Das Insolvenzrecht im Umbruch – Erleichterung der Unternehmenssanierung

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  • Die erste von drei Stufen einer grundlegenden Reform des deutschen Insolvenzrechts ist in Kraft getreten.
  • Die bereits umgesetzten sowie die noch geplanten Neuerungen sind wichtige Schritte auf dem Weg zu einer Modernisierung und Flexibilisierung des Insolvenzrechts und zur Schaffung vielfältiger neuer Spielräume zur Krisen- und Sanierungsberatung.

von Rainer Schaaf und Lisa Wittmann
 
Das Insolvenzrecht befindet sich derzeit im Umbruch. Lange schon wurde über eine umfassende Reform des deutschen Insolvenzrechts diskutiert. Nun ist das nicht nur in Fachkreisen viel diskutierte Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) als erste Stufe einer grundlegenden Reform des Insolvenzrechts am 1. März 2012 in Kraft getreten.

Das ESUG beinhaltet neben der Stärkung von Gläubigerrechten vor allem eine weitere Fokussierung auf die Sanierung notleidender Unternehmen. So nimmt etwa ein unter bestimmten Voraussetzungen frühzeitig vom Gericht eingesetzter vorläufiger Gläubigerausschuss maßgeblichen Einfluss auf die Insolvenzverwalterauswahl. Die Stärkung der Eigenverwaltung, die Einführung eines sogenannten Schutzschirmverfahrens zwischen Eröffnungsantrag und Verfahrenseröffnung sowie der Ausbau und die Straffung des Insolvenzplanverfahrens – inklusive der vereinfachten Möglichkeit eines debtequity-swap – bieten eine größere Auswahl an Gestaltungsoptionen bei Sanierungsfällen.

Unter all den Neuerungen verdient dabei das Schutzschirmverfahren besonderes Augenmerk. Denn dieses gibt dem notleidenden Unternehmen bereits mit dem Eröffnungsantrag ein Recht auf Eigenverwaltung. Das Schutzschirmverfahren kann unter Vorlage eines Insolvenzplans durchgeführt werden, wenn das Unternehmen wegen drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einen Insolvenzantrag gestellt hat, und die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtlos ist; jedoch nicht, wenn es schon zahlungsunfähig ist. Dem Insolvenzantrag ist eine Bescheinigung hierüber beizufügen. Bislang fehlte für die Entwicklung und insbesondere für die Umsetzung eines Sanierungsplans oft die Zeit. Zudem hatte der Insolvenzantrag den Kontrollverlust der bisherigen Entscheidungsträger zur Folge. Mit dem Schutzschirmverfahren kann nun mehr Zeit für die Eigensanierung gewonnen werden, und es besteht eine bessere Chance, die Kontrolle über das eigene Unternehmen trotz Insolvenz zu behalten.

Letztlich wird der Erfolg dieser ersten Stufe der Insolvenzrechtsreform aber von der praktischen Umsetzung der Beteiligten abhängen. Insoweit ist auch die Richterschaft gefragt, die getroffenen Regelungen entsprechend anzuwenden. Zumindest bei Teilen der Richterschaft scheint sich ein eher skeptisches Meinungsbild gegenüber den gestärkten Schuldner- wie Gläubigerrechten in einer Insolvenz abzuzeichnen. Daher bleibt es abzuwarten, wie sehr sich die praktische Handhabung von Insolvenzen tatsächlich durch das Inkrafttreten des ESUG verändern wird und sich die geplanten Ziele durch die Einführung des ESUG umsetzen werden lassen. In der Gesamtschau bieten uns die Neuerungen der Insolvenzordnung aber die Möglichkeit, weitere effektive Sanierungswege in unsere Beratung einzubeziehen und damit die Chance auf eine erfolgreiche Sanierung zu erhöhen. Dies nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass das ESUG nur die erste Stufe einer dreistufig geplanten Insolvenzrechtsreform ist.

Nach dem ESUG folgt als zweite Stufe das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens, zur Stärkung der Gläubigerrechte und zur Insolvenzfestigkeit von Lizenzen. Inzwischen hat das Bundesjustizministerium am 23. Januar 2012 einen Referentenentwurf vorgelegt und ihn an Länder und Verbände zur Stellungnahme versandt. Gerade die Problematik des nur höchst unzureichenden Schutzes eines Lizenznehmers im Falle der Insolvenz des Lizenzgebers ist seit Längerem bekannt und soll im Zuge dieser zweiten Stufe bereinigt werden. Nachdem der bisherige Referentenentwurf zwar wichtige Ansätze diesbezüglich zeigt, aber auch einige Fragen offen lässt, bleibt mit Spannung zu erwarten, ob die schlussendlich gültige Fassung dieses Gesetzes die Probleme der Praxis zu lösen vermag.

Die dritte und letzte Stufe wird sich mit Konzerninsolvenzen beschäftigen. Ein genauer Zeitplan, wann die dritte Stufe der Insolvenzrechtsreform in Angriff genommen wird, steht derzeit noch nicht fest.

Die bereits umgesetzten sowie die noch geplanten Neuerungen sind wichtige Schritte auf dem Weg zu einer Modernisierung und Flexibilisierung des Insolvenzrechts. Dies ist sowohl aus Schuldner- als auch aus Gläubigersicht begrüßenswert, weil dadurch vielfältige neue Spielräume zur Krisen- und Sanierungsberatung geschaffen werden.

 

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