bundesministerium mit, dass die EU-Kommission anhand eines steuerlichen Einzelfalls die Vereinbarkeit des Sanierungs erlasses mit dem EU-Beihilferecht geprüft hat. Mit entsprechender formloser Nachricht der EU-Kommission vom 18.07.2012 teilt diese mit, dass bei der Prüfung des Sanierungserlasses keine Auffälligkeiten festgestellt wurden und der Fall daher abgeschlossen wurde. Damit wurde nach Auffassung des BMF bestätigt, dass der Sanierungserlass mit dem EU-Beihilferecht vereinbar sei. Das BMF hat den Oberfinanzdirektionen anheimgestellt, ihre nachgeordneten Bereiche über diese Entscheidung zu informieren.
 

Fazit

Da das Ermessen der Finanzbehörden mit dem Sanierungserlass für die Frage der Freistellung von Sanierungsgewinnen auf Null reduziert ist, sind die Berater des Schuldners, aber auch Insolvenzverwalter, in Insolvenzplanverfahren zur Vermeidung eines Regresses verpflichtet, entsprechende verbindliche Auskünfte einzuholen. Unterlässt es der Berater pflichtwidrig, seinen Mandanten darauf hinzuweisen, dass ein Anspruch auf eine steuerliche Sonderbehandlung nach dem sogenannten Sanierungserlass besteht, kann er diesem für die daraus erwachsenden Nachteile haften. Gleiches dürfte für den Insolvenzverwalter gelten, der die Möglich keiten der steuerlichen Sonderbehandlung nicht nutzt. Das gilt auch, wenn der Sanierungserlass sich später wegen Verstoßes gegen EU-Beihilferecht – wofür es derzeit keinen Anlass gibt – als gesetzeswidrig herausstellen sollte.

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Norman Lenger-Bauchowitz, LL.M.

Mediator & Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachberater für Restrukturierung & Unternehmensplanung (DStV e.V.)

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