Innovative Kaufpreismechanismen: Antworten auf wirtschaftliche Unsicherheiten im M&A-Sektor

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​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 25. November 2024 | Lesedauer ca. 4​​​​​ Minuten

 

Die Gestaltung des Kaufpreises ist ein entscheidender Aspekt bei M&A-Transaktionen, da sie die Interessen von Käufern und Verkäufern in einem komplexen und dynamischen Marktumfeld ausbalanciert. Besonders in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit, wie in den Jahren 2023 und 2024, gewinnt die Flexibilität bei der Kaufpreisstrukturierung an Bedeutung. Die Unsicherheiten im globalen Markt, steigende Zinssätze, geopolitische Spannungen sowie Veränderungen in den regulatorischen Rahmenbedingungen führten dazu, dass M&A-Deals zunehmend durch spezifische Mechanismen strukturiert wurden, um Risiken zu minimieren und Finanzierungslücken zu schließen.

Im deutschen M&A-Markt war 2023 ein Jahr der Anpassung an diese neuen Realitäten. Die steigenden Zinsen, die von der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Bekämpfung der Inflation eingeführt wurden, erhöhten die Kosten der Fremdfinanzierung erheblich. Infolgedessen mussten sowohl Käufer als auch Verkäufer kreativere Lösungen finden, um Transaktionen erfolgreich abzuschließen. Gleichzeitig blieb die Unsicherheit über die wirtschaftliche Erholung, was es schwierig machte, verlässliche Unternehmensbewertungen vorzunehmen. Dies führte dazu, dass Kaufpreisstrukturen flexibler gestaltet wurden, um Risiken zwischen den Parteien besser zu verteilen. Viele Unternehmen, insbesondere in den Branchen Technologie, Gesundheitswesen und erneuerbare Energien, setzten auf angepasste Preisstrukturen, um zukünftiges Wachstum und Performance in die Preisfindung zu integrieren.

Im Jahr 2024 stabilisierten sich einige dieser Unsicherheiten, insbesondere mit einer Abkühlung der Inflationsraten und einer leichteren Zinsentwicklung. Dennoch blieben viele der im Vorjahr etablierten Mechanismen, wie Earn-Outs und Vendor Loans, ein zentrales Element bei der Kaufpreisgestaltung. Die Stabilisierung der Märkte schuf Raum für neue strategische Übernahmen, und gleichzeitig trugen ESG-Faktoren (Umwelt, Soziales und Governance) und die fortschreitende technologische Transformation dazu bei, dass Unternehmen weiterhin alternative Strukturen nutzten, um das Risiko besser zu managen. Viele Akquisitionen zielten darauf ab, nicht nur unmittelbaren Wert zu schaffen, sondern auch langfristig strategische Ziele zu erreichen, was flexible Kaufpreismechanismen wie Earn-Outs, Verkäuferdarlehen und Rückbeteiligungen begünstigte.

