Business Case als Schlüssel zur erfolgreichen Implementierung neuer Geschäftsaktivitäten

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​veröffentlicht am 3. März 2025



Wirtschaftliche und finanzielle Herausforderungen zwingen Energieversorger derzeit zur Entwicklung neuer Geschäftsaktivitäten. Für eine erfolgreiche Einführung neuer Aktivitäten sollte ein sorgfältig ausgearbeiteter Business Case als Entscheidungsgrundlage dienen.

Die Geschäftsmodelle von Energieversorgungsunternehmen (im Nachfolgenden „EVU”) befinden sich derzeit sowohl in Deutschland als auch international in einem tiefgreifenden Veränderungsprozess. Die Entwicklung der Energieversorgung in Deutschland ist aktuell insbesondere geprägt von der Zielsetzung, den CO2-Ausstoß bis 2045 signifikant zu reduzieren und die Energieversorgung langfristig klimaneutral zu gestalten. Die gesetzten Dekarbonisierungsziele und der damit einhergehende Umbau des Versorgungssystems führen zu einer Transformation der tradierten Geschäftsmodelle der EVU. Insbesondere der geplante Ausstieg aus der Gasversorgung dürfte mittel- bis langfristig sowohl die wirtschaftliche als auch finanzielle Situation erheblich eintrüben, da die Gasversorgung bei vielen EVU eine hohe Ergebnisrelevanz aufweist. Aus diesem Grund ist es von besonderer Bedeutung, neue Geschäftsaktivitäten, die auf nachhaltige sowie innovative Lösungen ausgerichtet sind, zu entwickeln und zu etablieren. Auf diese Weise können langfristig neue Wachstumspotenziale geschaffen und die Zukunftsfähigkeit sowie die wirtschaftliche und finanzielle Stabilität der EVU gesichert werden. Potenzial für neue Geschäftsaktivitäten bietet einerseits die Implementierung komplementärer energiewirtschaftlicher Dienstleistungen wie bspw. der Ver- und Betrieb von Wärmepumpen und Photovoltaikanlagen, Energieberatungen, Contracting-Angebote sowie Mess- und Abrechnungsdienstleistungen. Andererseits kann auch das Angebot energienaher Dienstleistungen wie die Entwicklung von Quartierskonzepten, die Bereitstellung von intelligenten Energiemanagement-Systemen sowie der Verkauf, die Installation und der Betrieb öffentlicher und privater Ladeinfrastruktur dazu dienen, weitere Wachstumspotenziale zu generieren.


Abbildung 1: Darstellung von möglichen, neuen Geschäftsaktivitäten für EVU, die auf aktuelle Anforderungen/Trends
der Energiewende reagieren (eigene Darstellung)


Neben Wachstums-, Diversifikations- und Innovationschancen birgt die Implementierung neuer Geschäftsaktivitäten für EVU jedoch auch erhebliche wirtschaftliche und finanzielle Risiken. In der Energiewirtschaft sind neue Geschäftsaktivitäten von Marktentwicklungen und Trends abhängig, die maßgeblich durch exogene Einflussfaktoren wie gesetzliche Rahmenbedingungen, staatliche Subventionen, Energiepreisentwicklungen und technologische Entwicklungen getrieben werden. Zudem werden EVU mit einem sich verändernden Wettbewerbsumfeld konfrontiert. Neben dem bestehenden Wettbewerb unter etablierten EVU drängen zunehmend Start-up-ähnliche Unternehmen in den Markt, wodurch der Eintritt in neue Geschäftsaktivitäten sowie die anschließende Marktdurchdringung erheblich erschwert werden. Auch die Kundenakzeptanz stellt ein potenzielles Risiko dar, da die zum Zeitpunkt der Planung einer neuen Geschäftsaktivität prognostizierte Nachfrage häufig überschätzt wird oder sich im Zeitverlauf reduziert. Darüber hinaus basieren Überlegungen zur Einführung neuer Geschäftsaktivitäten oft auf politischen Zielsetzungen und Vorgaben. Dabei bleibt jedoch ungewiss, ob diese mit einer ausreichenden Nachfrage oder Akzeptanz seitens der Kunden einhergehen. Hinzu kommen potenzielle Beeinträchtigungen der Kundenakzeptanz durch externe Faktoren wie Änderungen bei Fördermittelrichtlinien, steigende Preise oder eine unzureichende Bereitstellung technischer Informationen. In der Folge können sowohl die Kundennachfrage als auch das Ergebnispotenzial der Geschäftsaktivität deutlich hinter den ursprünglichen Erwartungen zurückbleiben.

