Photovoltaik – Vertriebsmodelle aus Sicht der Stadtwerke

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​veröffentlicht am 29. September 2014

 

Das EEG 2014 ist mittlerweile zum 1. August 2014 in Kraft getreten und bringt erhebliche Auswirkungen für den Photovoltaik (PV)-Markt mit. So ersetzt die verpflichtende Direktvermarktung die Einspeisevergütung schrittweise als Regelförderung und auch die EEG-Umlagebelastung auf Eigenversorgungsanlagen steigt bis 2017 auf 40 Prozent an.

 

Das vorher existierende Grünstromprivileg wurde ersatzlos gestrichen. Trotz der Einschnitte durch das neue EEG gibt es verschiedene Vertriebsmodelle, die in Einzelfällen für Stadtwerke wirtschaftlich interessant sein können. In letzter Zeit wird besonders das Pachtmodell (Variante A) präferiert und bereits von einigen Stadtwerken angeboten. Daneben soll hier noch die Direktvermarktung außerhalb des EEG (Variante B) und der Verkauf (in Kooperation) von (Teil-)Anlagen (Variante C) stehen.
 

Vertriebsmodelle

Bei allen drei Varianten fungiert das Stadtwerk als Initiator der Anlage und finanziert daher auch den Bau dieser. Danach stehen verschiedene Optionen zur Wahl, die sowohl kombiniert, als auch getrennt Anwendung finden können. Alle drei Möglichkeiten sind in Abbildung 1 unter den Punkten A, B und C abgebildet.
 
Generell muss dabei die (Teil-)Anlagengröße auf die Verbräuche der Stromabnehmer ausgelegt werden, um einen möglichst hohen „Eigenverbrauchsanteil” zu erreichen. Der Anteil, der ins Netz eingespeist wird, sollte aus wirtschaftlichen Gründen 20 Prozent nicht überschreiten. Um dies zu erreichen, könnte auch eine Ost-West-Ausrichtung der Anlage zu empfehlen sein, um die typische Erzeugungsspitze einer Anlage mit Südausrichtung zur Mittagszeit zu begrenzen und eine gleichmäßigere Erzeugung über den Tag hinweg zu ermöglichen. Sobald mehr als ein Abnehmer für den erzeugten Strom der PV-Anlage vorgesehen ist, sollte die Anlage durch Nutzung von dezentralen Wechselrichtern aufgegliedert werden. Die Größe der einzelnen Teilanlagen sollte wiederum an den Verbrauchsmengen (Lastprofilen) der entsprechenden Abnehmer orientiert sein. In Abbildung 1 ist ein Beispiel einer fiktiven Anlage parallel zu einem Gewerbegebiet dargestellt. Jeder Stromabnehmer erhält eine eigene Stromleitung, sodass der Strombezug ohne die Durchleitung durch ein öffentliches Netz erfolgt. Außerdem sollte der Standort der Anlage so gewählt werden dass die Erzeugung in „räumlichem Zusammenhang” stattfindet. Durch diese Kombination müssen weder Netzentgelte, noch Abgaben für die Stromsteuer gezahlt werden (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStg). Daneben fällt bei Eigenverbrauch (Var. A & C) eine verringerte EEG-Umlage an (§ 5 Nr. 12 und § 61 Abs. 1 EEG 2014).

Variante A – Kunde 1

Der Kunde 1 möchte einen Teil seines Strombezugs durch PV-Strom decken, scheut aber die Investitionskosten für eine PV-Anlage. Eine solche Situation ist nicht unüblich, da viele Unternehmen ihre liquiden Mittel nicht langfristig in einem Bereich binden wollen, der nicht ihrer Kernunternehmenstätigkeit entspricht. In diesem Fall bietet sich das Pachtmodell an. Das Stadtwerk tritt infolgedessen als Verpächter der PV-Anlage, das Unternehmen wiederum als Pächter der Anlage auf. Es wird ein meist 20-jähriger Pachtvertrag mit einer festen monatlichen Rate geschlossen. Die Höhe der Ratenzahlung muss anhand einer gut kalkulierten Wirtschaftlichkeitsberechnung erfolgen.
 
Dabei stehen die finanzaufsichtsrechtlichen Anforderungen in einem nur schwer auflösbaren Spannungsverhältnis zu den EEG-rechtlichen Anforderungen. Insofern empfiehlt sich eine frühzeitige Abstimmung des Pachtmodells mit dem Bundesamt für Finanzaufsicht (BaFin). Durch die Pacht kreiert man Personenidentität (aus EEG-Sicht) zwischen Anlagenbetreiber und Letztverbraucher und der Kunde 1 wird zum Eigenverbraucher (§ 5 Nr. 12 EEG 2014). Aus Sicht des Pächters fällt neben den Pachtkosten somit noch die verringerte EEG-Umlage in Höhe (ab 2017) von 40 Prozent an (§ 61 Abs. 1 EEG 2014). Aus Sicht des Stadtwerks wird die PV-Anlage vorfinanziert und mit Eigenkapitalverzinsung, quasi als Kapitalanlage, mittels der Pachtzahlung refinanziert.
 