Die folgenden Kaufpreismechanismen haben sich als besonders wirksam erwiesen und werden voraussichtlich auch in Zukunft eine zentrale Rolle bei der M&A-Gestaltung spielen:
  • Earn-Outs: Bei Unternehmensakquisitionen, bei denen die Bewertung mit erheblichen Unsicherheiten behaftet ist, werden oft variable Kaufpreisvereinbarungen, auch „Earn-Outs“ genannt, angewendet. Ein Teil des Kaufpreises wird dabei in Abhängigkeit von der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens gezahlt, aufgeteilt in einen festen und einen variablen Anteil. Typische Bezugsgrößen für diese Berechnung sind das EBIT oder das EBITDA, mit Zeiträumen die üblicherweise ein bis drei Jahre umfassen. Um Konflikte zu minimieren, werden häufig Vereinbarungen mit einer variablen Skala verwendet, die eine schrittweise Auszahlung basierend auf erreichten wirtschaftlichen Zielen vorsieht. Es ist wichtig, dass diese Formeln klar und einfach gehalten werden, um Interpretationskonflikte zwischen den beteiligten Parteien zu vermeiden. Für den Verkäufer ist es zudem essenziell, die finanzielle Stabilität des Käufers sowohl bei dessen Einstieg ins Unternehmen als auch in Bezug auf die ausstehenden Earn-Out-Zahlungen zu überprüfen.
  • Vendor Loans: Bei einem Verkäuferdarlehen wird der Kaufpreis häufig verzinslich aufgeschoben, wobei der Verkäufer durch dieses "Vendor Loan" einen Anteil an der Fremdfinanzierung trägt. Diese Methode eignet sich besonders zur Überbrückung von Informationsasymmetrien und zum Aufbau von Vertrauen in die Bewertung des operativen Risikos eines Unternehmens. Weiterhin demonstriert der Verkäufer durch das Anbieten eines Verkäuferdarlehens sein Vertrauen in die zukünftige positive Entwicklung des Unternehmens, selbst wenn er nicht mehr den gleichen Einfluss wie zuvor ausüben kann. Sollte der Verkäufer noch für eine gewisse Zeit als Geschäftsführer im Unternehmen bleiben, kann er weiterhin die operative Entwicklung wesentlich beeinflussen und dadurch sein eigenes Risiko aus dem Darlehen verringern. Die rechtliche Ausgestaltung des Verkäuferdarlehens erfolgt üblicherweise durch einen Darlehensvertrag, der als Anhang zum Anteilskauf- und Übertragungsvertrag aufgenommen wird. In der Regel ist das Verkäuferdarlehen nachrangig zu Bankdarlehen und ungesichert, wobei es gelegentlich möglich ist, mit dem Darlehen gegen Gewährleistungsansprüche des Käufers aufzurechnen. Angesichts des derzeit hohen Zinsniveaus sind die überdurchschnittlich hohen Zinsen des Verkäuferdarlehens besonders attraktiv und stellen somit auch eine attraktive Investitionsmöglichkeit für den Verkäufer dar.
  • Equity Rollover (Rückbeteiligung): Bei einer Transaktion, bei der der Verkäufer sich durch eine Rückbeteiligung am Akquisitionsvehikel des Käufers beteiligt, investiert er Teile seines Veräußerungserlöses als Eigenkapital und wird somit Mitgesellschafter der Erwerbergesellschaft. Dies ermöglicht ihm, weiterhin von zukünftigen Wertsteigerungen des Unternehmens zu profitieren. Solche Rückbeteiligungen sind typisch für Private-Equity-Transaktionen, um langfristige Partnerschaften zu fördern und die Interessen von Verkäufer und Käufer zu vereinen. Der Verkäufer bleibt mit allen Rechten und Pflichten eines Gesellschafters engagiert und kann zudem vom Hebeleffekt der Fremdkapitalfinanzierung profitieren. Die Bereitstellung zusätzlichen Eigenkapitals durch die Rückbeteiligung erweitert den Finanzierungsrahmen des Erwerbers, was dazu führt, dass dieser möglicherweise weniger Eigenkapital selbst aufbringen muss. Allerdings könnte eine Rückbeteiligung problematisch sein, wenn der Verkäufer beabsichtigt, das Unternehmen nach der Transaktion zu verlassen, da sie in der Regel eine fortgesetzte Bindung des Verkäufers an das Unternehmen impliziert.
  • Zurückgehaltene Kaufpreiszahlungen: Die Mechanismen Escrow und Holdback dienen dazu, einen Teil des Kaufpreises unter bestimmten Bedingungen zurückzuhalten, um den Käufer vor nachträglichen Risiken zu schützen. Beim Escrow wird das Geld auf einem Treuhandkonto eines unabhängigen Dritten hinterlegt und erst nach Erfüllung bestimmter Bedingungen freigegeben. Beim Hold wird ebenfalls einen Teil des Kaufpreises zurückgehalten, allerdings wird dieser direkt vom Käufer verwaltet und nicht über einen Treuhänder. Beide Methoden sind in risikobehafteten oder kapitalintensiven Branchen besonders relevant, um Sicherheiten zu bieten und Risiken zu minimieren.
Durch die Kombination dieser Mechanismen konnten M&A-Deals in den Jahren 2023 und 2024 trotz eines herausfordernden Marktumfelds erfolgreich abgewickelt werden. Für die Zukunft wird erwartet, dass diese Strukturen weiter an Bedeutung gewinnen, da Unternehmen nach flexiblen und sicheren Wegen suchen, um Transaktionen zu finanzieren und Risiken zu managen.

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