Um die Chancen bei der Implementierung neuer Geschäftsaktivitäten fundiert beurteilen zu können und die Risiken frühzeitig zu identifizieren und zu begrenzen, ist eine umfassende Markt-, Wettbewerbs- sowie Unternehmensanalyse in Form eines Business Cases maßgeblich. Ziel eines Business Cases ist es, eine transparente und fundierte Entscheidungsgrundlage für ein geplantes Projekt, für eine umfangreiche Investition oder für die Implementierung einer neuen Geschäftsaktivität zu schaffen. Im Rahmen der Ausarbeitung des Business Cases sollten alle relevanten wirtschaftlichen, strategischen, operativen und risikoorientierten Aspekte strukturiert erfasst und systematisch analysiert werden, um die Machbarkeit, Wirtschaftlichkeit, Rentabilität, Wettbewerbsfähigkeit sowie die potenziellen Auswirkungen einer angestrebten Geschäftsaktivität beurteilen und dokumentieren zu können. Darüber hinaus erweist sich der Business Case als erfolgreiches Instrument zur Priorisierung von Projekt- und Investitionsumsetzungen, zur Planung eines effizienten Ressourceneinsatzes sowie zur langfristigen Sicherung des Erfolgs.

Wie gelingt es EVU nun, die Chancen und Risiken einer neuen Geschäftsaktivität systematisch erfassen, analysieren und bewerten zu können?

Um diese Frage zu beantworten, stellen wir die methodische Vorgehensweise vor, die wir bei der Durchführung vergangener Business Cases erfolgreich angewandt haben. 


Abbildung 2: Schritte zur methodischen Vorgehensweise bei der Erstellung eines Business Cases (eigene Darstellung)

Bevor die wirtschaftliche Tragfähigkeit einer neuen Geschäftsaktivität (z. B. Vertrieb von Wärmepumpen) oder die Erweiterung der Marktpräsenz eines bereits etablierten Produktes (z. B. Vertrieb von Ladestromprodukten über das eigene Versorgungsgebiet hinaus) im Rahmen eines Business Cases unter Berücksichtigung wettbewerblicher, ökologischer und ökonomischer Einflussfaktoren analysiert und bewertet werden kann, muss das potenzielle Produkt oder die potenzielle Dienstleistung zunächst klar definiert und konkretisiert werden. Im Bereich des Wärmepumpenvertriebs könnte dies beispielsweise bedeuten, den Fokus auf den Vertrieb von Großwärmepumpen zu legen, die gezielt die Bedürfnisse kommunaler und industrieller Kunden adressieren. Eine solche Produktdefinition bildet die Grundlage, den Analyseprozess zu strukturieren und auf den relevanten Untersuchungsbereich auszurichten. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Ergebnisse und Empfehlungen des Business Cases eine fundierte und zielgerichtete Entscheidungsfindung ermöglichen.

Ein zentraler Schritt der Absatzpotenzialanalyse ist die Definition des Marktgebiets anhand geografischer und wettbewerblicher Kriterien. Geografisch kann das Zielgebiet in Primärgebiete – etwa das eigene Versorgungsgebiet oder Regionen mit hoher Marktpräsenz – und Sekundärgebiete – wie angrenzende oder bislang unerschlossene Märkte – gegliedert werden. Die wettbewerbliche Zielmarktabgrenzung konzentriert sich auf den Bekanntheitsgrad des EVUs sowie auf die Wettbewerbsintensität im potenziellen Marktgebiet. Primärgebiete weisen typischerweise einen hohen Bekanntheitsgrad und geringeren Wettbewerb auf, während Sekundärgebiete tendenziell stärker umkämpft sind. Auch die Definition der Zielgruppe ist ein wesentlicher Bestandteil der Absatzpotenzialanalyse. Dabei spielen sowohl demografische Merkmale als auch technische Voraussetzungen eine entscheidende Rolle. Im Privatkundenbereich liegt der Fokus im Wesentlichen auf Kriterien wie Haushaltsgröße, Einkommen, Alter und Bildungsstand, während im Gewerbekundenbereich die Unternehmensgröße und die Branche von Bedeutung sind. Ergänzend können technische Eigenschaften und Gebäudemerkmale – etwa Baujahr, Gebäudetyp (Ein-/Mehrfamilienhäuser), verfügbare Dachflächen und Heizungsarten – in die Zielgruppendefinition einfließen. Darüber hinaus sind auch Verhaltensmuster wie das Kaufverhalten und die Technologieaffinität in die Überlegungen zur potenziellen Zielgruppe einzubeziehen. Eine bewährte Methode zur Strukturierung von Marktgebieten und Zielgruppen ist die Bildung sog. Cluster. Diese ermöglichen es, differenzierte Marktanteile auf Basis des Bekanntheitsgrades oder der Wettbewerbsintensität zu wählen, um eine fundierte und realistische Einschätzung des Absatzpotenzials zu erhalten.

