Formwechselnde, grenzüberschreitende Sitzverlegung von Gesellschaften innerhalb der EU

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Eine ungleiche Behandlung von Gesellschaften einer innerstaatlichen und einer grenzüberschreitenden Umwandlung verletzt den Grundsatz der Niederlassungsfreiheit. Wird der Satzungssitz einer Gesellschaft unter gleichzeitigem Wechsel in eine Rechtsform deutschen Rechts verlegt, ist dieser Sachverhalt – sofern das Recht des Wegzugsstaates den Formwechsel gestattet – unter europarechtskonformer Anwendung der §§ 190 ff. UmwG zu behandeln.

​von Gernot Giesecke

 
Im September 2012 berichteten wir bereits über das „Vale” Urteil des EuGH (Urteil vom 12. Juli 2012 – C-378 / 10). Nun hat das OLG Nürnberg mit Urteil vom 19. Juni 2013 diese EuGH Entscheidung – soweit ersichtlich – als erstes deutsches Gericht umgesetzt. Interessanterweise hatte das OLG Nürnberg kurz vor der Entscheidung des EuGH in einer identischen Rechtssache (Beschluss vom 13. Februar 2012 – 12 W 2361 / 11) noch ablehnend entschieden und eine formwechselnde Sitzverlegung untersagt.
 
Eine luxemburgische Kapitalgesellschaft (eine Société à responsibilité
limitée – S.à.r.l. –) mit Sitz in Luxemburg entschied sich, ihren Sitz nach Deutschland zu verlegen und eine deutsche Rechtsform anzunehmen. Die luxemburgische S.à.r.l. sollte eine GmbH nach deutschem Recht werden. Gewünscht war eine Gesamtrechtsnachfolge, d. h. der Formwechsel sollte identitätswahrend erfolgen. Die Gesellschafter hatten hierzu in einer notariell beurkundeten außerordentlichen Generalversammlung in Luxemburg die Sitzverlegung der S.à.r.l. im Rahmen eines Formwechsels nach Deutschland beschlossen. Im Februar 2012 wurde die Gesellschaft im luxemburgischen Register gelöscht. Begründet wurde dies mit der Sitzverlegung nach Deutschland. Anschließend fassten die Gesellschafter im Oktober 2012 dieselben Beschlüsse mit Beurkundung eines deutschen Notars. Es wurde beschlossen, den Formwechsel analog den §§ 190 ff. UmwG vorzunehmen. Anschließend wurde die entstandene GmbH zur Eintragung ins Handelsregister angemeldet. Diese lehnte das Registergericht jedoch ab. Der Notar wandte sich im Wege der Beschwerde gegen diese Ablehnung. Das OLG Nürnberg sah diese Beschwerde als begründet an.
 
Das OLG folgte im Wesentlichen der Rechtsprechung des EuGH und wandte die bisher nur für deutsche Gesellschaften geltenden §§ 190 UmwG auf die grenzüberschreitende Umwandlung der luxemburgischen Gesellschaft in eine deutsche GmbH entsprechend an.
 
Auch nach der Rechtsprechung eines deutschen OLG ist es also ohne Weiteres möglich, innerhalb der EU eine formwechselnde Sitzverlegung nach Deutschland vorzunehmen, solange das Herkunftsland, in dem die Gesellschaft bisher ihren Satzungssitz hatte, ebenfalls einen Form-wechsel gestattet. In diesem Fall war daher der Formwechsel von Luxemburg nach Deutschland möglich. Eine Sitzverlegung und / oder ein Formwechsel aus Drittstaaten bleiben dagegen weiterhin schwierig.

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