Ist die Erbschaftsteuer verfassungswidrig?

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  • Der Bundesfinanzhof hält die bisherige Begünstigung von Betriebsvermögen bei der Erbschaftsteuer für verfassungswidrig.
     
  • Künftig sind möglicherweise weitreichende Änderungen und Verschärfungen zu erwarten.
Von Elke Volland und Jan Jungclaussen, Rödl & Partner Nürnberg
 
Mit Beschluss vom 27. September 2012 hat der BFH dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage vorgelegt, ob die begünstigte Übertragung von Betriebsvermögen verfassungswidrig ist.
 
Das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz in der ab dem Jahr 2009 geltenden Fassung gewährt auf Betriebsvermögen einen Verschonungsabschlag in Höhe von 85 Prozent und bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen in Höhe von 100 Prozent (sogenanntes Optionsmodell). Dabei darf das Betriebsvermögen nicht zu mehr als 50 Prozent aus im Gesetz definiertem Verwaltungsvermögen bestehen (im Optionsmodell nicht zu mehr als 10 Prozent).
 
Der BFH hält die Regelungen wegen eines Verstoßes gegen den aus Artikel 3 Grundgesetz folgenden allgemeinen Gleichheitsgrundsatz für verfassungswidrig. Die Verfassungswidrigkeit wird vom BFH auf mehrere Punkte gestützt. Die Begünstigungen des Betriebsvermögens, des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens und der Anteile an Kapitalgesellschaften stellt eine Überprivilegierung gegenüber anderem Vermögen dar. Dies sei nicht durch ausreichende Gemeinwohlgründe gerechtfertigt.
 
Durch die jetzige Regelung würden auch Fälle von der Begünstigung erfasst, in denen eine Steuerzahlung durch vorhandene oder zu beschaffende Liquidität möglich wäre. Die Begünstigung wurde ursprünglich vom Gesetzgeber auch mit dem Argument des Arbeitsplatzerhalts begründet. Der BFH weist darauf hin, dass die entsprechenden Anforderungen aufgrund der bisherigen Regelung für viele Betriebe wegen Nichterreichens der notwendigen Mitarbeiterzahl nicht gelte und zudem durch Gestaltungen umgangen werden könne.
 
Darüber hinaus sieht der BFH einen verfassungswidrigen Begünstigungsüberhang in der bisherigen Bestimmung des sogenannten Verwaltungsvermögens. Dabei handelt es sich um eigentlich nicht privilegiertes Vermögen, dessen Umfang jedoch in bestimmter prozentualer Höhe unschädlich ist. Dem Steuerpflichtigen eröffnen sich hier umfangreiche Gestaltungsmöglichkeiten, insbesondere eine Umqualifizierung von eigentlich nicht begünstigtem Vermögen zu Betriebsvermögen. Damit sei die bisherige Abgrenzung zwischen begünstigungswürdigem und nicht begünstigungswürdigem Vermögen nicht zielgenau und verletze das verfassungsrechtliche Gebot der Folgerichtigkeit. Die bisherigen Regelungen führen nach Ansicht des BFH dazu, dass die Steuerbefreiung zur Regel und die tatsächliche Besteuerung zur Ausnahme geworden sind.
 
Wann und ob eine inhaltliche Entscheidung des BVerfG erfolgt, ist nicht abzusehen. Dies gilt auch für eine mögliche Weitergeltung des bisherigen Rechts aufgrund von Übergangsfristen. Bereits jetzt beschäftigt sich der Gesetzgeber aufgrund einer Initiative des Bundesrates mit einer Verschärfung der Erbschaftsteuer, insbesondere um das Gestaltungsmodell der „Cash-GmbH“ zu unterbinden. Dieses ermöglichte durch Einbringung von privatem Geldvermögen in eine GmbH und anschließende Übertragung der Anteile eine weitreichende steuerliche Begünstigung des vormaligen Privatvermögens. Im Rahmen des anstehenden Gesetzgebungsverfahrens könnten weitere Änderungen einfließen, die die vom BFH aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Zweifel auszuräumen versuchen.
 
Aufgrund der unsicheren Rückwirkung einer Entscheidung des BVerfG sollte bei künftigen Schenkungen im Übertragungsvertrag eine Rückübertragungsklausel aufgenommen werden. Damit kann der Schenker im Fall der Versagung der Betriebsvermögensbegünstigung die Schenkung wieder rückgängig machen. In Zukunft ist bei Schenkungsteuerbescheiden mit Vorläufigkeitsvermerken durch das Finanzamt zu rechnen. Die Auswirkungen für künftige Übertragungen hängen dann von der Entscheidung des BVerfG und einer eventuellen Übergangsfrist ab.
 
Bei vergangenen Schenkungen, bei denen die Betriebsvermögensbegünstigung gewährt wurde und die entsprechenden Steuerbescheide noch nicht bestandskräftig sind, empfiehlt es sich, für jeden Einzelfall gesondert zu prüfen, ob diese zurückgenommen werden sollten oder nicht.

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Elke Volland

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