Im Rahmen der Bestandsaufnahme wird auf Grundlage des definierten Marktgebiets und der Zielgruppe eine umfassende Markt-, Wettbewerbs- und Unternehmensanalyse durchgeführt. Die Marktanalyse umfasst neben der Ermittlung des aktuellen und prognostizierten Marktvolumens (z. B. Umsatz, Absatz) und der Marktstruktur (z. B. Bestand an PKWs und E-PKWs, Heizungsstruktur) die Identifikation zentraler Trends und Wachstumstreiber, wie bspw. die steigende Nachfrage nach erneuerbaren Energien, Wärmepumpen und E-Mobilität. Ergänzend werden gesetzliche und politische Rahmenbedingungen, wie Förderprogramme oder die CO2-Bepreisung, in die Analyse einbezogen, um die Marktbedingungen umfassend zu beleuchten. Die Wettbewerbsanalyse zielt darauf ab, ein Verständnis für die Wettbewerbsdynamik zu erlangen und langfristige Differenzierungsstrategien zu entwickeln. Dabei werden sowohl direkte Wettbewerber (Unternehmen mit ähnlichen Produkten und Dienstleistungen) als auch indirekte Wettbewerber (Anbieter von Alternativlösungen, die den gleichen Bedarf decken) berücksichtigt. Grundlage für die Markt- und Wettbewerbsanalyse ist eine umfangreiche Recherche externer Marktstudien und Datenbanken. Die ergänzende Unternehmensanalyse dient dazu, die Stärken und Schwächen des eigenen Unternehmens im Kontext der Marktanforderungen und Wettbewerbsbedingungen zu bewerten. Hierbei werden insbesondere die Rentabilität und Zukunftsfähigkeit bestehender Produkte sowie die künftige Verfügbarkeit von personellen und technologischen Ressourcen berücksichtigt. Für die Unternehmensanalyse werden primär interne Datenquellen, wie etwa Absatzstatistiken, herangezogen. 

Auf Grundlage der Zielmarkt- und Zielgruppendefinition sowie der umfassenden Bestandsaufnahme lässt sich nun das Absatz- und Ergebnispotenzial des EVUs quantifizieren. Dabei werden Annahmen herangezogen, die sich an den spezifischen Rahmenbedingungen und strategischen Zielsetzungen des EVUs orientieren. Im ersten Schritt wird ein Marktanteil bestimmt, der Einschätzungen zur Wettbewerbsintensität, zum Bekanntheitsgrad und zu Vertriebskapazitäten berücksichtigt. Die Preisgestaltung orientiert sich bspw. an den Wettbewerbspreisen sowie der Marktpositionierung des EVUs, aber auch an den unternehmensindividuellen Kosten. Daher ist eine möglichst fundierte Ermittlung der erwarteten fixen und variablen Kosten essenziell, um das Absatz- und Ergebnispotenzial für das Basisszenario möglichst präzise zu ermitteln und die Marktanteile entsprechend der definierten Cluster zu skalieren. Auf Basis des festgelegten Marktanteils sowie der Preisstrategien wird eine realistische Absatz- und Ergebnisprognose für die potenziellen Produkte oder Dienstleistungen abgeleitet. 

Angesichts der zahlreichen Annahmen in einem Business Case ist es erforderlich, unterschiedliche Szenarien zu simulieren, um markt- und wettbewerbsbedingte Entwicklungen sowie unternehmensspezifische Veränderungen (z. B. Kostensteigerungen) und die daraus resultierenden Einflüsse auf die Wirtschaftlichkeit beurteilen zu können. Ziel der Szenarienanalyse ist es, die Resilienz der neuen Geschäftsaktivität gegenüber bestimmten Entwicklungen zu bewerten. 

Die erfolgreiche Implementierung neuer Geschäftsaktivitäten bietet für EVU nicht nur die Möglichkeit, sich zukunftssicher aufzustellen, sondern stellt im Kontext der Energiewende eine strategische Notwendigkeit dar. Ein umfangreicher Business Case bildet dabei die ideale Grundlage, Chancen gezielt zu nutzen, nachhaltige Wettbewerbsvorteile zu sichern sowie Risiken zu minimieren. Mit unserem erfahrenen Team unterstützen wir Sie gerne bei der Erstellung eines individuellen Business Cases für Ihre neue Geschäftsaktivität!​​​

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