Earn-Out vereinbart – Auswirkungen für die Bilanzierung?

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veröffentlicht am 15. September 2023 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

Die Relevanz bedingter Kaufpreisbestandteile (sog. ‚Earn-Outs‘) für europäische Transaktionen hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Der Anteil an Transaktionen mit Earn-Out-Klauseln ist auf inzwischen 27% (CMS European M&A Study 2023) angestiegen. Insbesondere in Bereichen, deren Entwicklung stark von Unsicherheit geprägt ist (z.B. Pharma, Technologie oder Start-ups) kommt das Instrument besonders häufig zur Anwendung.


Durch Earn-Out-Vereinbarungen wird ein Teil der Kaufpreiszahlung an das Erreichen bestimmter operativer Ziele gekoppelt. Dadurch lassen sich die operativen Risiken auf die Vertragsparteien aufteilen, Informationsasymmetrien berücksichtigen und letztendlich Bewertungsdifferenzen überbrücken, um das Zustandekommen von Transaktionen zu ermöglichen. Meist erstreckt sich die bedingte Kaufpreiskomponente über einen Zeitraum von 12 bis 36 Monaten, in denen regelmäßig Umsatz- oder Ergebnisgrößen (z.B. EBIT, EBITDA) als Determinanten ausschlaggebend für die künftige Zahlung des bedingten Kaufpreises sind. Um Probleme frühzeitig zu vermeiden, kommt der Ausgestaltung sowie der Konkretisierung der Berechnungslogik der Earn-Out-Vereinbarung bereits eine große Bedeutung zu. Einerseits können komplexe oder intransparente Ausgestaltungen zu Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien zu einem späteren Zeitpunkt führen, andererseits können sich im Anschluss Herausforderungen bei der Bewertung und Bilanzierung ergeben.

Hinsichtlich der Bilanzierung von Earn-Outs bestehen teils deutliche Unterschiede zwischen den Rechnungslegungssystemen IFRS und HGB, insbesondere was die Identifikation bedingter Kaufpreiskomponenten betrifft. Die Bilanzierung nach internationalen Rechnungslegungsstandards ist in IFRS 3­ ‚Business combinations‘ geregelt. Demnach ist zu unterscheiden, ob es sich tatsächlich um einen bedingten Kaufpreisbestandteil oder eher um eine variable Vergütungskomponente handelt. Hilfestellung bei der Unterscheidung gibt der Standard in den Anwendungsleitlinien (IFRS 3 B.55). Sofern es sich bei der Earn-Out-Vereinbarung um einen Kaufpreisbestandteil i.S.d. IFRS 3 handelt, ist diese im Kaufpreis (‚consideration transferred‘) zu berücksichtigen und als Verbindlichkeit zum Fair Value im Erwerbszeitpunkt zu passivieren und in Folgeperioden erfolgswirksam aufzuzinsen. Änderungen in der Bewertung führen grundsätzlich zu einer erfolgswirksamen Korrektur der Eventualverbindlichkeit (Ausnahme: ‚12-month-window‘). Eine unmittelbare Korrektur des Goodwills im Konzernabschluss erfolgt hingegen nicht.

In der Rechnungslegung nach HGB gibt es keine konkreten Regelungen hinsichtlich der Bilanzierung von Earn-Outs. Abhilfe schafft der Deutsche Rechnungslegungsstandard DRS 23. Demnach gilt auch für bedingte Kaufpreisbestandteile das Anschaffungskostenprinzip (§ 255 HGB). Ein Ansatz erfolgt nur, sofern eine verlässliche Bewertbarkeit und ein wahrscheinlicher Bedingungseintritt gegeben sind. Im Falle eines Ansatzes sind die voraussichtlichen Earn-Out-Zahlungen zum Barwert im Erwerbszeitpunkt als Anschaffungskosten der Anteile im Einzelabschluss zu berücksichtigen. Gleichzeitig ist eine Rückstellung zu passivieren und in den Folgeperioden aufzuzinsen. Sofern sich die Bewertung und damit einhergehend die Anschaffungskosten in Folgeperioden erhöhen bzw. vermindern, ist auch die Rückstellung zu erhöhen bzw. zu vermindern. Die Erhöhung bzw. Verminderung der Anschaffungskosten der Anteile im Einzelabschluss ist auch im Konzernabschluss zu berücksichtigen und erfolgsneutral gegen den Goodwill zu erfassen.

Der Fair Value bedingter Kaufpreiszahlungen i.S.d. IFRS 3 ist der Betrag, zu dem zwischen vertragswilligen, voneinander unabhängigen Geschäftspartnern (‚at arms length‘) ein Vermögenswert getauscht oder eine Verbindlichkeit beglichen werden könnte. Die Bewertung zum beizulegenden Zeitwert ist in IFRS 13 ‚Fair Value Measurement‘ geregelt, allerdings finden sich im Standard keine konkreten Vorgaben oder Anwendungsleitlinien zur Bewertung von Earn-Outs. Aufgrund der diversen Vorgehensweise in der Bewertungspraxis hat die Appraisal Foundation im Jahr 2019 eine Art Leitfaden zur Bewertung bedingter Kaufpreiskomponenten veröffentlicht. Je nach Risikoprofil und Zahlungsstruktur des Earn-Outs empfehlen die Autoren die Anwendung simulationsbasierter Methoden oder Optionspreisbewertungsmethoden. In der Praxis wird die Bewertung regelmäßig mittels Monte Carlo Simulation durchgeführt, da das Verfahren ermöglicht, auch komplexere Earn-Out-Mechanismen mit Pfadabhängigkeiten (‚carry-fowards‘, ‚catch-up features‘, ‚multi-year caps‘) unter Zuhilfenahme statistischer Verteilungsfunktionen zu modellieren. Letztlich stellt auch die Wahl eines adäquaten Diskontierungszins häufig eine Herausforderung in der Praxis dar.

Die in der Praxis regelmäßig Einklang findenden Earn-Outs bzw. bedingten Kaufpreiskomponenten im Rahmen von Unternehmenstransaktionen müssen nach IFRS und HGB buchhalterisch erfasst, bewertet und auch folgebewertet werden. Komplexe Ausgestaltungen sowie die Notwendigkeit der Bewertung mittels Simulationen stellen stets eine Herausforderung dar.

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