Die Strommenge, die nicht selbst verbraucht werden kann, wird ins öffentliche Netz eingespeist, wobei je nach Standort der Anlage (nicht vergütungsfähig, bzw. dach- oder vergütungsfähige Freifläche) dies zu Marktpreisen (monatlicher Börsendurchschnittspreis für Solarstrom, aktuell ca. 4 Cent/kWh) oder über einen Direktvermarkter anhand der verpflichtenden Direktvermarktung nach § 34 des EEG 2014 (ca. 9 Cent/kWh für Freifläche, ca. 11-13 Cent/kWh bei Dachfläche, Stand August 2014) geschieht. Wenn die Anlage an einem nicht-vergütungsfähigen Standort steht, behält der Strom, der ins Netz eingespeist wird, seine Grünstromeigenschaft. Bei Nutzung der EEG-Förderung ist dies nicht der Fall. Wie dieser Mehrwert des eingespeisten Ökostroms wirtschaftlich genutzt werden kann, muss je nach Einzelfall geprüft werden.
 
 
Projektbeispiel
 

Variante B – Kunde 2

Kunde 2 möchte ebenfalls einen Teil seines Stromverbrauchs mit PV-Strom decken, will jedoch weder in eine Anlage investieren, noch durch einen langfristigen Vertrag mit einer festen monatlichen Zahlung gebunden sein. Stattdessen möchte er genau wie in einem gewöhnlichen Stromliefervertrag einen festgesetzten Preis pro Kilowattstunde Solarstrom bezahlen. Deshalb tritt das Stadtwerk als Eigentümer und Betreiber der Anlage auf und schließt einen (Solar)-Stromliefervertrag mit dem Kunden. Es beliefert den Kunden fortan mit PV-Strom aus der Anlage und speist den restlichen Strom zu Marktpreisen oder über die verpflichtende Direktvermarktung in das öffentliche Netz ein (§ 34 EEG 2014). Da es sich in diesem Fall nicht mehr um einen Eigenverbrauch handelt, muss neben den Gestehungskosten die volle EEG-Umlage in den Lieferpreis einkalkuliert werden. Jedoch fallen auch hier keine Netzentgelte und keine Stromsteuer an (§ 9 Abs. 1 Nr. 3b StromStg). Es bleibt hier allerdings das Bonitätsrisiko des Kunden bei dem Stadtwerk; dies lässt sich nur durch den Ansatz von Risikostreuung über mehrere Kunden an einer Anlage (siehe Beispiel) mindern.

Variante C – Kunde 3

Kunde 3 möchte einen Teil seines Strombezugs durch PV-Strom decken und ist auch bereit, dafür in eine Anlage zu investieren. Dieser Kunde sollte somit bei Konzeption der „Gewerbeanlage” von vornherein als Co-Investor vom Stadtwerk angesprochen werden. Die Anlage würde somit direkt vom Generalunternehmer (GU) bzw. dem Stadtwerk als „Mittler” an den Kunden 3 veräußert. Es lassen sich ggfs. durch die größere Anlagenleistung günstigere spezifische Kosten erreichen. Der Kunde 3 wird folglich zum Eigenverbraucher des erzeugten Stroms nach § 5 Nr. 12 EEG 2014 und speist den restlichen Strom entweder zu Marktpreisen oder über die verpflichtende Direktvermarktung in das öffentliche Netz ein (§ 34 EEG 2014). Neben den Gestehungskosten fällt wiederum nur die verringerte EEG-Umlage auf den Eigenstromverbrauch an (§ 61 Abs. 1. EEG 2014). Das Stadtwerk kann in diesem Fall keinen wirklichen Vorteil generieren, sondern kooperiert eben mit einem lokal ansässigen Unternehmen.
 

Wirtschaftlichkeit

In allen drei Varianten bietet es sich selbstverständlich an, den Reststrombezug über die „konventionellen“ Stromtarife des Stadtwerks zu decken und durch das Modell zu einer stärkeren Kundenbindung zu führen. Theoretisch können alle drei Modelle getrennt oder in einer Anlage realisiert werden. Die Interessen von Kunden können folglich auf verschiedenste Art sinnvoll auch in einer größeren Anlage zusammengeführt werden. Die Variante A ist zudem auch sehr gut für Privatkunden geeignet. Allerdings ist hier zusätzlich zum Pachtvertrag ein Dachnutzungsvertrag zu schließen, damit die Anlage auf dem Dach des Pächters errichtet werden kann. Für die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung wurden folgende Prämissen unterstellt:
 
Anlageprämisse
Unter den aufgeführten Voraussetzungen wird ein Projekt-LCOE von ca. 10,2 Cent/kWh bis 11,4 Cent/kWh auf Freifläche erreicht. Die EEG-Umlage muss jedoch noch addiert werden.
 
Gestehungskosten

Fazit

Die Photovoltaik kann, wenn sie am richtigen Standort intelligent eingesetzt wird, durchaus auch den Vertrieb von Stadtwerken ergänzen. Vergleicht man die Gestehungskosten mit den Strompreisen für Gewerbe1- und Industriekunden2, wird deutlich, dass sich gerade im Gewerbekundenbereich alle drei Modelle realisieren lassen. Zudem bietet die PV eine hohe Kostenstabilität, die den Kunden zugutekommen kann und die Attraktivität einer Investition steigert. Ein Gewerbegebiet wird attraktiver, das Stadtwerk flexibler und die Kundenbindung erhöht. Das Modell ist auf das Projekt anzupassen und vor allem rechtlich professionell umzusetzen.

Strompreise
Fragen Sie uns für die Umsetzung an, interdisziplinäre Beratungsteams unterstützen Sie gerne bei der Abwicklung.


1 Jahresverbrauch 50 MWh/a, Jahreshöchstlast 50 kW und Jahresbenutzungsdauer 1000h
2 Jahresverbrauch 24 GWh/a, Jahreshöchstlast 4000 kW und Jahresbenutzungsdauer 6000h
 

Kontakt

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Kai Imolauer

Diplom-Wirtschaftsingenieur (FH)

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