Haftungsfalle Werkverträge

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​Schnell gelesen:

  • Wird unter dem Deckmantel eines Werk- bzw. Dienstvertrags tatsächlich Arbeitnehmerüberlassung praktiziert, ohne dass der Auftragnehmer über eine gültige Überlassungserlaubnis verfügt, kommt zwischen dem Auftraggeber und dem eingesetzten Arbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis ab dem ersten Einsatztag zustande.
  • Die tatsächliche Durchführung des Vertrags ist entscheidend für die rechtliche Abgrenzung zur Arbeitnehmerüberlassung.

​Werkverträge und Leiharbeit helfen vielen Unternehmen, ihre Arbeitsabläufe flexibel zu gestalten und Produktionsspitzen abzufangen. Unternehmen, die regelmäßig Tätigkeiten über Werk- bzw. Dienstverträge vergeben, laufen jedoch Gefahr, in den Bereich der illegalen Arbeitnehmerüberlassung zu geraten. Das hat Anfang August die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg (LAG Stuttgart, 2 Sa 6 / 13 Urteil vom 1. August 2013) gegen die Daimler AG nochmals deutlich gemacht. 

 
Das Gericht hat erneut klargestellt, dass derjenige, der im Rahmen eines Werkvertrags eingesetzte Mitarbeiter in den eigenen Arbeitsablauf integriert und ihnen Weisungen erteilt, sie zu „normalen” Arbeitnehmern macht. Sie genießen dann beispielsweise Kündigungsschutz und können Anspruch auf gleichwertigen Lohn erheben. Genau dies hatten im entschiedenen Fall zwei über viele Jahre bei Daimler mittels Werkvertrag eingesetzte IT-Berater eingeklagt. 
 
Jenes jüngste Urteil zu diesem nur schwer abgrenzbaren Rechtsbereich zeigt, dass je enger die ausgegliederte Aufgabe mit Aufgaben verflochten ist, die von eigenen Mitarbeitern wahrgenommen werden, es umso schwieriger ist, die notwendige arbeitsorganisatorische Trennung einzuhalten. Für den Unternehmer kommt erschwerend hinzu, dass die Rechtsprechung zunehmend dazu neigt, die Darlegungs- und Beweislast zugunsten der klagenden Arbeitnehmer zu verschieben. 
 
Neben dem Verlust der Vorsteuerabzugsberechtigung für den Scheinwerkvertrag mangels umsatzsteuerpflichtigem Geschäft entstehen Haftungsgefahren für nicht abgeführte Lohnsteuer und rückständige Sozialversicherungsbeiträge. Die illegale Arbeitnehmerüberlassung stellt außerdem für die beteiligten Unternehmen eine Ordnungswidrigkeit dar, die bei wiederholten Verstößen sogar zum Widerruf der Gewerbeerlaubnis führen kann. Selbst wenn kein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher entsteht, weil der Arbeitgeber über eine Überlassungserlaubnis verfügt, kommen gegebenenfalls Ansprüche gegen diesen aus dem Gesichtspunkt der Gleichstellung in Betracht. Ein Auseinanderdriften von Vertrag und Vertragspraxis gilt es zu verhindern. 
 
Bereits beim Abschluss von Werkverträgen ist darauf zu achten, dass der Charakter des Werkvertrags klar definiert ist. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers schuldet der Werkunternehmer beim Werkvertrag grundsätzlich den Eintritt eines bestimmten Erfolgs. Es ist Sache des Werkunternehmers, wie er den Eintritt des Erfolgs erreicht. Neben einem schriftlichen Vertrag für die rechtliche Abgrenzung des Werk- oder Dienstvertrags zur Arbeitnehmerüberlassung ist vor allem die tatsächliche Durchführung des Vertrags maßgebend. Auf die Bezeichnung des Vertrags alleine kommt es nicht an.
 
Um ein Auseinanderdriften von Vertrag und Vertragspraxis zu verhindern, bedarf es eines institutionalisierten Kontrollsystems, um aus Sicht der Geschäftsleitung darstellen zu können, dass keine Integration der Mitarbeiter des Auftragnehmers in den Betriebsablauf des Bestellers stattfindet. 
 
Darauf sollten Sie achten:

 

  • Ein Auseinanderdriften von Vertrag und Vertragspraxis gilt es zu verhindern.
  • Keine Integration in die Arbeitsabläufe des Bestellers (d.h. Verwendung eigener Arbeitsmittel, nach Möglichkeit keine Anpassung an Arbeits- und Pausenzeiten des Bestellers).
  • Direktions- und Weisungsrecht muss beim Werkunternehmer verbleiben: Abgrenzung von unzulässigen arbeitsrechtlichen / personenbezogenen Weisungen im Rahmen der so genannten Personalhoheit (Inhalt, Zeit, Ort, Tempo, Ausführung) und werkbezogenen / objektbezogenen Anweisungen des Bestellers (z.B. bestimmte Fertigungsmethoden, Qualitätsanforderungen, Reihenfolge, Stückzahl).
  • Krankmeldungen und Urlaubsabsprachen sind zwingend an den „eigenen Chef” zu richten.
  • Der Werkvertrag muss „fremdüblich” durchgeführt werden (z.B. Mängelrügen, Abnahmeprotokolle, etc.).

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Christian Speckert

Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Rechtsanwalt

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