Vorstandshaftung und Business Judgment Rule

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Für fehlerhafte unternehmerische Entscheidungen etwa im Rahmen von komplexen Transaktionen kann der Vorstand einer Aktiengesellschaft auch persönlich haftbar gemacht werden. Beruft er sich auf die ihn entlastende Business Judgment Rule, muss er beweisen, dass er pflichtgemäß gehandelt hat.

Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Bei unternehmerischen
Entscheidungen wird ihnen grundsätzlich ein weiter Handlungsspielraum zugestanden (Business Judgment Rule). Dies ist auch sachgerecht. Denn bei der Vorstandshaftung handelt es sich nicht um eine Erfolgshaftung, sondern um eine Haftung für sorgfaltswidriges Verhalten. Eine übertriebene Risikoscheu der Organmitglieder würde daneben den Aktionärsinteressen zuwiderlaufen. Unternehmerische Entscheidungen fußen außerdem regelmäßig zu einem gewissen Grad auf Unwägbarkeiten, die sich möglicherweise erst später materialisieren.
 
Sollen fehlgeschlagene unternehmerische Entscheidungen von Vorständen in den Anwendungsbereich der Business Judgment Rule fallen und von der Haftungsprivilegierung des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG profitieren, muss der Vorstand 1) eine unternehmerische Entscheidung treffen, 2) gutgläubig, 3) ohne Sonderinteressen und sachfremde Einflüsse, 4) zum Wohle der Gesellschaft und 5) auf Grundlage angemessener Information handeln. All dies hat der Vorstand gemäß § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG zu beweisen.
 
Unternehmerische Entscheidungen sind durch ihre Zukunftsbezogenheit von Prognosen und nicht justiziablen Einschätzungen geprägt. Vorstandsmitglieder müssen hier ein Gleichgewicht zwischen der Vermeidung übermäßiger Risiken und dem Ergreifen möglicher Chancen erreichen. Zu beidem sind sie verpflichtet. Demgegenüber sind Vorstände bei der Verletzung von gebundenen Entscheidungen aufgrund sonstiger Pflichten, wie gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten oder kapitalmarktrechtlicher Informationspflichten, nicht haftungsprivilegiert. Ein Vorstand verletzt seine Sorgfaltspflicht nicht, wenn er bei seiner unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln, also gutgläubig und eben nicht unverantwortlich war.
 
Der Dokumentation der Entscheidungsfindung kommt besondere Bedeutung zu. Denn die Darlegungs- und Beweislast für alle Merkmale liegt beim betreffenden Vorstandsmitglied. Es empfiehlt sich eine prägnante, korrekte und nachvollziehbare Dokumentation, welche in der Praxis kaum zu vollbringen ist. Angesichts der Tragweite der unternehmerischen Entscheidungen etwa im Rahmen von komplexen Transaktionen stellen sich für das Vorstandsmitglied im konkreten Einzelfall oftmals schwierig zu beantwortende Fragen, die es ratsam erscheinen lassen, einen Berater hinzuzuziehen.

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Mario Schulz, MA (Durham)

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